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Recht

Neue Preisangabenverordnung

Praktische Auswirkungen auf die Apothekenwerbung / Teil 1: Änderungen bei der Grundpreisangabe

Die ab 28. Mai 2022 zu beachtende neue Preisangabenverordnung bringt einige Änderungen insbesondere bei Grundpreisen und der Werbung mit Preisermäßigungen für den Apotheken-Werbe-Alltag mit sich. Bei anstehenden Werbemaßnahmen, die über den Stichtag Geltung haben oder ihre Wirkung erst ab Juni 2022 entfalten sollen, sind die neuen gesetzlichen Vorgaben schon jetzt zu beachten. Denn Übergangsregelungen oder ein Nebeneinander von alter und neuer Preisangabenverordnung sind nicht vorgesehen.

Auch nach der neuen Preisangabenverordnung (PAngV) gelten die Grundsätze der Preisklarheit und der Preiswahrheit: Preisangaben müssen dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuordenbar, leicht erkennbar, deutlich lesbar und sonst gut wahrnehmbar sein. Sie müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen.

Anzugeben ist beim Angebot von Waren an Verbraucher oder bei der Bewerbung von Waren gegenüber Verbrauchern der Gesamtpreis. Zudem ist die Angabe der Verkaufs- oder Leistungseinheit und Güte­bezeichnung notwendig, wenn dies der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht (§ 3 PAngV): Der Verbraucher muss also erkennen, auf welche Marke und welche Gebindegröße sich der Angebotspreis von z. B. 8,48 Euro bezieht, auf die 50 ml, die 100 ml oder die 200 ml Sonnencreme-Tube. Dies war schon bisher so und entspricht der gängigen Werbepraxis.

Einheitlicher Bezug für Grundpreise

Neuerungen enthalten die Regelungen zu den Grundpreisen in §§ 4, 5 PAngV. Der Grundpreis an sich ist kein Unbekannter und schon bisher regelmäßiger Bestandteil der Apothekenwerbung: Wer als Unternehmer (= Apotheker) Verbrauchern (= Kunden) Waren in Fertigpackungen nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat neben dem schon erwähnten Gesamtpreis auch den Grundpreis unmissverständlich klar erkennbar und gut lesbar anzugeben. Wie schon bisher kann auf die Angabe des Grundpreises verzichtet werden, wenn dieser mit dem Gesamtpreis identisch ist.

Der Grundpreis soll dem Verbraucher einen besseren Preisvergleich ermöglichen, insbesondere wenn austauschbare Produkte verschiedener Hersteller in unterschied­li­chen Gebindegrößen zur Ver­fü­gung stehen, und ihm helfen herauszufinden, bei welcher Packung das Preis-/Leistungsverhältnis – ein vollständiger Aufbrauch unterstellt – am attraktivsten ist: Bei welcher Packungsgröße bekommt der Kunde am meisten Produkt für sein Geld?

Nach § 5 PAngV ist der Bezugspreis bezogen auf 1 Kilogramm/1 Liter/1 Meter/1 Quadratmeter oder 1 Kubikmeter anzugeben. Die bisher in der Preisangabenverordnung enthaltene Möglichkeit, den Grundpreis bezogen auf 100 ml/100 g anzugeben, wenn das Gebinde nicht größer als 250 ml/250 g ist, welche gerade im Apothekensektor häufig zum Tragen kam, gibt es nicht mehr. Während aktuell für eine Schmerzgel-Tube mit 50 g der Grundpreis bezogen auf 100 g angegeben werden kann (auch die Angabe des Grundpreises bezogen auf 1 kg war zulässig), muss ab dem 28. Mai 2022 zwingend der Grundpreis bezogen auf 1 Kilogramm angegeben werden. Dies führt dazu, dass die vom Verordnungsgeber vorgesehene Ausnahmeregel, wonach auf den Grundpreis verzichtet werden kann, wenn dieser mit dem Gesamtpreis identisch ist, nur noch einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich hat: Im Apothekenalltag gibt es wenige Produkte, die in Größen zu 1 kg/1 l abgegeben werden. Auch bei Produkten, bei denen bisher auf den Grundpreis verzichtet werden konnte – beispielsweise dem 100-g-Schmerzgel – ist zukünftig der Grundpreis bezogen auf 1 kg notwendig.

Art der Angabe des Grundpreises

Der Grundpreis ist unmissverständlich anzugeben, klar erkennbar und gut lesbar. Letztlich sollte er, wie bisher, auf einen Blick wahrnehmbar mit dem Gesamtpreis sein, also keine zu kleine Schrift, keine Grundpreistabelle auf der letzten Seite eines Werbeflyers, nicht im Kleingedruckten versteckt, sondern in dem jeweiligen Produktfenster in direkter Nähe des Gesamtpreises.

Der Verordnungsgeber spricht in § 5 davon, dass der Grundpreis bezogen auf dann 1 Kilogramm/1 Liter anzugeben ist. Wenn mit Abkürzungen gearbeitet wird (X €/kg, X €/l), dürfte auch dies, wie bisher, die Pflicht zur Grundpreisangabe erfüllen.

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Bonbons sind nicht gleich Bonbons Die Ausnahme von der Grundpreispflicht für kleine Einzelhandelsgeschäfte kann mit der neuen PAngV kaum mehr auf Apotheken mit Offizin angewendet werden.

