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Heimversorgung ist attraktiv, aber rechtlich komplex

Wie der Vertrag zwischen Apotheke und Heimträger aussehen sollte

ks | Die Heimversorgung ist für viele Apotheken ein attraktiver Versorgungsbereich – aber auch ein höchst komplexer. Die wenigen gesetzlichen Vorgaben bilden diese Komplexität kaum ab, umso mehr Bedeutung kommt dem Heimversorgungsvertrag zwischen Apotheke und Heimträger zu. Professor Dr. Hilko J. Meyer gab beim virtuellen Fortbildungstag einen Überblick über rechtliche und vertragliche Fallstricke – und wie diese mithilfe des neuen Mustervertrags für die Heimversorgung zu umgehen sind.
Foto: DAV/Alex Schelbert

Rechtliche und vertragliche Fallstricke vermeiden! Prof. Hilko J. Meyerist Autor des Mustervertrags für die Heimversorgung

Die Heimversorgung zeichnet sich aus durch ein Geflecht unterschiedlicher, sich teilweise überlagernder zwei­seitiger Verträge zwischen den unterschiedlichen Beteiligten. Doch die tatsächliche Zusammenarbeit ist noch komplexer, so arbeiten etwa bei der Medikation der Heimbewohner Arzt, Apotheke und Pflegekraft zusammen. Für die Apotheken zentral ist in diesem Versorgungsbereich § 12a Apothekengesetz (ApoG), der den Heimversorgungsvertrag regelt. Dieser behördlich zu genehmigende Vertrag zwischen Apotheke und Heimträger setzt den eigentlichen Rahmen für die Heimversorgung und muss so genau wie möglich die Rechte und Pflichten beider Seiten regeln. Zudem muss der Vertrag ein besonderes Spannungs­verhältnis in praktikable Regelungen umsetzen, wie Meyer erklärte: Dieses besteht darin, dass jedem Heimbe­wohner einerseits ein Selbstbestimmungsrecht samt freier Apothekenwahl zusteht. Wenn er seine Gesundheitsversorgung allerdings nicht mehr autonom regeln kann, hat das Heim hierfür die Verantwortung zu übernehmen, auch für die Arzneimittel­versorgung. Hier müsse der Heimversorgungsvertrag klarstellen, dass nur die Bewohner, die das möchten, übers Heim mit Arzneimitteln versorgt werden. Ansonsten hat der Heimträger die freie Apothekenwahl sicherzustellen. Will ein Bewohner an der Versorgung über das Heim teilnehmen, muss der Heimträger die entsprechende Einwilligungserklärung einholen. Entsprechende Formblätter enthält der Mustervertrag zur Heimversorgung.

Heimträger sind an Verträge gebunden

Meyer verwies zudem darauf, dass einige Verträge möglicherweise noch missverständliche Regeln zum Verbot der Ausschließlichkeitsbindung enthalten. Solche Regeln hätten dazu geführt, dass Heime meinten, sie könnten jederzeit und einseitig eine Apotheke durch eine andere ersetzen oder zusätzliche Apotheken in die Heimversorgung aufnehmen. Diese Heimträger sahen den Heimversorgungsvertrag nur als Abbild der gesetzlichen Pflichten der Apotheke – während sie selbst nicht gebunden seien. Doch dieser Sichtweise hat der Bundesgerichtshof 2016 eine Absage erteilt (Kirsten Sucker: „Apotheker brauchen Planungssicherheit – Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten heimversorgender Apotheke“ DAZ 2016, Nr. 29, S. 18). Die Richter stellten klar, dass es sich um einen zweiseitigen Vertrag zugunsten der Heimbewohner handelt, der nicht beliebig einseitig vom Heim gekündigt werden kann. Dies, so Meyer, sollte auch in alle bestehenden Verträge einfließen, sofern dies noch nicht geschehen sei. Ein weiterer wichtiger Punkt, den der neue Mustervertrag in der Folge dieses Urteils berücksichtigt, ist dass die wechselseitigen Leistungs- und Mitwirkungspflichten benannt werden. Und zwar die zentralen bewohnerbezogenen Obliegenheiten sowohl der Apotheke als auch die des Heims im Rahmen der Arzneimittelversorgung. Zudem wird klar abgegrenzt zwischen den gesetzlichen Pflichtleistungen – die § 12a ApoG benennt – und den zusätzlich von der Apotheke freiwillig erbrachten Leistungen.

Auch die Freistellung vom Zuweisungsverbot hat Grenzen

Im komplexen Geflecht der Heimversorgung kommt man auch schnell in den Bereich der unzulässigen Zuweisungen von Patienten und Rezepten. Wann eine solche vorliegt regelt § 11 ApoG, der 2020 mit Blick auf das kommende E-Rezept mit dem Patientendaten-Schutzgesetz nochmals verschärft wurde. In diesem Zuge hatte sich der Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA) für eine Ausnahme für die Heimversorgung eingesetzt – denn hier ist die Kooperation unbedingt nötig, die Rezeptzuweisung gehört sogar zur Vertragspflicht der Einrichtung. Zwar schrieb der Gesetzgeber diese Ausnahme nicht ausdrücklich ins Gesetz. Er beließ es bei dem Einschub, dass die Verbote nur gelten „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“. Doch immerhin in der Begründung ist beispielhaft die Heimversorgung genannt. Allerdings heiße das nicht, dass nun jede Art der Zuweisung oder Zusammenarbeit erlaubt sei, betonte Meyer. Die Freistellung vom Verbot umfasse zwar alle für das Heim „kostenlosen“ Pflichtleistungen nach § 12a ApoG – z. B. die Überprüfung der Aufbewahrung oder die Beratungs- und Informationspflichten der Apotheke – nicht aber das, was darüber hinausgeht. Wird die Zuführung/Zuweisung, also der Abschluss des Vertrags, etwa daran geknüpft, ob die Apotheke eine freiwillige Leistung wie die patientenindividuelle Verblisterung anbietet, so kann dies sogar als Unrechtvereinbarung gesehen werden, die gegen strafrechtliche Korruptionsnormen sowie gegen das Berufs- und Wettbewerbsrecht verstößt.

