Pandemie Spezial

Ein Jahr Impfen gegen Corona

Aktueller Sicherheitsbericht untermauert positives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe

du | Zum Jahresende und damit genau ein Jahr nach dem Start der Impfkampagne gegen COVID-19 in Deutschland hat das Paul-Ehrlich-Institut einen weiteren Sicherheitsbericht zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach COVID-19-Impfung vorgelegt. Das Resümee: Allen zu­gelassenen Impfstoffen wird ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bescheinigt.

Am 27. Dezember 2020 startete in Deutschland und Europa die Impfkampagne gegen COVID-19, zunächst mit dem bedingt zugelassenen mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer. Der zweite mRNA-Impfstoff, Spikevax von Moderna, erhielt am 6. Januar 2021 eine bedingte EU-Zulassung, der Vektorimpfstoff Vaxzevria von AstraZeneca am 30. Januar 2021. Der Vektorimpfstoff COVID-19-Vaccine Janssen erhielt eine entsprechende Zulassung am 11. März 2021. Ebenfalls noch im Dezember 2021 wurde mit der Novavax-Vakzine Nuvaxovid ein lang ersehnter Subunit-Impfstoff in der EU zugelassen. Er soll in Kürze in Europa und damit auch in Deutschland zum Einsatz kommen.

Zeitgleich mit dem Start der Impfkampagne hat das Paul-Ehrlich-Institut mit der Erfassung von Verdachtsfällen zu Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach COVID-19-Impfung begonnen und regelmäßig in Sicherheitsberichten über die Erkenntnisse informiert. Zum Jahresende legte das PEI einen weiteren Sicherheitsbericht vor, der den Zeitraum vom 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021 umfasst. Er bezieht sich auf die beiden in dieser Zeit verimpften mRNA-Impfstoffe und die beiden Vektorimpfstoffe. Mit diesen Impfstoffen sind in Deutschland bis zum Stichtag am 30. November 2021 123.347.849 Impfungen durchgeführt worden: 96.606.131 Impfungen mit Comirnaty, 10.576.131 mit Spike­vax und 12.703.030 Impfungen mit Vaxzevria und 3.462.557 Impfungen mit COVID-19 Vaccine Janssen.

In diesem Zeitraum wurden 113.792 Verdachtsfälle nach Impfung mit Comirnaty gemeldet, 28.289 nach Spikevax, 46.325 Verdachtsfälle nach Vaxzevria und 7.758 Meldungen nach ­COVID-19 Vaccine Janssen. Bei 810 gemeldeten Verdachtsfällen lagen keine Informationen zum verwendeten COVID-19-Impfstoff vor. Laut Paul-Ehrlich-Institut betrug die Melderate für alle Impfstoffe zusammen 1,6 Meldungen pro 1000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1000 Impfdosen.

Abb.: Melderaten häufiger unerwünschter Reaktionen nach Impfung mit Comirnaty und Spikevax pro 1000 Impfungen (aus [1]).

Sowohl die in Deutschland als auch in Europa und weltweit erfassten Nebenwirkungen zeigen laut PEI, dass die überwiegende Mehrzahl von Nebenwirkungen vorübergehenden lokalen und systemischen Reaktionen zuzuordnen sind (s. Abb.). Spontanmeldungen nach Boosterimpfung mit den mRNA-Impfstoffen fallen deutlich geringer aus als nach Erst- und Zweitimpfung, so eine erste Auswertung der Spontanerfassung.

Schwerwiegende Neben­wirkungen sehr selten

Schwerwiegende Nebenwirkungen erscheinen nach derzeitigem Kenntnisstand sehr selten zu sein. Das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis wird durch sie nicht in Frage gestellt, so das PEI. Als entsprechend sehr seltene Nebenwirkungen (unter 0,01%) listet das PEI Fälle von

  • Myokarditis und Perikarditis,
  • Anaphylaxie,
  • Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS),
  • Guillain-Barré-Syndrom,
  • Thrombozytopenie und Immunthrombozytopenie (ITP) und
  • Thrombosen.