Ausnahmen von der Grundpreisangabe

Ausgenommen von der Grundpreisangabenpflicht sind, wie bisher, Kleingebinde, also Packungen/Gefäße mit einem Inhalt von weniger als 10 g und 10 ml. Bei diesen kann auf den Grundpreis verzichtet werden; wird er gleich-wohl angegeben, muss die Angabe auf 1 kg/1 l erfolgen. Bei Packungen mit genau 10 g/10 ml ist der Grundpreis ebenfalls bezogen auf 1 kg/1 l anzugeben. Inwieweit es sinnvoll ist, z. B. bei einem Nasenspray von 10 ml den Literpreis zu erfahren, und ob hierdurch wirklich Preisvergleiche vereinfacht werden, steht auf einem anderen Blatt.

Bisher gab es eine Ausnahme von der Grundpreispflicht auch für kleine Einzelhandelsgeschäfte, bei denen die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgte. Diese Ausnahme wurde teilweise auf Apothekenangebote angewendet. Der Gesetzgeber hat sie aber in § 4 Abs. 3 Ziff. 3 PAngV modifiziert und klargestellt, dass er sich unter „kleinen Einzel­handelsgeschäften“ insbesondere Kioske, mobile Verkaufsstellen und Stände auf Markt- oder Volksfesten vorstellt, sodass es deutlich schwieriger wird, eine Apotheke mit Offizin darunter zu subsumieren, auch wenn dort – je nach Umfang der Freiwahl – gegebenenfalls die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgt. Eine weitere Ausnahme von der Grundpreispflicht gibt es, wie bisher, bei Waren, die verschiedenartige Erzeugnisse enthalten, die nicht miteinander vermischt oder vermengt sind. Werden eine 50 ml Sonnenmilch und eine 50 ml After-Sun-Lotion im Komplettangebot für X € angeboten, ist keine Grundpreisangabe notwendig.

Auf die Grundpreisangabe kann zu­dem bei individuellen Preisermäßigungen oder bei nach Kalendertagen zeitlich begrenzten, durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1/Ziff. 2 PAngV verzichtet werden. Hierbei ist auch kein neuer Gesamtpreis notwendig. Eine Aktion „20% Rabatt auf Sonnenschutzprodukte im Juni 2022“ zieht also keine Pflicht des Werbenden, im Juni neue Gesamt- und Grundpreise auszuzeichnen, nach sich.

Wo sind Gesamt- und Grundpreise notwendig?

Nach § 10 PAngV sind Grundpreise und Gesamtpreise bei Waren, die der Verbraucher unmittelbar entnehmen kann (Freiwahl in der Apotheke) durch Preisschilder oder Beschriftung der Waren auszuzeichnen. Dies gilt grundsätzlich auch für das Anbieten von Waren in Schaufenstern und Schaukästen. Zu empfehlen ist die Aufnahme von Gesamt- und Grundpreisen bei Produkten in der Schaufensterdekoration, um überflüssige Diskussionen zu vermeiden, ob es sich dabei tatsächlich um ein Angebot einer Ware oder nur um eine pauschale Werbung, die gegebenenfalls von der Preisangabenpflicht befreit ist, handelt.

Anzugeben sind Gesamt- und Grundpreis natürlich auch in Onlineangeboten, gedruckten Werbematerialien, Flyern, Katalogen oder bei Produktangeboten über Verkaufsplattformen.

Besonderheiten beim Fernabsatz

Wird der Erwerb von Produkten im Wege des Fernabsatzes angeboten – der Vertragsschluss erfolgt dabei unter physischer Abwesenheit der beiden Vertragsparteien beispielsweise über einen Onlineshop, Messenger, per Telefon oder E-Mail –, ist zusätzlich anzugeben, dass die Waren die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten. Zudem ist über Liefer- und Versandkosten aufzuklären. Auch dies sind Vorgaben, die schon bisher in der Preisangabenverordnung enthalten waren.

Fraglich ist, ob der Verbraucher darüber aufzuklären ist, dass für eine Zustellung per Boten von Rx-Arzneimitteln gegebenenfalls Botendienstkosten in Höhe von 2,50 Euro, die aber die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach § 129 Abs. 5g SGB V erstattet, anfallen, sofern der Vertragsschluss im Wege des Fernabsatzes erfolgt. Nach Sinn und Zweck spricht einiges dafür, dass in diesen Fällen auf den Hinweis auf von der GKV übernommene Botendienstkosten verzichtet werden kann. Der Verbraucher hat diese nicht zu entrichten. Die Preisangabenverordnung bezweckt Transparenz für den Verbraucher. Er soll wissen, welche Kosten auf ihn bei dem Erwerb von Waren des Anbieters zukommen. Entscheidungen zu dieser apothekenspezifischen Besonderheit gibt es noch keine (auch wenn bisher schon eine Pflicht zur Angabe von Lieferkosten besteht). |

Dr. Timo Kieser, Oppenländer Rechtsanwälte Stuttgart

Teil 2 in der nächsten Ausgabe der AZ befasst sich mit der neuen Referenzpreisangabenpflicht bei Preisermäßigungen.

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