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Wir wollen einen Betriebsrat

Vereinfachtes Wahlverfahren erleichtert den Weg

Auch wenn Betriebsräte in den Apotheken leider nicht die Regel sind, zeigt die Erfahrung: Sie sind für Beschäftigte und Apothekenleitung vorteilhaft! Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurde 2021 außerdem das Verfahren für kleine Betriebe vereinfacht.
Foto: magele-picture/AdobeStock

Immer wieder gehen bei ADEXA Anfragen zur Gründung eines Betriebs­rates ein. Ein Blick auf die Voraus­setzungen, Abläufe und Vorteile:

Beide Seiten können profitieren

Generell gilt: Ein Betriebsrat in der Apotheke kann die Kommunikation zwischen Apothekenleitung und Team wesentlich verbessern und für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit sorgen. Punkte, die dem Team auf der Seele liegen, werden von der persönlichen Ebene weg auf eine offiziellere verlegt.

Die Rolle als Betriebsrat stärkt für Verhandlungen, denn viele Beschäftigte haben Schwierigkeiten, für sich selbst bei ihrem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin etwas anzusprechen. Sich für das gesamte Team einzusetzen und das ausgestattet mit genau dieser Aufgabe, fällt vielen leichter. Der besondere Kündigungsschutz gibt dabei zusätzlich Sicherheit.

Mit der Aufgabe als Betriebsrats­mitglied werden Sie sich persönlich weiterentwickeln, sowohl durch die Tätigkeit selbst als auch durch Schulungen, auf die Sie einen gesetzlichen Anspruch haben.

Auch die Inhaberinnen und Inhaber profitieren von ihrem Betriebsrat. Viele Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Teams in Betrieben mit Betriebsrat produktiver arbeiten. Es gibt weniger Fluktuation unter den Beschäftigten und durch die an vielen Stellen gut verhandelten Arbeitsbe­dingungen sind Zufriedenheit und Motivation größer.

Aufgaben des Betriebsrates

Betriebsräte achten darauf, dass alle geltenden gesetzlichen und tariflichen Regelungen eingehalten werden. Das gilt auch für den Arbeitsschutz. Sie beantragen konkrete Maßnahmen und setzen sich für die Gleichstellung, für Fort- und Weiterbildungen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Damit das möglich ist, müssen Arbeitgeber ihre Betriebsräte umfassend und rechtzeitig informieren.

Betriebsräte haben Mitbestimmungsrechte, die für die Beschäftigten auch in Apotheken von großer Bedeutung sind. Sie bestimmen mit, wenn eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, und müssen beteiligt werden, zum Beispiel wenn es um die Arbeitszeiten der Beschäftigten geht. Auch die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans kann nicht ohne den Betriebsrat erfolgen. Und wenn zwischen Apothekenleitung und einzelnen Beschäftigten keine Einigung über die Lage des Urlaubs erzielt werden kann, bestimmt der Betriebsrat ebenfalls mit.

Diese und weitere Mitbestimmungsrechte sind im Betriebsverfassungsgesetz aufgeführt (§ 87 BetrVG). Auch vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat anzuhören (§ 102 BetrVG).

Betriebsverfassungsgesetz: www.gesetze-im-internet.de/betrvg/

Das vereinfachte Wahlprozedere

In den meisten Apotheken wird das vereinfachte Verfahren für die Wahl anwendbar sein.

Der erste Schritt: Laden Sie zu einer Wahlversammlung ein, auf der der Wahlvorstand gewählt wird. Zu dieser Versammlung können drei wahlberechtigte Beschäftigte des Betriebes einladen und Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen.

Die Einladung kann auch durch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft erfolgen. Melden Sie sich gern bei ADEXA, wenn Sie Mitglied sind und Unterstützung für die Betriebsratswahlen wünschen.

Ist der Wahlvorstand gewählt, findet innerhalb von einer Woche die Wahlversammlung statt, auf der der Betriebsrat in geheimer und unmittel­barer Wahl gewählt wird. Wenn wahlberechtigte Beschäftigte nicht teilnehmen können, haben sie die Möglichkeit zur schriftlichen Stimmabgabe.

