Gesundheitspolitik

E-Rezept via eGK ab Juli

Lauterbach sieht baldigen Start des dritten Einlösewegs, KBV dämpft Erwartungen

ks/jb | Ab Juli sollen Versicherte in ganz Deutschland E-Rezepte mit ihrer Versichertenkarte abrufen können. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an. Die Kassenärztliche Bundes­vereinigung (KBV) dämpfte allerdings sogleich zu große Erwartungen, dabei hatte neben den Apotheker:innen auch die Ärzteschaft auf diesen Einlöseweg gedrungen.

Elektronische Rezepte sollen nach Angaben von Minister Lauterbach schon ganz bald in die Versorgung einziehen: „Das E-Rezept ist endlich alltagstauglich“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vergangene Woche Dienstag. Er kündigte an: „Zum 1. Juli 2023 können Patienten das erste Mal das E-Rezept in den Apotheken ganz einfach mit ihrer Versichertenkarte abrufen. Bis Ende Juli werden voraussichtlich schon 80 Prozent der Apotheken in Deutschland an das System angeschlossen sein.“

Einlösewege überzeugen bislang nicht

Der bundesweite Start des E-Rezepts hat sich bekanntlich immer wieder verzögert. Eine große Hürde ist nach wie vor, dass die bisherigen Einlösewege kaum überzeugen: Die Gematik-E-Rezept-App lässt sich noch immer nicht problemlos von allen Versicherten nutzen, der Ausdruck des Rezept-Codes auf Papier ist ohnehin nur ein Notbehelf. Apotheker- und Ärzteschaft hatten darauf gedrungen, die Einlösung auch via elektronischer Gesundheitskarte (eGK) zu ermöglichen – doch erste Bemühungen in diese Richtung scheiterten am Veto des Bundes­datenschutzbeauftragten. Die Kassenärztliche Vereinigung in Westfalen-Lippe hatte daraufhin den Rollout des E-Rezepts nicht weiter vorangetrieben. Die KV in Schleswig-Holstein hatte sich sogar noch vor Westfalen-Lippe aus dem Rollout verabschiedet, weil die Datenschützer den eigentlich niemals vorgesehenen Versand des E-Rezept-Tokens via SMS und E-Mail untersagt hatten.

Mittlerweile hat die Gematik jedoch den komplett digitalen Einlöseweg technisch ermöglicht – und die Datenschützer haben ihn auch abgesegnet. Künftig sollen Patienten ihre eGK einfach in der Apotheke in ein Lesegerät stecken können, um den E-Rezept-Abruf zu ermöglichen

Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, rückte Lauterbachs Aussage, dass bis Ende Juli voraussichtlich alle Apotheken „an das System angeschlossen“ sein werden, zurecht. „Diese Äußerung ist missverständlich und irreführend. Alle Apotheken in Deutschland sind bereits seit dem 1. September 2022 an das E-Rezept-System angebunden und somit technisch in der Lage, E-Rezepte zu empfangen. Wenn E-Rezepte beispielsweise ausgedruckt oder über die Gematik-App zu uns kommen, können wir sie jetzt schon beliefern!“

Apotheken sind sehr weit

Offenbar beziehe sich die Äußerung des Ministers auf den neuen Einlöseweg. Auch hier seien die Apotheken sehr weit. „Innerhalb des Monats Juli werden voraussichtlich alle Apotheken den eGK-Einlöseweg anbieten können“, so Rüdinger. Entscheidend ist hier, wie schnell die Softwarehäuser die neue Option zur Verfügung stellen. Fraglich ist Rüdinger zufolge allerdings, ob die Ärzte diese neue, digitale Verordnungsvariante dann auch nutzen werden. Dabei ändert sich nach Angaben der Gematik für die Abläufe in den Arztpraxen gegenüber der bisherigen Ausstellung der E-Rezepte gar nichts. Die Ärztinnen und Ärzte legen die E-Rezepte im Fachdienst ab. Der Einlöseweg ist dafür völlig unerheblich, über diesen entscheidet allein der Patient. Entscheidend für den Erfolg des E-Rezept-Abrufs via eGK ist der grundsätzliche Wille der Ärzteschaft, E-Rezepte auszustellen.

Daran könnte es offenbar wirklich hapern. Denn auch die KBV sah sich veranlasst, Lauterbachs Aussagen zu kommentieren – und schraubte zu große Erwartungen zurück.

KBV pocht auf stufenweise Einführung

Vorstandsmitglied Sibylle Steiner sagte: „Um Missverständnissen und falschen Erwartungen vorzubeugen: Derzeit sind die Details noch unklar, wie das E-Rezept in Verbindung mit der elektronischen Gesundheitskarte eingelöst werden kann“. Außerdem sehe die derzei­tige Beschlusslage der Gematik immer noch vor, dass eine Einführung stufenweise erfolgen solle – startend unter anderem in West­falen-Lippe und Schleswig-Holstein. „Die Kommunikation seitens des Ministers ist unglücklich, da der Eindruck erweckt wird, ab 1. Juli könne bundesweit in allen Arztpraxen das E-Rezept ausgestellt werden“, erklärte die KBV-Vorständin.

2024 kommt die Pflicht

Mit dem Unwillen, E-Rezepte auszustellen, soll dann im kommenden Jahr Schluss sein. Der Bundesgesundheitsminister hat angekündigt, dass elektronische Verordnungen 2024 Pflicht werden sollen. Über eine Anbindung an die Telematikinfrastruktur sollten alle Vertragspraxen mittlerweile verfügen, da beispielsweise elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen schon seit einer Weile obligatorisch sind. Unklar ist allerdings, inwiefern die Praxisverwaltungssysteme bereits fit fürs E-Rezept sind. Laut TI-Score der Gematik haben zahlreiche Anbieter keinen Angaben dazu gemacht. Es bleibt also spannend, ob es mit der verpflichtenden Ausstellung von E-Rezepten im kommenden Jahr wirklich klappt. |

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