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Opioid-Verordnungen: zu früh, zu oft oder bei falscher Indikation
Handelskrankenkasse veröffentlicht neuen Gesundheitsreport
Die Daten aus der Versorgungsforschung zeigen für Deutschland ein verändertes Verhalten bei der Verordnung von Schmerzmitteln. Wurde in früheren Jahrzehnten die relativ niedrige Verschreibungshäufigkeit von Opioiden kritisiert, so liegt nunmehr ein hoher Pro-Kopf-Verbrauch von starken und schwachen Opioiden vor, der im Wesentlichen konstant ist. Eine Auswertung der Verschreibungen zwischen 2018 und 2020 zeigt, dass die Anzahl der BtM-Verordnungen kaum angestiegen ist. Befürchtungen, dass auch in Deutschland mit einer Opioid-Krise wie in den USA zu rechnen ist, sind somit unbegründet. Dennoch führen die Verfasser des Opioid-Reports – dahinter stecken die Arbeitsgruppe des vor zwei Wochen verstorbenen Prof. Dr. Gerd Glaeske von der Universität Bremen sowie die Handelskrankenkasse (hkk) – einige Kritikpunkte an. Darunter fällt beispielsweise die leichtfertige Verordnung von Fentanyl, das vor allem aufgrund seiner Zubereitung als Pflaster vielfach bei nicht adäquaten Indikationen verordnet wird. Ein nicht reflektierter und häufiger Einsatz von Fentanyl – auch als Nasenspray oder Lutschtablette – kann zu Opioid-Abhängigkeiten und eine missbräuchliche Falschanwendung zu einer Überdosierung mit Todesfolge führen. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren auf die bereits 2012 von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) veröffentlichte Warnung vor einem unkritischen Einsatz von Fentanyl-Pflastern bei opioidnaiven Patienten hin. Des Weiteren wird der 2022 von der AkdÄ ergänzte Warnhinweis zur Opioidabhängigkeit nach wiederholter Anwendung von transmukosal verabreichtem Fentanyl betont und auf Informationen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hingewiesen. Aus diesen geht hervor, dass das Risiko der Abhängigkeitsentwicklung bei Off-Label-Use, also einer Anwendung außerhalb der behördlichen Zulassung und ohne vorherige klinische Prüfung, erhöht sein kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verordnung von Opioiden bei Arthrose- und Rückenschmerzen. Diese sollten immer zunächst mit Heil- und Hilfsmitteln wie Ergo- oder Physiotherapie und gegebenenfalls zusätzlich mit opioidfreien Analgetika behandelt werden. Die Realität sieht indes anders aus: Rund 80 Prozent der Patientinnen und Patienten mit der Verordnung von WHO-Stufe-III-Opioiden haben keine Krebsdiagnose, sondern erhalten die Schmerzmittel im Rahmen von Diagnosen wie Rückenbeschwerden oder Arthrose. Die Verschreibungen erfolgten fast ausschließlich von Allgemeinmedizinern und Internisten. Die Autoren des Opioid-Reports sehen die Langzeitanwendung von Opioiden außerhalb bestimmter Indikationen kritisch und geben daher folgenden Rat: Sollten Opioide nicht zur Linderung von Tumorschmerzen eingesetzt werden, ist ein Schmerztherapeut hinzuzuziehen, auch um eine Chronifizierung des Schmerzes zu verhindern.
Kritisch hinterfragt wird die fixe Wirkstoffkombination Oxycodon und Naloxon. Nach Ansicht der Autoren des Opioid-Reports können unter Umständen bestimmte Patienten von dieser fixen Kombination profitieren. Allerdings wird die Aussagekraft entsprechender Hersteller-gesponserter Studien als begrenzt und nicht überzeugend eingestuft. In vielen Fällen reiche die Gabe von Oxycodon, gegebenenfalls in Kombination mit einem Laxans wie etwa Macrogol völlig aus, so die Einstufung der Autoren. |
Zum Weiterlesen
Den aktuellen Gesundheitsreport der hkk zu Opioid-Verordnungen finden Sie auf DAZ.online, wenn Sie im Suchfeld den Webcode J2DS6 eingeben.
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