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DAZ aktuell
Wie versichert man E-Rezepte?
VDARZ, DAV und Versicherungsunternehmen suchen nach Lösungen
Damit zum Jahreswechsel 2021/22 das E-Rezept bundesweit und verpflichtend eingeführt werden kann, arbeitet man bei der Gematik auf Hochtouren. Transparenz wird dabei groß geschrieben: In der vergangenen Woche hatte das mehrheitlich vom Bundesgesundheitsministerium kontrollierte Digitalunternehmen beispielsweise die Quellcodes der E-Rezept-App offengelegt; auf der Website werden darüber hinaus immer wieder fristgerecht Spezifikationen und Anforderungen veröffentlicht. Vonseiten der Gematik betont man regelmäßig, dass der Aufbau der Telematikinfrastruktur (TI) sowie die Implementierung der Anwendungen einwandfrei und voll im Plan laufe. Beim Thema E-Rezept findet die technische Ausreifung derzeit bekanntlich in der Fokusregion Berlin/Brandenburg statt.
Wie die DAZ bereits im Januar berichtete (DAZ 2021, Nr. 4, S. 16), ist jedoch die Abrechnung der E-Rezepte weder Teil der TI noch steht sie auf der To-do-Liste der Gematik. Der Gesetzgeber hat die Gematik nicht beauftragt, den Weg der Rezepte zwischen Apotheken und Rechenzentren in die TI zu integrieren. Der Ball liegt vielmehr bei den Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband (DAV). Sie müssen sich auf Regelungen und die technische Umsetzung des Prozesses einigen.
Papierlos: E-Rezept-Einlösung und -Abrechnung
Doch daneben sind weitere wichtige Detailfragen rund um die Abrechnung zu klären. Beispielsweise verändern sich mit der Einführung des E-Rezepts die Modalitäten rund um den Versicherungsschutz. Hierbei geht es darum, nachvollziehen zu können, zu welchem Zeitpunkt sich die E-Rezepte in welchem Haftungsbereich befinden. Da die Abrechnung der E-Rezepte genau so papierlos erfolgen soll wie sie zuvor durch die Patienten eingelöst wurden, müssen für diese neuartigen digitalen Prozesse auch die versicherungsrelevanten Gefahrenübergänge novelliert werden.
Bei den bisherigen Muster-16-Papierrezepten ist dies relativ simpel, da in der Regel eine Lieferbestätigung durch den Paketdienst oder die Spedition erstellt wird, wann die Rezeptformulare von den Apotheken über ihre Rechenzentren an die Krankenkassen übergeben werden. So kann eindeutig differenziert werden, welche Stelle zu welchem Zeitpunkt über die abzurechnenden Rezepte verfügt. Bei den E-Rezepten stellt dagegen der Verordnungsdatensatz den eigentlichen Wert dar. Die möglichen Ausdrucke der E-Rezept-Tokens haben hierfür keine Relevanz, da sie keinen Formularcharakter besitzen – weder für die Einlösung in der Apotheke noch für die Abrechnung mit den Krankenkassen.
Ausfallrisiko minimieren
Der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) führt daher aktuell Gespräche mit den für die Rezeptversicherung maßgeblichen Versicherungsunternehmen. Das Ziel der Verhandlungen ist klar: Die heute geltenden Versicherungen, die sich auf zum Teil 60 Jahre alte Regelungen für die Papierrezepte beziehen, müssen zukunftsfähig gemacht werden. Es gilt, die neuen digitalen Wege des E-Rezeptes abzubilden und das wirtschaftliche Ausfallrisiko für alle Beteiligten so gut wie möglich zu minimieren. Klaus Henkel, Vorstandsmitglied des VDARZ, macht gegenüber der DAZ die Dringlichkeit des Themas deutlich. Sollte der digitale Verordnungsdatensatz einer Apotheke verloren gehen bevor er zur Abrechnung an die Kasse übergeben wurde, könne es schlichtweg keine Erstattung geben. „Den Apotheken droht dann der Totalschaden“, bringt es Henkel auf den Punkt und erläutert die Hintergründe.
So basiere die Abrechnung zurzeit noch auf Arzneilieferverträgen, die hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten völlig überholt seien. Es gebe keine Einheitlichkeit in diesem Punkt, sondern gegebenenfalls eine Vielfalt von Abschlägen in prozentualer Höhe. Dies passe nach den Vorstellungen von Henkel und dem VDARZ nicht mehr in die E-Rezept-Welt, in der die Rechenzentren tagesgenau abrechnen könnten, wie es in jeder anderen Branche schon geschieht.
Bei den Papierrezepten verhalte es sich folgendermaßen: Sobald diese getaxt werden, sind sie durch das jeweilige Rechenzentrum schon in der Apotheke versichert. Das Haftungsrisiko werde mit der Übergabe der Papierrezepte an die Kostenträger gegen Empfangsquittung weitergegeben, erklärt Henkel. So sei es in den alten Verträgen geregelt worden.
Eine solche klare Regelung existiere hinsichtlich des E-Rezeptes jedoch noch nicht. „Und sich hinsichtlich dieses Haftungsaspektes auf das Wohlwollen der Kostenträger einzulassen oder dessen Diktat hierzu abzuwarten, halte ich persönlich für zu gefährlich“, mahnt Klaus Henkel. Solche Aspekte müssten unbedingt vorher geregelt sein. „Hierzu unterstützen wir den DAV gern mit unserem Know-how.“
VDARZ plädiert für tägliche Abrechnung
Die Berechnung einer Versicherungsprämie sei reine Mathematik, erinnert das VDARZ-Vorstandsmitglied: „Je länger der Zeitraum des Versicherungsrisikos und je höher das Versicherungsvolumen, umso höher ist die zu zahlende Prämie.“ Relevant sei also der genaue Risikozeitpunkt der Übergabe an die Kostenträger. Dieser Zeitpunkt müsse somit genau geklärt werden, obwohl er bisher noch nicht juristisch sauber definiert sei und es hierzu unterschiedliche Auffassungen gebe. „Bevor wir mit dem E-Rezept starten, muss hierzu Klarheit für alle Beteiligten bestehen“, appelliert Henkel.
Und diese scheint offenbar tatsächlich noch nicht in alle pharmazeutische Bereiche durchgedrungen zu sein. Henkel weist auf den gerade aktualisierten Vertrag zwischen DAV und GKV-Spitzenverband im Bereich der Onkologie hin. Dieser gehe in keiner Weise auf diese Veränderungen ein, „wo gerade hier die Abrechnungssummen in Millionenhöhe vom Volumen besondere Risiken darstellen“. Daher würden Henkel und sein VDARZ gerne bei den neuen Vertragsverhandlungen mit am Tisch sitzen und sich zu diesen Themen einbringen. Als Lösung schlägt der Verband vor, dass die Rechenzentren täglich mit den Kostenträgern abrechnen dürfen. Dadurch würden die Beträge nicht künstlich erhöht, wie zurzeit durch die Sammelrechnung noch vorgegeben. Die Haftungsübergabe erfolge dann tagesgenau und die Risiken durch Katastrophen wie Hochwasser würden nicht mehr so schnell Existenzen in Gefahr bringen. „Es ist sicherlich auch im Sinne der Finanzdienstleistungsaufsicht, Risiken durch schnellere Zahlungsströme zu minimieren. Das verbleibende Versicherungsrisiko wäre deutlich geringer.“ |
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