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Beratung
Unruhige Zeiten
Unterstützung aus der Apotheke bei typischen Beschwerden im ersten Lebensjahr
Im ersten Lebensjahr verläuft die Entwicklung von Kindern rasant. Neben vielen beglückenden Momenten ist sie für Eltern und weitere Bezugspersonen jedoch auch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Über die Abgabe von Fieberzäpfchen und Zahnungstropfen hinaus können Apothekenmitarbeiter weitere hilfreiche Tipps zur Bewältigung der unruhigen Zeiten geben.
Fieber nicht zwangsläufig senken
Wenn beim Baby nach einem unruhigen Tag am Abend eine erhöhte Körpertemperatur gemessen wird, ist wenigstens die Ursache der Unruhe geklärt. Bei rektaler Messung liegt eine subfebrile Temperatur im Bereich zwischen 37,5 °C und 38 °C, der Bereich > 38 °C bis 38,9 °C ist als mäßiges Fieber, Körpertemperaturen ≥ 39 °C sind als hohes Fieber definiert. Ausgelöst wird Fieber durch endogene und exogene Pyrogene. Zu den exogenen Pyrogenen zählen Toxine von Bakterien und bakterielle und virale Zerfallsprodukte, zu den endogenen Interleukine (IL) wie IL-1 und IL-6. Exogene Pyrogene stimulieren Makrophagen zur Produktion der genannten Interleukine, die verschiedene Immunreaktionen in Gang setzen. Als Folge davon werden Prostaglandine (PG) wie PG-E2 gebildet, die im Hypothalamus den Sollwert für die Körpertemperatur höherstellen. Um diesen zu erreichen, steigert der Körper die Wärmeproduktion durch Muskelzittern und verringert die Wärmeabgabe durch Vasokonstriktion der peripheren Blutgefäße in der Haut und den Extremitäten sowie die Hemmung des Schwitzens. Die höhere Körpertemperatur führt zur Hemmung der Vermehrung von Bakterien und Viren und zur Steigerung der Aktivität von Immunzellen wie neutrophilen Granulozyten. In der Entfieberungsphase kommt es zur Vasodilatation der Hautgefäße und zum Schwitzen, da dann der Sollwert der Körpertemperatur wieder im Normalbereich liegt und die überschüssige Wärme abgegeben werden muss [1]. Bei Babys befinden sich die Schweißdrüsen noch in der Ausreifungsphase, sodass sie gegebenenfalls Unterstützung bei der Wärmeregulation benötigen. Fühlt sich beispielsweise die Haut im Nacken feucht oder heiß an, müssen Kleidungsstücke ausgezogen werden.
Säuglinge müssen zum Kinderarzt
Eltern von Säuglingen neigen aus Angst vor einem Fieberkrampf dazu, frühzeitig fiebersenkende Wirkstoffe anzuwenden und bevorraten sich häufig für diesen Fall bereits in symptomfreien Zeiten mit Suppositorien oder Säften. In der Beratung sollte darauf hingewiesen werden, dass Fieber eine physiologische Reaktion des Körpers ist, die die Aktivierung des Immunsystems zum Ziel hat. Eine Fiebersenkung ist daher nicht in jedem Fall sinnvoll. Im Säuglingsalter sollte bei Fieber immer ein Kinderarzt konsultiert werden. Denn neben bakteriellen und viralen Infektionen können auch Autoimmunerkrankungen die Ursache sein. Für die Diagnose ist es hilfreich, wenn der Temperaturverlauf durch mehrere Messungen gut dokumentiert wurde. Am zuverlässigsten sind digitale Fieberthermometer. Auch Ohrthermometer erlauben die Messung der Körperkerntemperatur. Entzündungen im Ohr oder Ohrenschmalz können jedoch das Ergebnis verfälschen. Außerdem sollten Eltern das Baby gut beobachten, um dem Arzt Auskunft über dessen Verhalten und gegebenenfalls weitere Symptome wie Berührungsempfindlichkeit oder veränderte Atmung geben zu können.
