Ausbildung

Konsens zur neuen Approbationsordnung wird begrüßt, aber ...

Stimmen aus der Klinischen Pharmazie und der Pharmakologie zum BAK-Positionspapier

du | Das BAK-Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker wurde inzwischen von der Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer verabschiedet. Die zentralen Punkte: Das Studium soll weiterhin eine breite Ausbildung garantieren und nicht nur für die öffentliche und Klinik-Apotheke qualifizieren. Die Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie werden gestärkt, das Studium um zwei Semester verlängert. Ein Semester ist für die Anfertigung einer wissenschaftlichen (titelfreien) Arbeit vorgesehen.

Das BAK-Positionspapier war zusammen mit Vertretern der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie (vormals Verband der Hochschullehrer), des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), Vertretern des ADKA-Bundesverbands der Krankenhausapotheker, des Sanitätsdienstes/Leitender Apotheker der Bundeswehr, der Apotheker in Wissenschaft, Industrie und Verwaltung, der Apothekengewerkschaft Adexa sowie dem Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen erarbeitet worden. Mit diesem Papier möchte nun die BAK auf das Bundesgesundheitsministerium zugehen und den Prozess der Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker in Gang setzen.

Und das sind die wichtigsten Punkte des BAK-Positionspapiers:

  • Es soll bei einer einheitlichen Approbation bleiben, dem Bachelor-Master-System wird eine Absage erteilt. Die Approbation soll für alle pharmazeutischen Tätigkeitsbereiche qualifizieren.
  • Das Studium soll um zwei Semester verlängert, die Zulassungszahlen sollen mindestens konstant gehalten werden.
  • Die Gesamtstundenzahl steigt von derzeit 3178 (ohne Wahlpflichtfach) auf 3906 Stunden (ohne wissenschaftliche Arbeit).
  • Der Stundenanteil der Pharmazeu­tischen Chemie sinkt von derzeit 1414 Stunden auf 1344 Stunden. Sie bleibt trotzdem das dominierende Fach mit einem Gesamtstundenanteil von 34,4%. Es folgt die Pharmazeutische Technologie mit 658 Stunden (16,8%), die Pharmazeutische Biologie mit 644 Stunden (16,5%) sowie die Klinische Pharmazie und die Pharmakologie mit jeweils 574 Stunden.
  • Der Anteil der Klinischen Pharmazie steigt von 6% auf 14,7%, der der Pharmakologie von 11% auf 14,7%.
  • Anstelle des Wahlpflichtfachs soll innerhalb des Hauptstudiums eine wissenschaftliche Arbeit angefertigt werden, dafür werden sechs Monate veranschlagt.
  • Die Famulatur soll von vier auf zwei Wochen verkürzt werden.
  • Das praktische Jahr soll in Teilzeit absolviert werden können – Mindestumfang 50% Teilzeittätigkeit.

Wie bewerten Vertreter der Pharmakologie und Klinischen Pharmazie dieses Positionspapier? Die Stellungnahmen der DPhG-Fachgruppe Klinische Pharmazie und der DPhG-Fachgruppe Pharmakologie und Toxikologie geben erste Anhaltspunkte (s. Kasten „Anpassung angemessen“ und Kasten „Inhaltliche Erweiterung begrüßt“). So begrüßen beide Fachgruppen den Stundenzuwachs und die engere Verzahnung der beiden Fächer. Das werde für ein zeitgemäßes Studium dringend benötigt, auch wenn die Fachgruppe Klinische Pharmazie kritisch anmerkt, dass der Lehranteil Klinische Pharmazie im internationalen Vergleich immer noch unterdurchschnittlich repräsentiert ist.

Fachgruppe Pharmakologie und Toxikologie: Anpassung angemessen!

