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Corona-Ticker

Neues zu SARS-CoV-2 in Kürze

cel/pj/du | Angst vor Nebenwirkungen hält immer noch zu viele Menschen vom Impfen gegen COVID-19 ab. Umso wichtiger sind das sorgfältige Monitoring und die Einordnung von Risikosignalen. Zudem hilft es, das Nebenwirkungsrisiko einer Impfung in den Kontext der Risiken einer COVID-19-Erkrankung zu stellen.

Spikevax®: Myokarditis-Risikosignal auch bei jungen Frauen

In seinem jüngsten Sicherheitsbericht zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach COVID-19-Impfungen weist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 26. Oktober auf Unterschiede in den Myokarditisraten nach Comirnaty®- und Spikevax®-Impfungen hin. Das PEI erklärt: „Wie in den Produktinformationen beider mRNA-Impfstoffe beschrieben, wurde eine Myo-/Perikarditis bei Jungen, männlichen Jugendlichen und jungen Männern im Alter unter 30 Jahren häufiger als in den anderen Altersgruppen und bei Frauen berichtet“. Und weiter: „Die Daten deuten zudem auf eine höhere Melderate insbesondere bei jungen Männern (weniger ausgeprägt auch bei jungen Frauen) nach Spikevax® im Vergleich zu Comirnaty® hin“. Doch treten die gemeldeten Myokarditis- und Peri­karditisfälle tatsächlich auffallend häufig auf und öfter als ohnehin in der Bevölkerung?

Um sich dieser Frage zu nähern, hat das PEI eine „Observed-versus-Expected-Analyse“ durchgeführt und griff für die Hintergrundinzidenzen auf Diagnosen aus dem ambulanten und stationären Bereich des Jahres 2020 aus Deutschland für Frauen und Männer in der Altersgruppen 12 bis 17, 19 bis 29, 30 bis 59 Jahre sowie 60 Jahre und älter zurück.

Bei männlichen Jugendlichen traten bis 21 Tage nach einer Comirnaty®-Impfung 74 Fälle einer Myokarditis auf, im gleichen Zeitintervall wären in der Gruppe 10,88 Fälle zu erwarten gewesen. Bei 18- bis 29-Jährigen lag die Zahl der gemeldeten Fälle bei 191, statistisch zufällig wären lediglich 111,82 Fälle gewesen. Für ältere Männer und für alle weiblichen Geimpften (Mädchen, Jugendliche, Frauen) lag die Anzahl der Meldungen im Bereich des erwarteten Wertes. Anders bei Spikevax®: Hier wurde bislang zwar kein Myokarditisfall bei Mädchen und weiblichen Jugendlichen berichtet (erwartet: 0,06), bei jungen Frauen zwischen 18 und 29 Jahren hingegen schon: 21 Fälle einer Myokarditis bei 9,3 erwarteten (Zeitraum: 21 Tage nach Impfung) – „daher handelt es sich auch hier um ein Risikosignal, das weiter beobachtet werden sollte“, erklärt das Paul-Ehrlich-Institut. Von einem Risikosignal spricht das PEI, wenn sich „eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre“, ergibt.

Bei männlichen Jugendlichen wurden nach Spikevax®-Impfung zwei Myokarditisfälle berichtet, statistisch zufällig hätte es zu 0,11 kommen dürfen. Allerdings sei aufgrund der kleinen Impfzahl in dieser Altersgruppe eine Bewertung derzeit nicht möglich, erklärt das PEI. Bei jungen Männern im Alter von 18 bis 29 Jahren kam es zu 90 Myokarditisfällen, erwartet wären 20,8 gewesen. In den anderen Alterskategorien bei Männern und Frauen (ab 30 Jahren) entsprachen die gemeldeten Myokarditisfälle den erwarteten oder lagen sogar darunter.

Die Observed-versus-Expected-Ana­lyse könne zwar Risikosignale aufzeigen, aber keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer mRNA-Impfung und kardialen Nebenwirkungen belegen. Auch könne sie das Risiko dafür nicht quantifizieren, betont das PEI. Aus diesem Grund müssten die „Ergebnisse mit Vorsicht“ interpretiert werden.

