DAZ aktuell

BMG bringt höheren Kassenabschlag ins Spiel

Referentenentwurf sorgt für erhitzte Diskussionen über Sparmaßnahmen

ks | Ein inoffizieller Referentenentwurf für ein „GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“ sorgt seit vergangener Woche für Aufregung in der Apothekerschaft und Pharmaindustrie. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant einen Strauß von Maßnahmen, die das GKV-Finanzloch stopfen und deutlich steigende Zusatzbeiträge der Versicherten vermeiden sollen. Die Apotheken sollen durch einen temporär auf 2 Euro erhöhten Kassenabschlag einen Sparbeitrag leisten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte schon zu seinem Amtsantritt im Dezember erklärt, dass es mit ihm keine Leistungskürzungen geben werde. Und davon will er nicht abrücken: „Ich habe mich festgelegt: Ich werde nichts streichen“, sagte der SPD-Politiker diese Woche Montag dem „Tagesspiegel“. Doch die gesetz­lichen Krankenkassen befinden sich nicht mehr in einer so komfortablen Finanzlage wie noch in den vergangenen Jahren. Viele Gesetze aus der vergangenen Legislaturperiode trieben die Kosten. Zudem fielen in der Pandemie Einnahmen weg. „Dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden, ist klar“, sagt Lauterbach. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ erwähnte der Minister zwar nicht den der DAZ vorliegenden Referentenentwurf (siehe hierzu auch AZ 2022, Nr. 12, Seite 1, 3 und 8). Allerdings sagte er: „Wir werden versuchen, die Lasten auf mehrere Schultern zu verteilen – indem wir Effizienzreserven nutzen, die Rücklagen der Krankenkassen anpassen und den Steuerzuschuss erhöhen.“ Und genau diese drei Ansätze finden sich im besagten Entwurf, den das BMG derzeit als nicht existent oder zumindest nur als Version, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt war, herunterspielt. Mag er auch nicht mit den anderen Ressorts und den Gesundheitspolitikern der Koalitionsfraktionen abgestimmt, sein – der Entwurf zeigt, in welche Richtung es gehen könnte.

Angekündigtes und Überraschungen

Einige der Sparmaßnahmen, die der Entwurf vorsieht, haben die Ampel-Parteien bereits in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt und dürften daher durchaus ernst zu nehmen sein. Das sind insbesondere die Beibehaltung des Preismoratoriums, die Er­höhung des Herstellerabschlags und die Weiterentwicklung des AMNOG. Wirklich überraschend ist allerdings die Idee, den Kassenabschlag der Apotheken für zwei Jahre von derzeit 1,77 Euro auf 2,00 Euro anzuheben. Ebenso die Ankündigung, in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren den Umsatzsteuersatz auf Arzneimittel auf 7 Prozent abzusenken – dies hatte zunächst auch ein Entwurf des Koalitionsvertrags vorgesehen, im letztlich unterzeichneten war davon jedoch nichts mehr zu finden. Hier muss sich noch zeigen, ob Lauterbach sich wirklich durchsetzen kann.

Klar ist: Die Apotheken sind schockiert. Gerade nachdem sie sich in der Pandemie als unverzichtbare und verlässliche Säule im Gesundheitswesen er­wiesen haben, wird ihnen nun mit der Sparkeule gedroht. 170 Millio­nen Euro soll der höhere Kassenabschlag ein­sparen – wobei es dazu keinen nachvollziehbaren Rechenweg gibt (siehe nächste Seite). ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach von einem „Schlag ins Gesicht“ der Apotheker. Auch die Pharmaindustrie schlug umgehend Alarm. Besser gefallen die Sparansätze hingegen den Kassen. Einige der für den Pharmabereich vorgesehenen Maßnahmen, hatten die Kostenträger immer wieder ein­gefordert, so z. B. eine frühere Geltung des Erstattungsbetrages neuer Arznei­mittel. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, bezeichnete die bekannt gewordenen Maßnahmen als unumgänglich, um die GKV-Finanzen abzusichern. ­Allerdings seien sie noch nicht ausreichend. Die AOK vermisst insbesondere die im Koalitionsvertrag versprochene Anhebung der ALG-II-Beiträge.

Der Aufschlag aus dem BMG ist serviert – ob bewusst oder nicht. Nun ist zu diskutieren und abzustimmen, welche der Maßnahmen der Gesetzgeber tatsächlich auf den Weg bringt. |

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