Fieberkrampf beunruhigt Eltern
Laut der Leitlinie „Fieberkrämpfe bei Kindern“ treten diese bei zwei bis fünf Prozent aller Kinder zwischen dem sechsten Lebensmonat und dem sechsten Lebensjahr mit einem Gipfel um das zweite Lebensjahr auf, wobei Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Ein Fieberkrampf ist definiert als ein epileptischer Anfall, der unter Fieber (Temperatur ≥ 38 °C) auftritt. Er bleibt bei zwei Dritteln der betroffenen Kinder ein einmaliges Ereignis. Bei 96% entwickelt sich keine Epilepsie als Folge des Fieberkrampfes, obwohl dies häufig befürchtet wird. Das Miterleben eines Fieberkrampfes ist für Eltern dennoch sehr belastend. Zudem sorgen sie sich häufig vor negativen Folgen für die geistige Entwicklung des Kindes, die jedoch Erhebungen zufolge unberechtigt sind. In der Leitlinie wird aus aktuellen Untersuchungen das Fazit gezogen, dass eine Fiebersenkung nicht das Auftreten eines Fieberkrampfes verhindert. Das Risiko für ein Rezidiv während des gleichen Infektes kann aber durch Antipyrese mit Paracetamol oder Ibuprofen (s. Tab.) möglicherweise gesenkt werden [2].
Präparate (Beispiele) | Hauptinhaltsstoffe | Bemerkungen / Anwendung |
---|---|---|
Blähungen | ||
sab simplex® Suspension, Lefax® Pump Liquid Suspension | Simeticon | in Flüssigkeit oder in der Flaschennahrung verabreichen |
Carum carvi Baby-Kümmelzäpfchen | homöopathischer Auszug aus Kümmel | |
Carum carvi comp. Säuglingszäpfchen | homöopathische Kombination, u. a. Kümmelfrüchte | ab drei Monaten |
Weleda Bäuchlein-Massageöl | ätherische Öle aus Kamille, Kardamom, Majoran; Mandelöl | Massage im Uhrzeigersinn um den Bauchnabel, zu den Beinen hin ausstreichen |
Fieber | ||
Ben-u-ron® 75 oder 125 mg Zäpfchen Paracetamol-ratiopharm® 125 mg Zäpfchen | Paracetamol | Dosierung nach Alter und Körpergewicht: 10 bis 15 mg/kg KG als Einzeldosis, bis maximal 60 mg/kg KG als Tagesgesamtdosis |
Ibu-ratiopharm® Fiebersaft für Kinder 20 mg/ml | Ibuprofen | ab drei Monaten (5 kg Körpergewicht) Dosierung nach Alter und Körpergewicht: 7 bis 10 mg/kg KG als Einzeldosis, bis maximal 30 mg/kg KG als Tagesgesamtdosis |
Nurofen® junior 60 mg Zäpfchen | Ibuprofen | ab drei Monaten (6 bis 8 kg Körpergewicht) |
Erkältungssymptome | ||
Babix®-Inhalat N | Eucalyptus- und Fichtennadelöl | nur auf die Wäsche (Bettwäsche, Kleidung), nicht im Gesichtsbereich auftragen |
Transpulmin® Babybalsam mild | Lavendel-, Sternanis- und Thymianöl | ab drei Monaten |
Rhinodoron® Nasenspray | Kalium- und Natriumchlorid, Aloe vera | 2 bis 6 × 1 Sprühstoß |
Olynth® salin Nasentropfen | isotone Salzlösung | |
Monapax® Sirup | homöopathische Kombination | Tropfen ab drei, Sirup ab sieben Monaten |
Verstopfung | ||
Kinderlax® elektrolytfrei | Macrogol | sechs Monate bis zwölf Jahre |
Babylax® 50% Rektallösung | Glycerol | ½ bis 1 Rectiole in den Enddarm geben |
Lecicarbon® S CO2 Laxans | Natriumhydrogencarbonat, Natriumdihydrogenphosphat | bis ein Jahr, danach Lecicarbon® K |
Mund- und Windelsoor | ||
Infectosoor® Zinksalbe | Miconazol, Zinkoxid | |
Multilind® Heilsalbe | Nystatin, Zinkoxid | |
Mykoderm® Heilsalbe | ||
Nystaderm® Paste | ||
Nystaderm® Mundgel | Nystatin | wegen der Gefahr der Aspiration nicht nahe dem Rachen anwenden |
Zahnungsbeschwerden | ||
Dynexan® Mundgel | Lidocain, Minzöl | erbsengroße Menge 1 bis maximal 4 × täglich einmassieren |
InfectoGingi® Mundgel | Lidocain, Auszug aus Salbei- und Kamillenblüten | maximal 4 × täglich erbsengroße Menge einmassieren |
Osanit® Zahnungskügelchen | homöopathische Kombination | 2 Globuli alle halbe bis ganze Stunde, maximal 6 × täglich |
Escatitona® Zahnungstropfen | homöopathische Kombination | Säuglinge bis zum ersten Lebensjahr: alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 12 × täglich je 2 bis 3 Tropfen |
Unruhe vor der Dentition
Unruhe und leichtes Fieber können auch in Zusammenhang mit dem Durchbruch der Milchzähne (Dentition) auftreten. Darüber hinaus schläft das Baby häufig schlecht, ist quengelig, fasst sich an die Ohren und steckt die Finger oder die ganze Hand in den Mund. Auch ein vermehrter Speichelfluss und gerötete Wangen, die auch als „Zahnungsbäckchen“ bezeichnet werden, können erste Anzeichen des Zahndurchbruchs sein. In der Regel beginnt die erste Dentition zwischen dem vierten und achten Lebensmonat. Oft erscheinen zuerst die beiden mittleren Schneidezähne im Unterkiefer, gefolgt von denen im Oberkiefer. Daran schließt sich bis zum Ende des ersten bzw. dem Anfang des zweiten Lebensjahres der Durchbruch der seitlichen Schneidezähne an.