Neurologische Risiken nach Infektion höher als nach Impfung

Sowohl nach einer Impfung gegen COVID-19 wie auch nach SARS-CoV-2-­Infektionen kann es in seltenen Fällen zu schweren neurologischen Nebenwirkungen kommen. Eine Analyse der in England und Schottland geimpften Menschen ermöglichte nun eine Quantifizierung dieser sehr seltenen Nebenwirkungen. Die Basis hierfür war eine kontrollierte Fallserien-Studie zur Hospitalisierung aufgrund neurologischer Komplikationen innerhalb von 28 Tagen nach der ersten Dosis einer AstraZeneca-Vakzine (20.417.752 Impfungen) oder Biontech/Pfizer-­Vakzine (12.134.782 Impfungen) oder nach einer SARS-CoV-2-Infektion. Ausgewertet wurde der Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Mai 2021. Erfasst wurde das Auftreten neurologischer Komplikationen (demyelinisierende Erkrankungen, Enzephalitis, Meningitis und Myelitis, Guillain-Barré-Syndrom, Fazialisparese, Myasthenien und hämorrhagische Schlaganfälle) in Abhängigkeit der eingesetzten Vakzine oder einer SARS-CoV-2-­Infektion. Es konnten folgende Zusammenhänge erfasst werden:

  • Nach einer Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine war das Risiko, innerhalb von 15 bis 21 Tagen an einem Guillain-Barré-Syndrom zu erkranken, erhöht (IRR [Incidence rate ratio] 2,9). Das galt auch für das Auftreten einer Fazialisparese (IRR 1,29).
  • Die Assoziation zwischen einer Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine und einem Guillain-Barré-Syndrom wurde auch in einer schottischen Kohorte bestätigt (IRR 2,32).
  • Innerhalb von 15 bis 21 Tagen nach einer Impfung mit der Biontech/Pfizer-Vakzine war das Risiko erhöht, einen hämorrhagischen Schlag­anfall zu erleiden (IRR 1,38).

Betrachtet man aber das Risiko für eine schwere neurologische Komplikation, so ist dieses nach einer SARS-CoV-2-Infektion wesentlich höher als nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2. Eine Angabe in Zahlen verdeutlicht diese Aussage: Von 10 Millionen Menschen, die mit der AstraZeneca-Vakzine geimpft wurden, erleiden schätzungsweise 38 ein Guillain-Barré-Syndrom. Nach einer SARS-CoV-2-Infektion sind es hingegen 145. Auch das Risiko für einen hämorrhagischen Schlafanfall war nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 deutlich höher (IRR 12,42) als nach einer Impfung. Ebenfalls waren nach einer SARS-CoV-2-Infektion das Risiko für ein akutes demyelinisierendes Ereignis (IRR 19,34) und das Risiko für eine entzündliche Erkrankung des Gehirns (IRR 38,57) erhöht. [Patone M et al. Neurological complications after first dose of COVID-19 vaccines and SARS-CoV-2 infection. Nat Med (2021). https://doi.org/10.1038/s41591-021-01556-7]

Toxizität von Ivermectin

Ein Telefon-Beratungscenter für Vergiftungen in Oregon/Portland berichtet über verstärkte Anfragen nach Einsatz des Antiparasitikums Ivermectin zur Prophylaxe und Therapie von COVID-19, obwohl dieses dafür nicht zugelassen ist. Auch randomisierte klinische Studien konnten keinen Benefit zeigen. Im August 2021 meldeten sich 21 Personen mit Nebenwirkungen. Sechs von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden, vier davon intensivmedizinisch. Zu den Symptomen zählten gastrointestinale Störungen (n = 4), Verwirrtheit (n = 3), Koordinationsstörungen und Schwächeanfälle (n = 2), Hypotonie (n = 2) sowie in einem Fall ein Krampfanfall. Dieser Bericht soll als Warnung vor unkontrolliertem Gebrauch dienen. [Temple C. et al. NEJM 20. Oktober 2021, DOI: 10.1056/NEJMc2114907] |

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