Generell begrüßt die Fachgruppe Pharmakologie und Toxikologie der DPhG das Positionspapier der BAK zu der Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker. Die Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie verzeichnen einen Zuwachs an Stunden, der für ein zeit­gemäßes Pharmaziestudium dringend benötigt wird. In den krankheitsorientierten Modulen des Hauptstudiums sind die Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie miteinander verzahnt: Hierdurch ist es möglich, die pathophysiologischen und -biochemischen Mechanismen mit den daraus resultierenden Angriffspunkten von Arzneimitteln, deren Wirkmechanismen und eine naturwissenschaftlich begründete Pharmako­therapie abzuleiten. Durch die Verzahnung mit der Klinische Pharmazie wird weiterführend das pharmakotherapeutische Vorgehen bei individuellen Patienten nahegebracht. Insofern ist die bisher geplante Reihenfolge der Module für die Ausbildung irreführend - nur mit dem Fachwissen und dem tiefen Verständnis der Pharmakologie sind Verständnis und Vermittlung von Kompetenzen in der Klinischen Pharmazie möglich. Wir fordern daher eine Anpassung der Reihenfolge der Module, so dass die Module der Pharmakologie und Toxikologie vor den Modulen der Klinischen Pharmazie aufgeführt werden. Es muss zudem betont werden, dass Pharmakologie nur von Pharmakologen gelehrt werden kann. Deshalb kann auch ein „Outsourcen“ der Lehre Pharmakologie nicht gutgeheißen werden. Von diesem Mangel abgesehen, sind die Positionen zu den Ausbildungsinhalten einem modernen Pharmaziestudium angemessen. Insbesondere ist die Einführung einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit zu begrüßen. Die Pharmaziestudierenden können dabei die eigenständige wissenschaft­liche Tätigkeit erlernen und werden damit auf ihre Tätigkeit in der Forschung, Industrie und in der Apotheke vorbe­reitet. Zudem werden sie endlich mit anderen Studierenden der Naturwissenschaften gleichgestellt.

Um ein modernes und zukunftsorientiertes Pharmaziestudium weiterhin zu gewährleisten sind die Novellierung der Approbationsordnung mit der einhergehenden Verlängerung der Studienzeit inkl. dem Angebot für eine wissenschaftliche Abschlussarbeit dringend erforderlich. Wir benötigen Apotheker und Pharmazeuten, die zukunftsorientiert ausgebildet werden, um den zukünftigen gesellschaftlichen Anforderungen wie der Überalterung der Gesellschaft oder Pandemien begegnen zu können. Es ist daher zu hoffen, dass die Länder nicht nur diese Novellierung mittragen, sondern sie auch finanzieren. Eine „kostenneutrale“ Lösung ginge zulasten der Anzahl der Studierenden oder der Qualität der Ausbildung und muss daher abgelehnt werden.

Stellungnahme Fachgruppe Pharmakologie und Toxikologie der DPhG

Klinische Pharmazie begrüßt inhaltliche Erweiterung

Die FG Klinische Pharmazie begrüßt das Positionspapier des Runden Tisches zur Novellierung der Approbationsordnung. Die inhaltliche Erweiterung des Faches Klinische Pharmazie innerhalb des Studiums wird mit Nachdruck unterstützt. Die zeitliche Erweiterung bildet den enormen Wissenszuwachs im Fach seit der letzten Novellierung der Approbationsordnung vor mehr als 20 Jahren (!) jedoch nur teilweise ab. Im internationalen Vergleich bewegt sich der Lehranteil trotz der Erweiterung noch immer im unterdurchschnittlichen Bereich. Nichtsdestotrotz erkennt die Fachgruppe Klinische Pharmazie an, dass mit dem vorliegenden Entwurf des Positionspapiers ein Kompromiss gefunden wurde, der den Belangen aller Fächer und insbesondere der Studierbarkeit Rechnung trägt. Eine Verlängerung des Studiums ist aufgrund der gestiegenen Anforderungen an die Apothekerinnen und Apotheker angemessen und ermöglicht zudem die notwendige Einführung einer obligatorischen wissenschaftlichen Arbeit schon während des Studiums. Die vorgeschlagenen Änderungen dienen somit der verbesserten Profilbildung des Berufsstandes der Apotheker als die Arzneimittelspezialisten, die Patienten und allen Heilberuflern beratend zur Seite stehen.