Beim Zahndurchbruch lassen Eltern ihre Kinder häufig auf im Kühlschrank gekühlten Beißringen, Gurkenscheiben oder Karottenstreifen kauen. Die damit verbundene Massage des Zahnfleisches lindert die Symptome vorübergehend. Auch die lokal anzuwendenden Präparate gegen Zahnungsbeschwerden, die die Apotheke anbieten kann, sollten in das Zahnfleisch leicht einmassiert werden. Sie enthalten neben dem Lokalanästhetikum Lidocain antientzündlich wirkende Pflanzenextrakte wie Kamillenblüten- und Salbeiextrakte oder Pfefferminz-, Nelken-, Kamillen- oder Salbeiöl. Zur Anwendung bei Zahnungsbeschwerden sind außerdem orale homöopathische Wirkstoffkombinationen verfügbar (s. Tab.).
Regulationsstörung versus Dreimonatskoliken
Wenn das Baby die Beine abwechselnd an den Körper heranzieht und wieder streckt und dabei ausdauernd schreit, vermuten stillende Mütter fast immer einen Zusammenhang mit ihrer Ernährung. Bauchmassagen und Karminativa können dann hilfreich sein (s. Tab.). Doch nicht alle Säuglinge reagieren gleich empfindlich auf blähende Lebensmittel wie Hülsenfrüchte oder Kohlarten. Bei Schreiphasen, für die sich kein Grund finden lässt, hält sich der Begriff Dreimonatskolik im allgemeinen Sprachgebrauch hartnäckig. Kinderärzte sprechen jedoch mittlerweile von einer Regulationsstörung, wenn ein gesundes Baby häufig und ausdauernd schreit. Der Anpassungs- und Reifeprozess in den ersten Lebensmonaten, der unter anderem die Eigenregulation der Schlaf- und Wachphasen beinhaltet, ist dann beeinträchtigt.
Bei einer Regulationsstörung ist also nicht sogenannte Luft im Bauch die Ursache des Schreiens. Stattdessen gelangt Luft als Folge des Luftschluckens während des Schreiens in den Magen-Darm-Trakt, sodass dieser aufgebläht wird. Als „Schreibaby“ gilt ein Säugling, der über drei Monate an mehr als drei Tagen pro Woche mehr als drei Stunden schreit und sich kaum beruhigen lässt. Nach Informationen des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte e. V. beginnt der unruhige Lebensabschnitt meistens im Alter von zwei Wochen und hält in der Regel drei Monate an. Bei zwei Dritteln der Säuglinge endet diese Phase bis zum vierten Monat, selten dauert sie bis zum sechsten Lebensmonat an. Der Zeitpunkt des intensiven Schreiens liegt meistens in den Nachmittags- oder Abendstunden bis in die erste Nachthälfte hinein [3].
Entwicklungsschübe als Schreiursache
Um schwerwiegende Ursachen wie eine Mittelohrentzündung oder einen Leistenbruch auszuschließen, sollten Eltern das Schreien beim Kinderarzt ansprechen. Eine sofortige ärztliche Abklärung ist notwendig, wenn zusätzliche Symptome wie Fieber, Durchfall, Erbrechen, ein ungewöhnlich harter Bauch oder unregelmäßiger Stuhlgang auftreten [3]. Ein weiterer Grund für unerklärliches Schreien kann ein bevorstehender Entwicklungsschub sein, wobei bis zum Anfang des ersten Lebensjahres acht davon auftreten ([4], s. Tab.). Diese Schübe, die mittlerweile auch in Apps abrufbar sind, bilden jedoch nur einen groben Anhaltspunkt, da sich jedes Kind individuell entwickelt. Eltern und Bezugspersonen könnten zusätzlich gestresst werden, wenn eine solche App einen Entwicklungsschub vorhersagt, dieser aber bei ihrem Kind (noch) nicht eingetreten ist.
