Deutscher Apothekertag 2021

Das wird teuer!

Anträge zur Pharmazeutischen Kompetenz widmeten sich verstärkt der Qualifizierung

du | Die Stärkung der pharmazeutischen Kompetenz, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einführung honorierter pharmazeutischer Dienstleistungen, stand im Mittelpunkt des zweiten Kapitels der Antragsberatung. Geht es nach dem Willen der Delegierten des Deutschen Apothekertags, soll im nächsten Jahr das Anliegen zur Novellierung der Approbationsordnung an den Gesetz-bzw. Verordnungsgeber herangetragen werden. Auch den PTA-Beruf möchte man durch besondere Maßnahmen attraktiver machen.

Endlich soll Bewegung in die Novellierung der Approbationsordnung kommen. Der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber soll aufgefordert werden, in der nächsten Wahlperiode die Approbationsordnung für Apotheker zu novellieren und so die Ausbildung an das aktualisierte Berufsbild sowie den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt anzupassen. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Mit einem an einem Runden Tisch ausgearbeiteten Konsenspapier möchte die Bundesapothekerkammer im zweiten Quartal des nächsten Jahres auf die Politik zugehen und so die schon seit Jahren geforderte Anpassung des Pharmaziestudiums vorantreiben. Man möchte mit der Novellierung die Patientenorientierung und die Verbesserung der AMTS in den Fokus rücken, aber auch den Apothekerberuf für den potenziellen Berufsnachwuchs attraktiver gestalten. Denn es fehlt an approbiertem Nachwuchs. Konkrete Inhalte wurden nicht vorgestellt und diskutiert, ein Delegierter meldete sich zu Wort und kritisierte, dass ihm der Antrag zu dünn sei, er nicht wisse, was inhaltlich drin sei.

„Auf einem extrem guten Weg“

Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert, verwies ­daraufhin auf den Runden Tisch mit Vertretern der Hochschule, der öffentlichen Apotheken, der Krankenhausapotheken, der Industrie und von Pharmaziestudierenden, die derzeit an einem abgestimmten Vorschlag arbeiten. Man sei auf einem extrem guten Weg und hoffe, nach zwei weiteren Runden ein Konsenspapier vorlegen zu können.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Antrag angenommen!

Absage an Bachelor / Master

Mit der Zustimmung zu dem Antrag auf Novellierung der Approbationsordnung wurde einer Einführung des Bachelor/Master-Systems eine klare Absage erteilt. Auch dieser Punkt war diskutiert worden. Ein Delegierter hatte den Vorschlag gemacht, durch Einführung des Bachelor/Master-Systems mit dem Bachelor-Abschluss einen der PTA-Ausbildung äquivalenten Abschluss zu erteilen, der Master-Abschluss könne dann für die Arbeit in der Industrie oder zur Erlangung der Approbation dienen. Aber dieser Vorschlag stieß vor allem deshalb auf Ablehnung, weil das zum Bachelor-Abschluss führende Studium ein Grundstudium sein müsse, dass die derzeitige PTA-Ausbildung nicht abbilden könne und damit auch nicht für die PTA-Tätigkeit in den Apotheken qualifizieren würde.

Novellierung nicht zum Nulltarif

Man war sich einig, dass eine Novellierung der Approbationsordnung mit einer derzeit diskutierten Verlängerung von acht auf zehn Semester nicht zum Nulltarif zu haben ist. Für die ­Finanzierung ist man auf die Bundesländer angewiesen, die rechtzeitig mit ins Boot geholt werden müssen. Keinesfalls dürfe eine Neuausrichtung des Studiums zulasten der derzeit ­bestehenden Studienplätze gehen. Im Gegenteil.

30% mehr Studienplätze

In einem weiteren mit großer Zustimmung verabschiedeten Antrag wurde der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auf Bundes- und Landesebene aufgefordert, die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für eine Erhöhung der Zahl der Pharmazie-Studienplätze um 30% zu schaffen.