Stellungnahme der DPhG-Fachgruppe Klinische Pharmazie

Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Universität Bonn, war als Mitglied der Ausbildungskommission der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie an der Erarbeitung des Positionspapiers beteiligt. Ist er zufrieden? Wo hätte er sich mehr gewünscht? Wo lauern jetzt die Fallstricke? Wann wird die Stärkung der Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie im Studium tatsächlich ankommen?

Foto: H. Specht, Köln

Prof. Dr. Ulrich Jaehde

DAZ: Herr Professor Jaehde, der Notwendigkeit zur Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker wurde mit dem BAK-Positionspapier noch einmal Nachdruck verliehen. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Jaehde: Zunächst ist es ein Verdienst aller Beteiligten, dass dieser Kompromiss gelungen ist. Es hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass es ohne eine Ausweitung des Studiums auf zehn Semester nicht gehen wird. Alle Fächer hatten ihre Wünsche, denn überall sind in den letzten 20 Jahren viele neue Inhalte dazugekommen. Unumstritten war, dass die Fächer Pharmakologie und Klinische Pharmazie gestärkt werden müssen. Letztlich mussten alle Federn lassen. Immerhin wurde der Pharmakologie und der Klinischen Pharmazie ein Zuwachs der bislang zur Verfügung stehenden Stundenzahl um mehr als das Doppelte zugebilligt. Das stärkt beide Fächer. Zudem werden diese Fächer durch eine stärkere Verzahnung zusätzlich profitieren. Das gilt natürlich umso mehr, je enger diese beiden Disziplinen an den jeweiligen Hochschulstandorten zusammenarbeiten. Aus meiner Sicht ist es ganz besonders erfreulich, dass die Klinische Pharmazie schon im Grundstudium einen Platz haben soll.

DAZ: Wenn man das offizielle Statement der DPhG-Fachgruppe Klinische Pharmazie zu diesem Positionspapier liest (s. Kasten), dann lässt sich daraus trotz allem eine gewisse Enttäuschung herauslesen …
Jaehde: Ja, das ist richtig. Auch wir hätten uns natürlich mehr gewünscht. Und ja, wir werden auch, wenn das ­Positionspapier so umgesetzt wird, im internationalen Vergleich mit unserem Lehranteil immer noch im unterdurchschnittlichen Bereich rangieren. Aber jetzt ist es wichtig, dem BMG zu verdeutlichen, dass die Novellierung der Approbationsordnung über 20 Jahre seit der letzten Anpassung oberste Priorität haben muss.

DAZ: An welcher Stelle musste Ihr Fach am meisten Federn lassen?
Jaehde: Die Pharmakotherapie wurde zwar deutlich aufgewertet, kommt aber im internationalen Vergleich immer noch zu kurz. In anderen Ländern durchzieht sie das gesamte Studium. Mit 14,7% des Gesamtlehranteils, der jetzt der Klinischen Pharmazie zugebilligt wird, werden viele Krankheiten und deren Therapie zu kurz kommen. In engem Schulterschluss mit der Pharmakologie werden wir aber dieses Defizit zumindest teilweise ausgleichen können.

DAZ: Das Pharmaziestudium gilt derzeit als sehr eng getaktet und verschult. Wird es sich mit zwei Semestern mehr entspannen?
Jaehde: Auch das Positionspapier sieht ein sehr dicht gedrängtes Programm vor. Das ist natürlich dem Kompromiss geschuldet. Insgesamt hätte ich mir eine niedrigere Gesamtstundenzahl pro Semester gewünscht, damit mehr Raum zum Vertiefen und Reflektieren bleibt. Mit einer geringeren Stundenlast könnten sich das Verständnis für wissenschaftliche Zusammenhänge und die zu vermittelnden Kompetenzen sicher besser entwickeln.

