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DAZ aktuell
Mindestens zehn Prozent mehr Honorar
Unterschriftenaktion und Honorarforderung der Apothekerverbände Schleswig-Holstein und Hamburg
Am Anfang der Aktion stand die Unterschriftensammlung in den Apothekenteams. Am 13. September hatten der Hamburger Apothekerverein und der Apothekerverband Schleswig-Holstein ihre Mitglieder aufgefordert, Unterschriften gegen die geplante Erhöhung des Apothekenabschlags zu sammeln. Bundesgesundheitsminister Lauterbach wird dabei aufgefordert, die Arzneimittelversorgung nicht zu gefährden und die vorgesehene Erhöhung des Apothekenabschlags ersatzlos zu streichen. Dazu werden vielfältige Belastungen der Apotheken beschrieben. Als Konsequenz würden sich immer weniger junge Menschen für ein Berufsleben in den Apotheken entscheiden. Die Unterschriften sollten bis zum 19. September an die Geschäftsstellen gesendet werden. Trotz der kurzen Frist sind die Organisatoren in beiden Verbänden von der Resonanz beeindruckt. In Schleswig-Holstein mit 594 Mitgliedsapotheken wurden 1300 Unterschriften gesammelt. In Hamburg mit 363 Mitgliedsapotheken waren es 622 Unterschriften.
Forderung nach mehr Honorar und Anpassungsklausel
Währenddessen entwickelte sich die Aktion weiter. Mit der Übersendung der unterschriebenen Briefe an das Ministerium am 26. September verknüpften die Verbandsvorsitzenden ihre Forderung nach mehr Honorar für die Apotheken. Hans-Günter Lund, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, und Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, unterschrieben in Kiel und Hamburg die gleichlautenden Begleitbriefe an das Ministerium mit dieser Forderung und weiteren Bezügen auf die jüngste politische Entwicklung. Georg Zwenke, Geschäftsführer beider Verbände, koordinierte die Aktion, die mittlerweile auch die Öffentlichkeit erreicht hat. Am 27. September berichtete der NDR über einen „Brandbrief“ der Apotheken in Schleswig-Holstein an Minister Lauterbach.
Lund und Graue erklären in ihren Briefen an Minister Lauterbach, statt die Apotheken mit einem erhöhten Abschlag zusätzlich zu belasten, „müssen dringend und unverzüglich die Zuschläge auf den Arzneimitteleinkaufspreis um mindestens zehn Prozent erhöht werden, allein um die gestiegenen Kosten für Energie, Löhne und Logistik auszugleichen“. Außerdem fordern sie eine „Preisgleitklausel“ für die Arzneimittelpreisverordnung – gemeint ist offenbar ein Regelwerk zur Anpassung an steigende Preise. Zur Begründung verweisen Lund und Graue auf den hohen Einsatz der Apotheken in der Pandemie, den die Bevölkerung als „Selbstverständlichkeit“ genommen habe. Doch nach den geplanten Kürzungen würde es diese selbstverständlich erwarteten Leistungen so nicht mehr geben. Denn die geplante Erhöhung des Apothekenabschlags würde den Apotheken in Schleswig-Holstein 4,2 Millionen Euro und in Hamburg 2,5 Millionen Euro ihres Rohertrags entziehen. Dazu gebe es keine Kompensation. Die neuen Dienstleistungen könnten keinen positiven Beitrag zum Betriebsergebnis leisten, weil sie nur auf Kostendeckungsniveau festgesetzt seien. An steigenden Arzneimittelpreisen würden die Apotheken nicht partizipieren, weil Finanzierungskosten, Zusatzgebühren des Großhandels und Retaxrisiken den Aufschlag zu großen Teilen aufzehren würden. In der PKV komme die Kreditkartengebühr hinzu.
Doch keine faire Lastenverteilung
Während Lauterbach seine Kürzungspläne beim Deutschen Apothekertag mit einer fairen Lastenverteilung begründet hatte, erklären Lund und Graue, die Lasten würden nicht gleichmäßig verteilt. Denn kurz nach dem Vortrag beim Apothekertag sei bekannt geworden, dass eine andere Berufsgruppe sich über 1,4 Milliarden Euro Honorarplus freuen dürfe – gemeint sind die Ärzte. Dies sei den Betreffenden gegönnt, erklären Lund und Graue, ergänzen aber: „Wir fordern legitimerweise mindestens Gleichbehandlung.“ Dazu verweisen sie auf weitere Belastungen der Apotheken, insbesondere durch das Inkassorisiko beim Herstellerrabatt, für das die Apotheken keine Kompensationsmöglichkeit hätten, die kostenfreie Einziehung von Zuzahlungen einschließlich der Übernahme aller Auseinandersetzungen mit zahlungsunwilligen Patienten und das Retaxrisiko. Dies ergebe sich daraus, „dass Krankenkassen berechtigt sind, bei Verstoß der Ärzteschaft gegen Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung den Apotheken trotz medizinisch-pharmazeutisch einwandfreier Versorgung die Vergütung komplett zu verweigern“. Dabei werde nicht einmal der Wareneinkauf erstattet, der zigtausend Euro betragen könne. Weiter schreiben Lund und Graue an den Minister: „Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir weitere Belastungen der Apotheken nicht mehr widerspruchslos hinnehmen können und nicht mehr hinnehmen werden.“
Quantifizierbare Forderung
Mit der Forderung nach mindestens zehn Prozent mehr Zuschlag setzen sich die Apothekerverbände im Norden von der Antragsdebatte beim diesjährigen Deutschen Apothekertag ab. Der in München aktuell beschlossene Antrag mit einer Forderung nach mehr Honorar enthält keine Angabe zum Volumen der Honorarerhöhung und zählt nur in der Begründung denkbare Mechanismen dafür auf. Nun steht jedoch eine in Zahlen fassbare Forderung im politischen Raum. |
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