Die Seite 3

Nicht notwendig!

Foto: DAZ/Alex Schelbert
Dr. Armin Edalat, 
Chefredakteur der DAZ

Ob zu den Kernaufgaben der Apotheken die Hilfsmittelversorgung zählt oder nicht, darüber lässt sich offenbar streiten. Apothekerinnen und Apotheker werden hauptsächlich dafür ausgebildet, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen. Doch Hilfsmittel spielen zwangsläufig eine Rolle in den Apotheken, weil sie einerseits eng an die Anwendung eines Arzneimittels gekoppelt sein können und andererseits den Menschen zugutekommen, die auf die wohnortnahe und unmittelbare Versorgung durch die Apotheken angewiesen sind. Warum sollten sie Hilfsmittel plötzlich über andere Wege und Geschäfte erhalten, die mitunter gar nicht so gut verfügbar sind? Patientinnen und Patienten benötigen Inkontinenzprodukte, Inhaliergeräte, Pen-Nadeln oder Blutdruckmessgeräte und daher versorgen die allermeisten Apotheken sie damit. Auch wenn das Hilfsmittelgeschäft aus ihrer Sicht in den letzten Jahren immer unattraktiver wurde. Gerade die alle fünf Jahre anstehende Re-Präqualifizierung sowie die zum Teil erforderlichen Genehmigungen führen zu Ärgernissen in den Apotheken. „Augen zu, Zähne zusammenbeißen und durch!“ lautet meistens die Devise, um für die Patientinnen und Patienten trotzdem da sein zu können.

Der GKV-Spitzenverband meint, dass all der Ärger unbegründet sei. Keine Apotheke sei gezwungen, jedes Hilfsmittel vorzuhalten. „Es ­obliegt der freien Entscheidung, ob und welche Hilfsmittel neben den Arzneimitteln angeboten werden und ob die Apotheke hierüber Verträge schließt“, sagt die zuständige Referatsleiterin im DAZ-Interview auf S. 14. Aus Sicht der Kassen sind die Apotheken mit den Hilfsmitteln abseits ihres Kerngeschäftes unterwegs und müssen daher extra Anforderungen erfüllen, die auch an Sanitätshäuser oder Homecare-Unternehmen gestellt werden. Keine Ausnahme, obwohl die Apotheken wahrscheinlich mit zu den bestüberwachten Einrichtungen des Gesundheitswesens zählen. Überhaupt ergibt sich für den GKV-Spitzenverband das Bild, dass in Deutschland 18.500 präqualifizierte Apotheken existieren, in denen das alles „offenbar hervorragend klappt“. In der Presse, also auch in der DAZ, würde man lediglich von Einzelfällen mit negativen Erfahrungen lesen.

Ist da was dran? Die ABDA wäre nicht die ABDA, wenn sie die Not der Apotheken nicht statistisch erfassen und für die Nachwelt aufbereiten würde. Im Apothekenklima-Index, den es seit 2016 gibt, kommt sie jährlich zu dem Schluss, dass die Bürokratie für die Apothekenteams im Berufsalltag das größte Ärgernis ist und der ­Aufwand bei der Hilfsmittelversorgung durchschnittlich zwei Drittel der befragten Inhaberinnen und Inhaber stresst. „Einzelfälle mit negativen Erfahrungen“ würden sich bestimmt nicht so deutlich und konsequent in der Statistik des Klimaindexes halten können.

Was steht also zwischen dem Empfinden der Krankenkassen einerseits und der Situation in den Apotheken andererseits? Die Präqualifizierungsstellen! Allen voran sorgt die ABDA-nahe Agentur für Präqualifizierung (AfP) immer wieder für Unmut unter den Apothekerinnen und Apothekern. Man versuche so gut es geht zu unterstützen, habe aber selbst kaum Einfluss auf die Gestaltung der Versorgung, erklärte der AfP-Geschäftsführer zuletzt gegenüber der DAZ.

Leistungserbringer, Krankenkassen, Präqualifizierungsstellen – sie alle scheinen sich mit den Regeln der Hilfsmittelversorgung zu engagieren, doch immer wieder hakt es an vielen Ecken und Enden. Bemerkenswert ist, dass der ganze Aufwand und Ärger nur deshalb herrscht, weil man meint, damit die Versorgung zulasten der GKV verbessern zu können. Würden die Patientinnen und Patienten die Kosten für die Hilfsmittel selbst übernehmen, sind sich Gesetzgeber und Gesellschaft offenbar einig, dass diese Anforderungen nicht notwendig sind.

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