Interprofessionelles Lernen

Ein schon immer wieder vorgetragenes Anliegen ist die Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Pharmazeuten. Ein entsprechender Antrag wurde schon beim DAT 2016 verabschiedet. Damit verbunden ist die Forderung des gemeinsamen Lernens während des Pharmazie- und Medizin-Studiums. Nach einer Diskussion darüber, wer denn für dieses Anliegen der richtige Adressat ist, der Gesetzgeber oder die Hochschulen selbst, wurde festgehalten, dass sich die Hauptversammlung für eine stärkere Verzahnung der apothekerlichen und ärztlichen Hochschulausbildung ausspricht. Damit verknüpft sie die Erwartung, dass die Universitäten die ihnen gegeben Möglichkeiten für die Implementierung von gemeinsamen Lehrveranstaltungen nutzen, denn die Umsetzung sei ein essenzieller Schritt für die Weiterentwicklung der interprofessionellen heilberuflichen Zusammenarbeit und damit für eine zukunftsgerichtete Patientenversorgung. Dieser neuerliche Antrag zur Förderung des interprofessionellen gemeinsamen Lernens soll den schon laufenden Bemühungen Nachdruck verleihen.

Mehr Möglichkeiten im praktischen Jahr

Das praktische Jahr können angehende Apothekerinnen und Apotheker nicht nur in öffentlichen Apotheken absolvieren, sondern auch in weiteren in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Approbationsordnung für Apotheker genannten Ausbildungsstätten. Nicht erfasst werden hier beispielsweise Tätigkeitsbereiche im öffentlichen Gesundheits­wesen. Laut dem Willen der Hauptversammlung sollen die Ausbildungsstätten erweitert werden auf alle Bereiche, in denen pharmazeutische Tätigkeiten nach § 2 Abs. 3 der Bundesapothekerordnung (BApO) stattfinden und die Betreuung durch einen pharmazeutisch tätigen Apotheker oder eine pharmazeutisch tätige Apothekerin erfolgt. Statt einer sich Änderungen unterwerfenden Aufzählung soll ein Verweis auf die in der BApO definierten Tätigkeiten erfolgen.

Handlungsleitfaden für NEM-Abgabe?

Für besondere Diskussionen sorgte ein Antrag der Apothekerkammer Berlin, nach dem nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden ein Aktionsplan zum gesicherten Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) zur Unterstützung von Apothekerinnen und Apothekern in öffentlichen Apotheken erstellt werden sollte. Dieser Plan sollte einen Handlungsleitfaden zu Maßnahmen zur Kontrolle und Meldung von Nahrungsergänzungsmitteln mit kritischen und gegebenenfalls verschreibungspflichtigen Inhaltsstoffen beinhalten, alles mit dem Ziel, die Patientensicherheit zu erhöhen. Prof. Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer Arzneimittel, machte deutlich, dass zu den Lebensmitteln zählende NEM nicht zugelassen werden müssen und dass es für diese auch keine Meldewege gebe. Welche gesundheitlichen Angaben auf NEM gemacht werden dürften, sei Teil einer europäischen Diskussion. Aufgaben, die sich aus dem Antrag der Apothekerkammer Berlin ergeben würden, könne die Arzneimittelkommission der Apotheker nicht schultern. Ein weiterer Delegierter machte deutlich, dass die NEM, die in Apotheken kommen, sicher sein müssten, die Aufgabe der Überwachungsbehörden könnten die Apotheken nicht übernehmen. Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht der ABDA, warnte vor den Konsequenzen, die sich aus dem Antrag ergeben. Mit der Eingruppierung als Lebensmittel würden NEM dem europäischen Recht unterliegen, über die Anwendung von deutschem Recht würde man sich streiten bis zum Europäischen Gerichtshof, immense Schadenersatzforderungen bei Unterliegen inklusive. Abgesehen davon, dass Tisch nicht klar war, wer die Erstellung des Handlungsleitfadens und die Durchsetzung denn nun übernehmen solle. Derzeit seien über 1000 Behörden für die Überwachung dieses Marktes zuständig. Der Vorstellung, durch ein zentrales Organ die pharmazeutische Kompetenz des Einzelnen ersetzen zu können, erteilte er eine klare Absage. Der Antrag wurde nicht abgestimmt.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht der ABDA, warnte vor unkalkulierbaren Folgen einer zentralen Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln durch die Apothekerschaft.