Viel Geduld notwendig
Eltern und weitere Bezugspersonen benötigen viel Geduld bei der Begleitung des Babys durch die rasante Entwicklung im ersten Lebensjahr. Bei starker Überforderung kann es vorkommen, dass Eltern oder Bezugspersonen das Baby in ihrer Verzweiflung anschreien und schütteln. Dies führt innerhalb kürzester Zeit zu schwersten Schädigungen wie Hirnverletzungen und -blutungen mit irreparablen Folgen bis hin zum Tod. Bei erkennbarer Überforderung sollte die Apotheke Adressen für Ansprechpartner wie beispielsweise Schreibaby-Ambulanzen weitergeben (s. Kasten „Risiko Schütteltrauma“).
Risiko Schütteltrauma
In Deutschland werden jährlich etwa 400 Fälle von Schütteltraumen bekannt. Die Kinder leiden unter schwerwiegenden Folgeschäden, etwa jedes vierte Baby stirbt. Um einer Affekthandlung wie dem Schütteln vorzubeugen, empfehlen Fachleute beispielsweise, das ununterbrochen schreiende Baby kurzzeitig im Bett abzulegen und aus dem Zimmer zu gehen. Ansprechpartner bei Überforderung sind Kinderärzte, Erziehungsberatungsstellen, das Elterntelefon des Kinderschutzbundes oder Schreibaby-Ambulanzen, die beispielsweise über die Gesellschaft zur Förderung der seelischen Gesundheit der frühen Kindheit (German Speaking Association for Infant Mental Health, GAIMH) gefunden werden können. Um dorthin zu gelangen, können Sie folgenden Webcode direkt in die Suchmaske auf DAZ.online eingeben: K9JF6 [3].
Elterntelefon des Kinderschutzbundes:
(08 00) 1 11 05 50 (bundesweit kostenlos und anonym)
Montag und Mittwoch 9 bis 11 Uhr
Dienstag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr
Probiotika gegen Schreien?
Vor rund zehn Jahren sind einige Studien zur Fragestellung erschienen, ob die Gabe von Probiotika in den ersten Lebenswochen Koliken und langandauerndes Schreien reduzieren kann – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Im Jahr 2019 griff ein Cochrane-Review dieses Thema auf. Darin wurden sechs randomisierte kontrollierte Studien eingeschlossen, in denen insgesamt 1886 Neugeborene im Alter unter einem Monat und ohne Kolik-Diagnose zum Einschlusszeitpunkt entweder Probiotika oder Placebo erhalten hatten. Zwei Studien waren bereits in der Schwangerschaft begonnen worden. Die verabreichten Präparate enthielten Lactobacillus reuteri DSM, Lactobacillus rhamnosus oder L. paracasei plus Bifidobacterium animalis; in zwei Studien wurden Multipräparate verabreicht. Die Analysen ergaben keine Unterschiede bezüglich der Sicherheit zwischen Probiotika und Placebo. Bei der Auswertung von drei der Studien (n = 707) wurde mit geringer Evidenz eine Verringerung der Schreidauer um 33 Minuten (95%-KI -55,60 bis -9,54, I2 = 93%) unter Probiotika-Einnahme ermittelt. I2 gilt dabei als Maß für die Heterogenität der Ergebnisse innerhalb einer Metaanalyse. In einer Subgruppenanalyse der Probiotika mit Lactobacillus reuteri reduzierten sich die täglichen Schreiphasen um rund 44 Minuten (95%-KI: -66,6 bis -21,9; I2 = 92%) [5].
Verstopfung bringt Unruhe
Eine Verstopfung kann ebenfalls zu sehr viel Unruhe und Bauchschmerzen führen. Sie tritt oft bei Ernährungsumstellung auf, zum Beispiel bei der Einführung von Beikost. Eltern fragen sich in diesem Zusammenhang, wie häufig ein gesunder Säugling Stuhlgang haben sollte. Diese Frage ist schwer zu beantworten, da die normale Stuhlfrequenz sehr individuell ist und von Faktoren wie Ernährung, Flüssigkeitszufuhr und Bewegung, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängt. Bei ausschließlich gestillten Säuglingen ist der Normalbereich der Darmentleerungsfrequenz besonders weit und liegt zwischen acht Entleerungen pro Tag und einer Entleerung alle 14 Tage. In ärztlichen Leitlinien wird darauf verwiesen, dass eine Darmentleerung alle zwei Wochen bei Muttermilchernährung nicht als Obstipation zu diagnostizieren ist, sofern das Kind dabei keinerlei klinische Auffälligkeiten hat, das heißt der Bauch flach und das Trinkverhalten und Gedeihen normal sind. Warnsignale sind dagegen ein vorgewölbter Bauch bei seltener Stuhlentleerung und Erbrechen; dann muss eine gezielte Diagnostik erfolgen [6].
