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Am 14. Juni wird protestiert!
Kammern und Verbände rufen zur Teilnahme auf / ABDA unterstützt Protesttag
Noch vor dem vergangenen Wochenende erreichte die Mitglieder einiger Apothekerorganisationen ein Brief, in dem sie darüber informiert wurden, dass für Mittwoch, den 14. Juni, bundesweit Proteste vorgesehen sind. Die Apothekerkammer Niedersachsen legt noch einen drauf: Sie plant am 12. Juni von 15 bis 17 Uhr einen Aktionstag mit „einer bunten und auffälligen Performanceaktion in der Altstadt von Hannover“. Unter dem Motto „Uns geht die Puste aus!“ wolle man „die Öffentlichkeit und die Politik darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Apotheke vor Ort ist“, so Kammerpräsidentin Cathrin Burs in einem Brief.
Protest lebt vom Mitmachen
„Die Aktion lebt davon, dass Apothekerinnen und Apotheker, PhiP, PTA sowie andere Mitarbeitende aus den Apotheken anwesend sind und mit den Passanten und Gästen über die angespannte Situation in den Apotheken sprechen“, heißt es in dem Aufruf. Es wird um eine Anmeldung bis zum 31. Mai per E-Mail bei der Pressestelle unter presse@apothekerkammer-nds.de gebeten. Infomaterial werde Ende Mai zur Verfügung gestellt.
Mitmachen ist auch die Devise für den 14. Juni. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Hans-Peter Hubmann, fordert alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich am Protesttag am 14. Juni zu beteiligen. Die Apotheken hätten trotz steigender Kosten und Inflation in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung erhalten. „So kann es nicht weitergehen. Wir müssen die Bevölkerung und die Politik dringend auf unsere schwierige Lage hinweisen.“
Overwiening: „Bundesregierung hat Protesttag provoziert“
Die ABDA unterstützt die bundesweite Schließung von Apotheken am Mittwoch, den 14. Juni. Das hat der Geschäftsführende Vorstand beschlossen, wie aus einem Brief an die Verbände und Kammern hervorgeht. Neben der Erklärung des 14. Juni zum Protesttag werde zudem der diesjährige Tag der Apotheke am 7. Juni unter ein politisches Leitmotiv gestellt. „Beides zeigt die unbedingte Entschlossenheit der Apothekerschaft“, heißt es in dem Brief. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärt darin: „Für unseren Berufsstand steht fest: Die Bundesregierung hat diesen Protesttag provoziert.“ Sie destabilisiere die Arzneimittelversorgung in Deutschland, indem sie die Probleme der öffentlichen Apotheken in ihren Gesetzesvorhaben immer wieder übergehe. Jeden Tag müssten Apotheken dicht machen und der Nachwuchs sehe unter den gegebenen Bedingungen keine wirtschaftliche Perspektive, in die Selbstständigkeit zu gehen. „Darauf müssen wir aufmerksam machen“, betont Overwiening.
Die ABDA habe in den vergangenen Wochen bereits auf verschiedene Weise auf die Forderungen der Apothekerschaft hingewiesen – allerdings deute nichts darauf hin, dass „die Bundespolitik auf diese Forderungen eingehen will“. Eine Umfrage der ABDA bestätige den Kurs. Mehr als 80% der befragten Apothekerinnen und Apotheker befürworte es, die Apotheken bei Aufrechterhaltung der Notversorgung für einen Tag zu schließen.
Patientinnen und Patienten können mit Infomaterial der ABDA über die Schließungen und deren Gründe aufgeklärt werden. Angeschlossen ist eine Bitte, sich in den kommenden Wochen gut vorzubereiten: „Der Erfolg des Protesttages hängt maßgeblich von einer großen, flächendeckenden Teilnahme ab.“
Zum Tag der Apotheke am 7. Juni werde mit jungen Apothekerinnen und Apothekern die Aktion „Gegen Zukunftsklau“ gestartet. Einen Tag zuvor wird es dafür am 6. Juni eine „Schulterschluss-Pressekonferenz“ in Berlin geben, die die Botschaft vermitteln soll: „Immer weniger Apotheken, eine von Engpässen geprägte Patientenversorgung, zehn Jahre Honorar-Stillstand bei den Apotheken und bisher keine Einsicht der Bundesregierung – so kann und darf es nicht weitergehen!“ Auch für den Tag der Apotheken wird die ABDA nach eigenen Angaben Informationsmaterial zur Verfügung stellen. |
Volles Risiko – warum der Protesttag ein Erfolg werden muss
Ein Kommentar
Maximale Eskalation: Die ABDA erklärt den 14. Juni zum Apotheken-Protesttag. Auch Schließungen werden unterstützt – dazu aufrufen kann sie naturgemäß nicht, da auch die 17 Apothekerkammern zu ihren Mitgliedsorganisationen zählen. Doch zwischen den Zeilen ist die Botschaft sehr deutlich. Nun ist es an den Inhaberinnen und Inhabern zu zeigen, wie ernst es ihnen mit der Forderung nach einer fairen Vergütung ist.
Dabei steht viel, wenn nicht alles auf dem Spiel: Floppt das Projekt Apothekenstreik, braucht sich die Apothekerschaft auf absehbare Zeit mit Honorarforderungen in Berlin nicht mehr blicken lassen. Denn warum sollte die Politik Geld in eine Infrastruktur stecken, deren Akteure sich mit der aktuellen Situation offenbar arrangieren können? Dieser Eindruck darf auf keinen Fall entstehen, will man wirklich etwas verändern. Darum muss die Apothekerschaft dieses eine Mal etwas zeigen, das ihr nicht unbedingt im Blut liegt: Geschlossenheit.
Als Verstärker des Aufrufs in den Berufsstand hinein sind jetzt die Verbände gefragt. Sie stehen den Inhaberinnen und Inhabern deutlich näher als die Bundesorganisation in der fernen Hauptstadt, kennen die regionalen Besonderheiten und genießen im Idealfall das Vertrauen ihrer Mitglieder. Während den Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts ein Stück weit die Hände gebunden sind, müssen die Verbände als private Vereine kein Blatt vor den Mund nehmen. Dieser Verantwortung gilt es sich jetzt zu stellen.
Zugleich ist es an den Apothekenteams vor Ort, den Protest mit Leben zu füllen. In den vergangenen Monaten war die ABDA immer stärker unter Druck geraten. Viele Kolleginnen und Kollegen hatten vehement einen bundesweiten Streikaufruf ihrer obersten Standesvertretung gefordert. Nun spielt die ABDA den Ball zurück zur Basis – und diese muss jetzt beweisen, dass sie bereit ist, diesen Schritt wirklich zu gehen, auch in den Ballungszentren und ganz besonders in Berlin vor der Haustür der Bundestagsabgeordneten.
Möglichst flächendeckende Schließungen können dabei nur das Minimalziel darstellen. Ein wichtiges Element wird sein, auch die (lokalen) Medien, die Politik und letztlich die Patientinnen und Patienten abzuholen und über die Hintergründe des Protests aufzuklären. Diesen Einsatz müssen die Teams vor Ort bringen. Noch ist genug Zeit, um E-Mails zu schreiben, Einladungen auszusprechen und sich zu überlegen, wie man welche Botschaften knackig und für Laien verständlich transportieren kann. Und auch wer zum Notdienst verdammt ist, kann an diesem Tag zumindest allen Patientinnen und Patienten einen Infoflyer in die Hand drücken. Wegducken kann sich jetzt niemand mehr.
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