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Mit mehr Schnell- und Selbsttests zurück in die Normalität?
Nachgebesserte Überlegungen zur Teststrategie / Warten auf die ersten Laientests
Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat man die geplante Erweiterung der Nationalen Teststrategie nochmals überdacht. Ein auf den 1. März datiertes Papier zum „Stand der Überlegungen“ enthielt etwas genauere Pläne. Doch welche davon auf welche Weise umgesetzt werden, sollten am vergangenen Mittwoch Bund und Länder in ihrer gemeinsamen Konferenz beschließen – nach Redaktionsschluss der DAZ. Bis Dienstagnachmittag lag der DAZ neben dem BMG-Papier nur ein Entwurf für den Bund-Länderbeschluss vor.
In beiden findet sich in puncto Erweiterung der Teststrategie die Aussage, dass jeder (asymptomatische) Bürger und jede Bürgerin zweimal wöchentlich kostenlos einen PoC-Antigen-Schnelltest durchführen lassen kann. Geschehen soll dies in den Testzentren der Kommunen, bei von diesen beauftragten Dritten (darunter können Apotheken fallen) oder in Arztpraxen.
Zudem sollen die Länder sicherstellen, dass in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sowohl das Personal als auch die Schüler in jeder Präsenzwoche mindestens einen oder zwei kostenlose Schnelltests einschließlich einer Bescheinigung über das Testergebnis erhalten. Ob es einer oder zwei sind, ließ der Entwurf noch offen. Anders als das BMG-Papier ist im Zusammenhang mit Schulen auch nicht von „Selbsttests“ die Rede.
Ferner sollen die Unternehmen verpflichtet werden, ihrem Personal vor Ort ebenfalls mindestens einen oder zwei Schnelltests anzubieten.
Diese Maßnahmen sollen bis Anfang April schrittweise umgesetzt werden.
An negative Testergebnisse können dann laut dem Entwurf für den Bund-Länder-Beschluss weitere Öffnungsschritte anknüpfen, beispielsweise bei Fahrschulen, bisher noch geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetrieben oder in der Gastronomie.
Erweiterte Kapazitäten?
In den „Überlegungen“ des BMG heißt es zudem: „Um sicherzustellen, dass in kurzer Zeit ausreichend Testkapazitäten entstehen bzw. genutzt werden können, soll der Kreis der beauftragbaren Dritten um weitere Dienstleister erweitert werden.“ Wenn nötig, werde die Medizinprodukte-Abgabeverordnung angepasst, um diesen beauftragten Dritten den Bezug der Schnelltests zu ermöglichen. Ob hier wirklich noch etwas bewegt wird, wird sich zeigen, wenn Spahn den Entwurf für eine Änderung der einschlägigen Verordnungen vorlegt.
Bis zu 6 plus 12 Euro Vergütung
Die Überlegungen aus dem BMG umfassen weiterhin eine etwas modifizierte Vergütung. Demnach soll es für die professionellen Tester statt der bisherigen bis zu 9 Euro pro Test und weiteren 9 Euro für die Durchführung des Tests künftig bis zu 6 Euro für den Test zuzüglich 12 Euro für die Testdurchführung samt Ausstellung eines Testzeugnisses geben. „Diese Vergütung ist notwendig, um eine ausreichende Zahl von Anbietern sicherzustellen“, heißt es dazu im BMG-Papier.
Laientests – verständlich?
Umgestrickt hat das BMG auch seine Ausführungen zu Selbsttests, die sich in dieser Form allerdings nicht im Entwurf für den Bund-Länder-Beschluss fanden. Vergangene Woche Mittwoch hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den ersten drei Antigen-Tests zur Eigenanwendung eine Sonderzulassung erteilt. Mittlerweile ist ein vierter Test dazugekommen, der SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test von Biosensor, vertrieben durch MT Promedt (Roche). Sie alle setzen auf einen Abstrich im vorderen Nasenbereich. Apothekenpflichtig sind sie nicht. Für das BMG kein Problem: „Selbsttests sind per definitionem dadurch gekennzeichnet, dass sich die Probe durch den ungeschulten Laien korrekt bei sich selbst nehmen lässt. Hinweise zur korrekten Durchführung finden sich in der verständlichen Gebrauchsanweisung, viele Anbieter bieten auch entsprechende kurze Videos an“, heißt es im Papier vom 1. März. Bei einem positiven Testergebnis nach einem PoC-Antigen-Schnelltest oder nach einem Selbsttest sollte der Getestete über seinen Hausarzt oder die Rufnummer 116117 einen Termin zur PCR-Labortestung vereinbaren und sich mindestens bis deren Ergebnis vorliegt, in häusliche Isolation begeben. Im Fall eines professionell durchgeführten PoC-Tests bei einer der nach Test-Verordnung beauftragten Teststellen – also auch Apotheken – soll zudem die Möglichkeit bestehen, direkt vor Ort eine weitere Probe zur bestätigenden PCR-Labortestung zu entnehmen und einzusenden. Die Kosten werden in beiden Fällen übernommen.
