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10 Jahre AMTS

Arzneimitteltherapiesicherheit im Apothekenalltag etabliert

Gleich zwei Anlässe gab es beim 20. AMTS-Symposium der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Universität Münster zu feiern: Den erfolgreichen Abschluss der 89 frisch gebackenen AMTS-Manager und das zehnjährige Jubiläum des gemeinsamen Apo-AMTS-Konzepts.
Foto: DAZ/Esch

Das aktuelle Abschluss-Symposium der AMTS-Managerinnen und -Manager stand diesmal ganz im Zeichen des erfolgreichen Zusammenschlusses der beiden AMTS-Schulungskonzepte Apo-AMTS und ATHINA (Arzneimitteltherapiesicherheit in Apotheken), ein Verbund aus mittlerweile zwölf AMTS-aktiven Kammern unter der gemeinsamen Bezeichnung ATHINA. Die Veranstaltung eröffnete Prof. Dr. Georg Hempel, Professor für Klinische Pharmazie der Universität Münster, der auf die Entstehungsgeschichte von Apo-AMTS zurückblickte. Ursprünglich wurde das Ausbildungskonzept von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) in Kooperation mit den Professoren für Klinische Pharmazie der Universitäten Münster (Prof. Dr. Georg Hempel), Düsseldorf (Prof. Dr. Stephanie Läer) und Bonn (Prof. Dr. Ulrich Jaehde) entwickelt. Im September 2012 startete Apo-AMTS dann als gemeinsames Projekt der AKWL und der Universität Münster.

Wichtige Zielsetzungen

„Vor zehn Jahren begann das Projekt mit der Zielsetzung, die praktische Apothekerausbildung mit Schwerpunkt Arzneimitteltherapiesicherheit zu optimieren und die Beratungsqualität in den Apotheken zu steigern“, erklärte Hempel. 1250 aktuell zerti­fizierte AMTS-Managerinnen und -Manager und 482 AMTS-qualifizierte Apotheken zeigten den flächendeckenden Erfolg des Projekts. Ein besonders wichtiges Bestreben sei nach wie vor die verzerrte öffentliche Wahrnehmung zu korrigieren, in der Apotheker als Arzneimittellogistiker die Arzneimittel möglichst schnell zu geringen Preisen überall verfügbar halten. Apothekerinnen und Apotheker müssten sich stärker als Arzneimittelspezialisten im ambulanten Bereich etablieren, betonte er. Die ATHINA-Fusion als gebündeltes Konzept mit gemeinsamem Curriculum sei nun ein weiterer essenzieller Schritt zur Steigerung von Akzeptanz und Kompetenz der öffentlichen Apotheken. Diese sollten Orte aktiven Medikationsmanagements sein, an denen sämtliche Fragen rund um Arzneimittel fundiert beantwortet werden können. Eine nicht unerhebliche Verantwortung der Apothekerinnen und Apotheker läge zudem in der Selbstmedikation, deren Risiko bezüglich Interaktionspotenzial und unerwünschter Arzneimittelwirkung häufig unterschätzt würde. Prof. Dr. Georg Hempel begrüßte die Vergütung der pharmazeutischen Dienstleistungen, mahnte jedoch, sich nicht auf dem Erfolg auszuruhen und Medikationsanalyse als festen Bestandteil in den Apothekenalltag zu integrieren.

Gemeinsam Zukunft gestalten

Als Königsdisziplin für die Etablierung von AMTS bezeichnete Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, das Zusammenspiel aus generationenübergreifendem Know-how, das sich aus dem frischen Wissen der jungen Uniabsolventen und der langjährigen Erfahrung älterer Kollegen zusammensetze. Dieses gemeinsame Brennen aller Beteiligten für das Projekt begründe ein Großteil des Erfolgs von AMTS. Und dieser Erfolg spiegele sich in Zahlen wider: 5000 Medikationsanalysen seien in diesen zehn Jahren durchgeführt worden. Eine Zahl, die stolz mache, die aktive Versorgungsforschung bedeute und den ganz besonderen Wert der Kooperation aus Apothekerkammer Westfalen-Lippe mit Dr. Isabel Waltering als ATHINA-Managerin und Prof. Dr. Georg Hempel der Universität Münster zeige. Es wäre jedoch fatal, betonte Overwiening, angesichts dieser großen Zahl, die höher ist als die Zahlen aller Kammern zusammen, in Konkurrenzdenken zu verfallen. Es solle vielmehr Motivation und Vorbild sein, gemeinsam die Arzneimittel­therapiesicherheit in Apotheken und durch Apotheken voranzubringen.

Die Ausrichtung auf die Arzneimitteltherapiesicherheit stelle die Zukunftsorientierung des Apothekers unter Beweis, denn „der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“, zitierte Overwiening Willy Brandt.