Transparenz bei freiwilligen Leistungen

Die Unterscheidung zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben ist ohnehin ein wesentlicher Punkt im (Muster-)Heimversorgungsvertrag. Hier ist laut Meyer besonderes Augenmerk auf Transparenz zu legen. Zusätzliche Leistungen der Apotheke, die über die in § 12a ApoG genannten Pflichten hinausgehen, müssten plausibel geregelt, eine unzulässige Vorteilsgewährung ausgeschlossen sein. Dafür sorgt eine kostenpflichtige Regelung. Meyer betonte, dass auch einige Punkte, die als selbstverständlich gelten sollten, immer wieder für Streit sorgten. Daher sollte es genaue Regelungen an den Schnittstellen und zu den Pflichten des Heimträgers geben. Etwa die, dass es Sache des Heims ist, dafür zu sorgen, dass die Krankenversichertenkarte der Bewohner in jedem neuen Quartal beim Arzt landet. Dies sei keine Aufgabe der Apotheken, ­unterstrich Meyer, auch wenn es immer wieder welche gebe, die sich darum kümmerten. Wenn dies der Fall sei, müsse diese Leistung der Apotheke aus den genannten Gründen kostenpflichtig sein.

Verblisterung als kosten­pflichtige Zusatzleistung

Eine in der Heimversorgung oftmals zentrale Stellung nimmt das patientenindividuelle Verblistern bzw. die „bedarfsgerechte Arzneimittelbereitstellung“ ein. Auch hier handele es sich um eine für das Heim kostenpflichtige Leistung, die in einer Zusatzvereinbarung zu regeln sei, erläuterte Meyer. Es gehe nicht nur um technisch-logistische Tätigkeit, sondern um eine umfassende pharmazeutische Dienstleistung, die der Arzneimitteltherapiesicherheit und Versorgungssicherheit diene und zugleich Pflegekräfte vom Richten der Arzneimittel entlaste. Eigentlich sei es Aufgabe des Heims, dass ein von der Apotheke abgegebenes Arzneimittel sicher zum Patienten gelange. Einen Anspruch auf kostenlose Bereitstellung durch die Apotheke, wie sie einige Heime einforderten, gebe es nicht. Für Meyer ist es Zeit, dass das kostenlose Verblistern „ausstirbt“. Wichtig sei hier, dass die Apotheke einen gesonderten Auftrag des Patienten für die Verblisterung habe. Im Rahmen der Zusatzvereinbarung sei u. a. auch zu berücksichtigen, dass zwischen Arzt und Apotheke neue rechtliche Beziehungen entstehen – so muss die Apotheke eine genaue Dosierungsanleitung erhalten. All dies und mehr stelle die Muster-Zusatzvereinbarung erstmals in einem transparenten Gesamtpaket zusammen, so Meyer. |

Heimversorgung – die Komplettlösung

Schon seit 2003 verpflichtet § 12a des Apothekengesetzes öffentliche Apotheken und Träger von Alten- und Pflegeheimen bei einer Belieferung der Bewohner mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten einen schriftlichen Vertrag abzuschließen. Fortschritte in der Pflege, der Medizin und der Pharmazie sowie zahlreiche neue und erweiterte Rechtsvorschriften machen heute die Heimversorgung wesentlich komplexer. Dies macht transparente vertragliche Regelungen an den Schnittstellen der Zusammenarbeit zwischen Apothekern, Heimträgern und Pflegefachkräften, aber auch mit den im Heim behandelnden Ärzten notwendig.

Mit diesem Ordner „Heimversorgung“ erhalten Sie ein Rundumpaket für Ihre Heimbelieferung nach BVVA. Neben einer Broschüre mit Erläuterungen zum juristischen Hintergrund ist das aktuelle Vertragsmuster inklusive aller erforderlichen Formulare enthalten:

  • Heimversorgungsvertrag nach § 12a Apothekengesetz
  • Bewohnerinformation zur zentralen Arzneimittelversorgung und Erklärung zur Teilnahme an der zentralen Arzneimittelversorgung
  • Datenschutzerklärung der Apotheke und Einwilligungserklärung zur Datenverarbeitung
  • SEPA-Lastschriftmandat
  • Zusatzvereinbarung über die bedarfsgerechte Arzneimittelbereitstellung und Honorarverzeichnis
  • Patienteninformation zur bedarfsgerechten Arzneimittelbereitstellung und Auftrag zur bedarfsgerechten Arzneimittelbereitstellung
  • Arztinformation zur bedarfsgerechten Arzneimittel­bereitstellung

Heimversorgung nach § 12a Apothekengesetz

Von Prof. Dr. Hilko J. Meyer

2020. 226 Seiten. Muster­formulare zum Download

auf Online-PlusBase. 1 Ringordner. Gesamtwerk.

Zur Fortsetzung. € 78,– [D]

ISBN 978-3-7692-7602-2

 

Einfach und schnell bestellen:
Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart, Tel. 0711 2582-341, Fax 0711 2582-290, E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de oder unter www.deutscher-apotheker-verlag.de

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