DAZ: Der BPhD, der ja mit am Tisch saß, hat jetzt dem Positionspapier nicht zugestimmt. Ein wesentlicher Kritikpunkt: die Studierbarkeit, die mit dieser Stofffülle selbst in zehn Semestern nicht zu schultern sei. Haben Sie damit gerechnet? Welche Konsequenzen wird diese Kritik haben?
Jaehde: Nein, damit habe ich nicht ­gerechnet, obwohl die Kritik absolut berechtigt ist. Ich hatte eher damit ­gerechnet, dass die Vertreter der Studierenden am Runden Tisch Nach­besserungen in diesen Punkten fordern. Die Ablehnung des Positions­papiers im Nachhinein wird natürlich den Novellierungsprozess erst einmal verzögern.

DAZ: Unabhängig von der Diskussion, ob das Studium so in der Zeit von zehn Semestern zu schaffen sein wird, die Frage nach den Kosten. Zwei Semester werden mehr Geld kosten. Wird dieses Geld zur Verfügung stehen?
Jaehde: Ohne mehr Geld wird es nicht gehen. Die Einführung der Klinischen Pharmazie vor gut 20 Jahren unter der Maßgabe der Kostenneutralität war ein Geburtsfehler, der sich nicht wiederholen darf, man könnte sogar sagen, der jetzt repariert werden muss.

DAZ: Ein Blick in die Glaskugel oder vielleicht nur ein Wunsch: Wie lange wird der Prozess der Novellierung jetzt noch dauern, wann wird eine dringend notwendige neue Approbationsordnung an den Hochschulstand­orten frühestens umgesetzt werden können?
Jaehde: Das hängt ganz wesentlich davon ab, wie das BMG auf die Initiative der BAK reagieren wird. Aus Sicht der Klinischen Pharmazie würde ich mir natürlich eine rasche Umsetzung wünschen, da die Studierenden die Inhalte des Fachs für die vielfältigen Herausforderungen im Apotheker­beruf dringend benötigen. Realistisch betrachtet, werden wir aber wohl auch weiterhin einen langen Atem brauchen.

DAZ: Herr Professor Jaehde, vielen Dank für das Gespräch. |

1 Kommentar

Konsens Novellierung Approbationsordnung

von Sandra Möller am 18.06.2022 um 18:32 Uhr

Eine sinnvolle Vernetzung der verschiedenen Fachbereiche ist sicher sinnvoll und schon längst überfällig (es demotiviert stark, wenn man verloren in einer Vorlesung sitzt, die dann mit den Worten endet "Die Grundlage für die heutige Vorlesung erhalten Sie dann in drei Wochen bei Prof XY") , ABER:
Das Studium müsste dringend entrümpelt werden! Präparate kochen und spezielle quantitative Analysen die nicht einmal bei Vollchemikern gefordert werden, sollten zur Diskussion gestellt werden. Nach dem Entwurf entfällt immer noch gut ein Drittel auf die pharmazeutische Chemie!
In Zeiten, wo andere Studierende mit einem kurzen Bachelor Abschluss in der Industrie Geld verdienen, von dem ein durchschnittlicher Pharmazeut nur träumen kann, das Studium um 2 Semester verlängern wollen?!
Die Zulassungszahlen sollen mindestens konstant gehalten werden?
Händeringend wird in den Apotheken Personal gesucht, auch Approbierte. Eine Verlängerung eines Studiums (gäbe es damit überhaupt noch einen nach Studienordnung längeren Studiengang ?) bei im Vergleich eher geringen Verdienstmöglichkeiten setzt einem hohen Idealismus voraus und wird mit Sicherheit abschreckend wirken.
Auch das praktische Jahr in Teilzeit zu ermöglichen halte ich für keinen gelungenen Vorschlag und zeugt für die Praxisferne der meisten Vertreter im Gremium. Schon jetzt trift man in Aufsichtsbehörden auf Kolleginnen und Kollegen, die Krankenhaus- und öffentliche Apotheken kontrollieren, selbst aber gerade mal 6 Monate Einblick in Abläufe und damit verbundene Probleme haben. Zudem muss auch der Umgang mit Patienten, Beratung erlernt werden.
Es ist ein Positionspapier, eine Diskussionsgrundlage, doch schaut bitte mal, was die Basis,wirklich braucht.... und zwar zeitnah!

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