Nicht zuletzt spiele das richtungsweisende Konzept von Apo-AMTS/ATHINA eine tragende Rolle bei der Etablierung der pharmazeutischen Dienstleistungen „erweiterte Medikations­beratung bei Polymedikation“ und „pharmazeutische Betreuung von onkologischen und organtransplantierten Patienten“. Ein Neuland, das gemeinsam von Apothekern und Ärzten betreten werden sollte, um Therapieziele zum Wohle des Patienten umzusetzen. „Lasst uns gemeinsam diese wichtigen Dienstleistungen flächen­deckend in unseren Apotheken ver­ankern“, motivierte ABDA-Präsidentin Overwiening.

Foto: DAZ/Esch

Dr. Isabel Waltering ist als ATHINA-Koordinatorin Mentorin, Organisatorin und Herzstück des Lehr- und Versorgungsforschungskonzepts.

Eine zentrale Rolle

Ein besonderer Dank galt ATHINA-Koordinatorin Dr. Isabel Waltering, ohne die zehn Jahre Apo-AMTS/ATHINA nicht den gleichen Erfolg erreicht hätte, hob Hempel hervor. Als Mentorin, Organisatorin und Herzstück des Lehr- und Versorgungsforschungskonzepts sorge sie nicht nur für die nötige Kompetenz und Praxiserfahrung, sondern versprühe eine Begeisterung, die mitreißt. „170 neu angemeldete Teilnehmer zeigen, dass wir vor zehn Jahren richtig entschieden haben und auf einem guten Weg sind“, freute sich Waltering. Sie wies darauf hin, dass ausschließlich die Apothekerkammer Westfalen-Lippe auch Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) zum AMTS-Manager ausbilde und lobte die bemerkenswerte Arbeit der Uniabsolventen. Medikationsmanagement gehöre un­abdingbar zum Basiswissen und damit auch zur Ausbildung der angehenden Apothekerinnen und Apotheker.

Die Absolventen

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen natürlich die 89 AMTS-Absolventinnen und Absolventen, die das AMTS-Schulungsprogramm aus drei Intensivseminaren und fünf Medika­tionsanalysen erfolgreich gemeistert haben und nun die ATHINA-Zertifikat-Auszeichnung erhielten. Die Ergeb­nisse vier ausgewählter Medikationsmanagements wurden ausschließlich von Pharmazeuten im Praktikum vorgetragen, um die Bedeutung des Apothekennachwuchses für die Etablierung des zukunftsorientierten ATHINA-Konzepts zu unterstreichen.

„Klein, aber fein“ – Marvin Taterra, Pharmazeut im Praktikum in der Schinkel-Apotheke in Osnabrück, optimierte in seiner Medikationsanalyse die Nitrat-Therapie eines Angina-pectoris-Patienten leitliniengerecht durch Ergänzung eines Nitrosprays zur Anfallkupierung. Weiterhin thematisierte er wichtige CYP-Inter­aktionen bei Statin-Einnahme und beschrieb eine kritische Abwägung alternativer Cholesterol-Senker.

„I take my furosemide at night“ – Ann-Christin Stengel, die einen Teil des pharmazeutischen praktischen Jahres bereits bei Rottendorf Pharma und in der Südapotheke Münster absolvierte und dieses aktuell in der Krankenhausapotheke Paderlog in Paderborn abschließt, stellte in ihrem Vortrag eine fundierte Dosisanpassung der Polymedikation auf Basis von Laborwerten vor und legte einen besonderen Fokus auf die Verbesserung der antidiuretischen Therapie des multimorbiden Patienten.

„Mr. Bombastic!“ – Paul Bühlbecker, Pharmazeut im Praktikum in der Alten Apotheke 1691 in Bochum, zeigte in seiner Medikationsanalyse eindrucksvoll die Relevanz regelmäßiger Patientenkommunikation, ohne die Fehl­medikation und unerwünschte Arzneimittelwirkungen vorprogrammiert sind.

„Wham! Last kidney!“

– Zum Abschluss veranschaulichte Nadine Kamionka, ebenfalls PhiP in der Krankenhausapotheke Paderlog in Paderborn, das Risiko eines akuten Nierenversagens bei einem Triple Whammy, einem dreifachen „Medikamenten-Schlag“ gegen die Niere und unterstrich den Stellenwert des Entlass­managements.

Foto: DAZ/Esch

Die Veranstaltung endete in einem stimmungsvollen Get-together im Foyer des Pharmacampus mit Sektempfang und Fingerfood.

Es geht noch weiter

Um die pharmazeutische Kompetenz auf dem Gebiet der Arzneimitteltherapiesicherheit zu verstetigen, ist eine kontinuierliche Re-Akkreditierung von entscheidender Bedeutung, die mit Fortbildungsveranstaltungen und Durchführung zusätzlicher Medika­tionsanalysen verbunden ist. „Unsere Arbeit ist noch nicht getan“, erklärte Professor Hempel mit Nachdruck. „Wir müssen dranbleiben, diese urpharmazeutische Tätigkeit des Medikationsmanagements in den öffent­lichen Apotheken aktiv und routinemäßig durchführen und zeigen, dass wir damit einen Mehrwert für den Patienten schaffen.“ |

Apothekerin Judith Esch

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