Wer kann einen Betriebsrat gründen? Zur Gründung reichen drei Beschäftigte; mindestens fünf müssen in der Einzelapotheke bzw. im Filialverbund wahlberechtigt sein. Drei von ihnen müssen die Voraussetzung zur Kandidatur erfüllen.

Wer kann als Betriebsrätin bzw. Betriebsrat kandidieren? Kandidieren kann jede und jeder Beschäftigte, wenn sie länger als sechs Monate im Betrieb arbeiten, wahlberechtigt und über 18 Jahre alt sind.

Wer wählt den Betriebsrat? Alle Angestellten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und am Tag der Wahl im Betrieb angestellt sind, sind wahlberechtigt. Auch Teilzeitbeschäftigte inklusive Minijobber gehören dazu.

Wann kann man einen Betriebsrat gründen? Die nächsten regulären Wahlen finden zwar erst 2026 statt. In Apotheken ohne Betriebsrat kann die erstmalige Wahl aber jederzeit durchgeführt werden.

Welches Verfahren ist für unsere Apotheke richtig? Es gibt zwei Möglichkeiten für Betriebe, in denen bisher noch kein Betriebsrat existiert: das reguläre und das vereinfachte zwei­stufige Wahlverfahren. Welches Verfahren zulässig ist, hängt von der Zahl der Beschäftigten ab. Bei 5 bis 100 wahl­berechtigten Beschäftigten gilt das vereinfachte zweistufige Wahlverfahren.

Dürfen Arbeitgebende die Gründung eines Betriebsrates verhindern? Nein, Betriebsratswahlen sind umfassend gesetzlich geschützt und die Behinderung einer Betriebsratsgründung kann sogar strafbar sein (§ 119 BetrVG). Wenn die Apothekenleitung sich abweisend zeigt, hilft vielleicht der Hinweis auf die Vorteile für beide Seiten. Ein Betriebsrat kann auch der Chefin oder dem Chef die Arbeit sehr erleichtern.

Wie arbeiten Betriebsräte? Ein Interview mit PTA Michaela Jäger über ihre langjährige Tätigkeit als Betriebsrätin – mit praktischen Tipps für angehende Betriebsratsmitglieder – finden ADEXA-Mitglieder in Spektrum 3/2022 (online unter: www.adexa-online.de/mitglieder/mitgliederbereich/spektrum/spektrum-pdf-archiv/)

Das Betriebsräte­modernisierungsgesetz

Wahlvorschläge werden durch Unterschriften von wahlberechtigten Kolleginnen und Kollegen unterstützt. In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Beschäftigten sind diese Unterschriften nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz nicht mehr nötig. In Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern müssen zwei Unterschriften gesammelt werden. Auch das wird in großen Apotheken oder Filialverbünden leicht möglich sein.

Die Anfechtbarkeit von Betriebsratswahlen wurde eingeschränkt und der Kündigungsschutz auch für Beschäftigte, die die Wahlen vorbereiten, wurde gestärkt.

Präsenzsitzungen gehen noch immer vor. Betriebsräte dürfen jetzt aber auch Sitzungen als Video- oder Telefonkonferenz durchführen.

Die Mitbestimmungsrechte wurden ergänzt. Betriebsräte bestimmen jetzt auch über die Ausgestaltung von mobiler Arbeit mit, die in den Pandemiemonaten auch in den Apotheken zum Thema wurde und hinsichtlich einiger Tätigkeiten möglich ist.

Aktiv werden

Hat in Ihrer Apotheke schon jemand die Initiative ergriffen? Sprechen Sie Ihre Kollegen doch einmal an. Beratschlagen Sie sich, machen Sie sich die Vorteile bewusst und dann gilt: Einfach machen! Die Vorteile für alle Beteiligten sind den Aufwand allemal wert. |

Christiane Eymers, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei ADEXA und Business Coach (IHK)

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