Selbsttests in Drogerieketten
Während Bund und Länder noch an den Teststrategien feilten, kündigte die Drogeriekette dm bereits zu Wochenbeginn per Pressemitteilung an, den vom BfArM zugelassenen Selbsttest von Boson „voraussichtlich ab Dienstag, 9. März“ anzubieten. Dies sei die frühestmögliche Verfügbarkeit, „sofern die Lieferzusagen des Herstellers eingehalten werden können“. Und das Programm soll ausgeweitet werden, wenn weitere Schnelltests für Laien zugelassen sind. Die Drogeriekette erklärte aber auch, dass es anfänglich eine limitierte Abgabemenge pro Person geben wird. „Wir wollen, dass möglichst viele Menschen davon profitieren.“ Sobald weitere Lieferungen erfolgen oder weitere Tests zugelassen werden, soll die Begrenzung entfallen. Der dm-Konkurrent Rossman wirbt auf seiner Webseite ebenfalls damit, dass in seinen Filialen und online „bald“ eine „Auswahl an COVID-19-Schnelltests“ zu finden sein werde. Und auch die Müller-Drogerien kündigen auf ihrer Webseite an, dass die Schnelltests „in Kürze bei uns erhältlich“ und „bald bestellbar“ sein werden.
Kauf in der Drogerie, Beratung in der Apotheke?
Aber wird die Durchführung und Auswertung der Tests wirklich ein Kinderspiel sein, wie allseits versprochen? Einige Apotheker bezweifeln, dass die Packungsbeilage für alle Laien ausreichend verständlich sein wird – es geht schließlich nicht nur um die Durchführung des Tests sondern auch um das Verständnis für das Testergebnis und was es für den Einzelnen bedeutet. Und so diskutieren Apotheker seit einiger Zeit – unter anderem in Facebookgruppen – ob dieser Plan aufgehen kann. Oder steht den Apotheken bei den Selbsttests nun bevor, was sie bereits von anderen Produkten kennen? Auch zu in Drogerien oder anderweitig gekauften Nahrungsergänzungsmitteln, Blutdruckmessgeräten oder Ähnlichem wünschen Apothekenbesucher zuweilen die fachkundige Beratung. Aber gibt es das umsonst? Die Nürnberger Apothekerin Margit Schlenk hat dazu eine klare Meinung: „Beratung kostet Geld“, sagte sie gegenüber DAZ.online. Sie bietet bereits seit einiger Zeit Antigen-Schnelltests in ihrer Apotheke an. Zudem schult sie Kollegen bundesweit, wie diese Tests zur professionellen Anwendung durchzuführen sind. Die Pharmazeutin weiß also, was sie kann – und in Nürnberg kennt man ihre Kompetenz ebenfalls. Ganz frisch wurde sie diese Woche vom Gesundheitsamt offiziell mit der Durchführung der Schnelltests beauftragt, die es künftig kostenlos für die Bürger geben soll. Und so ist Schlenk auch in Sachen Laien-Schnelltests selbstbewusst. Sie ist überzeugt, dass für diese Produkte ebenfalls eine Beratung nötig ist und wird diese in ihrer Apotheke selbstverständlich anbieten. Wer allerdings zum Kauf die Drogerie oder einen Internetshop vorzieht und dann zur Beratung in die Apotheke kommt, soll dafür bei ihr 9,95 Euro zahlen, sagt sie. Schlenk hoffe nicht, dass dies der Fall sein wird – würden Drogerien und Apotheken zeitgleich bestückt, glaubt sie, dass die Apotheke der bevorzugte Einkaufsort sein wird.
Rechtlich steht dem nichts im Wege. Die Beratung erfolgt hier zu einem Produkt, das nicht preisgebunden ist. Eine Regelung, die der Apotheke verbietet, hierfür eine Gebühr zu erheben, gibt es nicht. Auch Klaus Laskowski, stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar der Bayerischen Landesapothekerkammer, bestätigt auf Nachfrage: „In so einem Fall ist die Apotheke auch aus berufsrechtlicher Sicht frei, eine angemessene Gebühr für die erbrachte Beratungsleistung zu verlangen.“ |
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