Myokarditis/Perikarditis. Die überwiegende Zahl der Myokarditis/Perikarditis-Fälle wurde nach der Verabreichung von mRNA-Impfstoffen und hier vor allem nach der zweiten Dosis verzeichnet, zunächst bei jungen Männern. In einer dänischen Studie konnte auch ein leicht erhöhtes Risiko bei jungen Frauen festgestellt werden. Da die Häufigkeit unter dem Moderna-Impfstoff Spikevax zwar ebenfalls sehr selten, aber doch geringfügig ­höher zu sein scheint als unter Comirnaty, empfiehlt die STIKO Menschen unter 30 Jahren mit Comirnaty zu impfen.

Anaphylaktische Reaktionen wurden sowohl unter den beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffen als auch unter den Vektorimpfstoffen Vaxzevria und COVID-19 Vaccine Janssen beobachtet. Laut Melderate sollen sie in Deutschland unter einem Fall pro 100.000 Impfungen liegen, bei Frauen und nach der ersten Impfdosis etwas häufiger als bei Männern und bei Folgeimpfungen.

Das Thrombose-mit-Thrombozyto­penie-Syndrom mit teils tödlichem Ausgang wurde nach Impfung mit den beiden zugelassenen Vektorimpfstoffen berichtet und hier vor allem nach der Erstimpfung. Besonders auffällig sind die ungewöhnlichen Lokalisationen der Thrombosen, zum Beispiel in zerebralen Hirnvenen. Ebenfalls ein Problem der Vektorimpfstoffe scheint das Guillain-Barré-Syndrom zu sein, eine Polyneuropathie-Form, die mit ausgeprägter Muskelschwäche einhergeht. Die Melderate liegt laut PEI bei ca. 0,88 pro 100.000 Impfdosen für Vaxzevria, für die Janssen-Vakzine bei 1,89 pro 100.000 Dosen. Auch Thrombozytopenie und Immunthrombo­zytopenie wurde berichtet, wiederum in sehr seltenen Fällen nach Impfung mit einem der Vektorimpfstoffe. Sie tritt in einem Zeitraum von bis zu vier Wochen nach der Impfung auf. Bei einer Immunthrombozytopenie in der Vorgeschichte sollte die Blutplättchenzahl nach der Impfung überwacht werden. Ungeklärt ist das potenzielle Thromboserisiko der COVID-19-Impfstoffe. Studien, in denen dieser Frage nachgegangen wurde, zeigen laut Sicherheitsbericht des PEI ein inkonsistentes Ergebnis. Wurde auch das Thromboserisiko nach SARS-CoV-2-­Infektionen in den Studien mit untersucht, war dieses immer höher als nach der Impfung.

Todesfallmeldungen

Tab.: Gemeldete Todesfälle nach COVID-19-Impfung. Nur in 78 Fällen wurde ein Zusammenhang mit der Impfung für möglich oder wahrscheinlich erachtet [1].
Impfstoff
Todesfälle
Melderate für Todesfälle pro 1000 Impfungen
Comirnaty
1427
0,02
Spikevax
80
0,01
Vaxzevria
307
0,02
COVID-19 Vaccine Janssen
52
0,02
unbekannter Impfstoff
53
gesamt
1919
0,02

Insgesamt wurden dem PEI bis zum Stichtag 1919 Todesfälle im Abstand von 0 bis 289 Tagen zur Impfung gemeldet (s. Tab.). In 78 Einzelfällen kam das PEI zu dem Schluss, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung möglich oder wahrscheinlich ist und bekannte Impfrisiken wie TTS, Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder eine Myo­karditis als Todesursache in Frage kommen. Insgesamt konnte das PEI jedoch für keinen der eingesetzten Impfstoffe ein Risikosignal für eine erhöhte Sterblichkeit feststellen. |

Literatur

Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts: Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz von COVID-19 seit Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021

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