NEM: Überwachungsbehörden sind gefordert

Der Berliner Apotheker-Verein Apotheker-Verband stellte einen Folgeantrag, der die Bundesregierung auffordern soll, durch gesetzgeberische Maßnahmen sicherzustellen, dass in NEM keine Stoffe enthalten sind, die der Apotheken- oder Verschreibungspflicht unterliegen. Auch hier riet Tisch eindringlich von der Zustimmung ab: „Es wird nichts an der Rechtslage ändern, die wir nicht in der Hand haben!“ Gefragt sind die zuständigen Überwachungs­behörden, die der komplexen Aufgabe aber wohl nicht gewachsen zu sein scheinen. Der Antrag wurde in einen Ausschuss verwiesen.

Sensibilisieren für Klimawandel

Ebenfalls in den Ausschuss verwiesen wurde ein Antrag, der das Thema „Auswirkungen des Klimawandels auf die Arzneimittelversorgung und Gesundheit“ in der Aus-, Fort- und Weiterbildung verankert haben wollte. Als wichtigen Punkt nannten die Antragsteller das Problem von Arzneimitteln und ihrer Umweltverträglichkeit, hier benötige es schon im Studium mehr „Awareness“. Doch was hat der Klimawandel damit zu tun, welches Arzneimittel in die Umwelt gelangt, fragte ein Delegierter.

Psychosoziale Betreuung in Apotheken?

Ebenfalls in den Ausschuss verwiesen wurde das Ansinnen der Apothekerkammer Berlin, die psychosoziale Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker zu stärken. Für Irritationen hatte hier die Formulierung im Antrag gesorgt, nach der Apothekerinnen und Apotheker so ausgebildet und geschult werden sollten, dass sie psychosoziale Probleme erkennen und Betroffene angemessen betreuen können. Diskutiert wurde, ob nun Betreuung oder Beratung im Sinne der Übernahme einer Lotsenfunktion gemeint sei und ob durch apothekerliche Betreuung im Sinne einer Beratung die Zeit bis zum Erlangen eines Therapieplatzes überbrückt werden könne.

PTA-Beruf attraktiver machen

Nachwuchs fehlt nicht nur bei den Approbierten, sondern auch an PTAs mangelt es zunehmend. Dem will die Apothekerkammer Nordrhein durch eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Berufsgruppe der PTA und der Apothekerschaft entgegenwirken. Sie soll Modelle entwickeln mit dem Ziel, die Attraktivität des Berufs zu erhöhen. Genannt werden als Beispiel Fort- und Weiterqualifizierungsmaßnahmen. Zwar wurde in der Diskussion auch der Finger in die Wunde Honorierung gelegt, die einfach zu niedrig ist, um attraktiv für Schulabsolventen mit guten Abschlüssen zu sein – ein Problem, das man mit einer Arbeitsgruppe zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht lösen könne. Der Antrag wurde trotzdem angenommen. |

 

Das könnte Sie auch interessieren

Gastkommentar zur Novellierung der Approbationsordnung

Plötzlich die Zukunft im Blick?

Delegierte sollen beim Deutschen Apothekertag den Weg frei machen

ABDA will schnelle Novellierung der Approbationsordnung

BPhD Jahresrückblick 2021

Das Jahr 2021 aus Sicht der Studierenden

Stillstand seit zwei Jahren

Wo bleibt die neue Approbationsordnung?

Zur Ausbildung von Pharmazeuten an der Uni Freiburg

Staatsexamen oder Bachelor-Master?

Rückendeckung für Novellierung der Approbationsordnung und Stärkung der Kompetenzen

Mit neuem Selbstbewusstsein zu neuen Zielen

DAT und Pharmaziestudium

Guter Nachwuchs ist teuer (Video)

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.