Keine anorektalen Manipulationen
Als Dyschezie wird ein Phänomen bezeichnet, bei dem Säuglinge vor einer Darmentleerung etwa zehn Minuten ausdauernd schreien. Auch in diesem Fall liegt keine Obstipation vor, sofern keine anderen klinischen Auffälligkeiten bestehen [7]. Unbedingt vermieden werden sollten laut den ärztlichen Leitlinien dabei anorektale Manipulationen, beispielsweise der Versuch, die Darmentleerung durch Einführen eines Fieberthermometers zu beschleunigen. Dies kann zur unerwünschten Entwicklung eines bedingten Reflexes führen. Bei Kindern, die mit Kuhmilch-basierter Formula-Nahrung und später mit Kuhmilch ernährt werden, kann in den ersten beiden Lebensjahren auch eine nicht-IgE-vermittelte Kuhmilchallergie vorliegen, die mit Motilitätsstörungen verbunden ist. Auch dafür ist eine spezifische Diagnostik notwendig [6]. Mittel der ersten Wahl bei Obstipation im Säuglings- und auch im Kindesalter ist Macrogol, zweite Wahl Lactulose (s. Tab.).
Nestschutz senkt Erkältungsrisiko nur kurzzeitig
Bis zu drei Monate nach der Geburt sind Babys durch Immunglobuline, die sie im Mutterleib erhalten haben, vor vielen Infektionserregern geschützt. Zusätzlich erhalten gestillte Kinder Antikörper, die jedoch nicht vor allen Bakterien und Viren schützen. Deshalb werden bereits ab der sechsten bzw. achten Lebenswoche bestimmte Schutzimpfungen empfohlen. Der Nestschutz baut sich nach und nach bis etwa zum neunten Lebensmonat ab. Durch ältere Geschwister oder Gleichaltrige in der Krabbelgruppe ist dann leicht eine Infektion möglich. Für Babys ist besonders ein Schnupfen sehr belastend, da sie überwiegend durch die Nase atmen. Um das Trinken an der Brust oder aus der Flasche zu erleichtern, sollte das Sekret aus der Nase mit einem Nasensauger entfernt werden. Außerdem können bei Babyschnupfen Nasentropfen mit isotonischen Koch- oder Meerwassersalzlösungen empfohlen werden (s. Tab.). Sie befeuchten die Nasenschleimhaut und verflüssigen das Sekret. Einreibungen und Flüssigkeiten zum Auftropfen auf die Kleidung oder die Bettwäsche erleichtern durch ihren Gehalt an ätherischen Ölen ebenfalls die Nasenatmung und helfen auch bei Husten. Unbedingt sind die Altersgrenzen zu beachten, da Einreibungen mit Menthol, Eukalyptus- oder Kiefernnadelöl einen Kehlkopfkrampf mit Atemstillstand hervorrufen können. Bei anhaltendem Husten und Schnupfen ist ein Arztbesuch empfehlenswert, insbesondere dann, wenn das Baby jünger als drei Monate ist. Mit Beginn des Krabbelalters bzw. der oralen Phase (s. Abb.) steigt auch das Risiko für eine Fremdkörperaspiration, beispielsweise von kleinen Spielzeugteilen oder Nüssen. Daran muss bei Husten immer gedacht werden. Kinder ab dem Krabbelalter können sich auch Fremdkörper ins Ohr stecken, was Schmerzen und Unruhe zur Folge hat. Auf keinen Fall dürfen Eltern diese Fremdkörper selbst entfernen. Eine Mittelohrentzündung, die ebenfalls sehr schmerzhaft sein kann, wird bei Säuglingen immer systemisch mit Antibiotika behandelt.
Pilzinfektion kann sich rasch verschlimmern
Eine anfänglich nur kleine rote Stelle im Windelbereich kann sich bis zum nächsten Windelwechsel zu einer starken flächenhaften Rötung ausweiten, vor allem nach Kontakt mit Stuhl. Diese entzündlich gereizte Haut (Windeldermatitis) verursacht nicht nur starke Schmerzen, sondern ist auch anfällig für Infektionen. Am häufigsten kommt es zum Befall mit Candida albicans (Windelsoor). Auch bakterielle Infektionen, zum Beispiel mit Staphylococcus aureus, sind möglich. Bei Windelsoor kommen antimykotische Salben mit den Wirkstoffen Miconazol und Nystatin zum Einsatz, häufig in Kombination mit Zinkoxid. Candida albicans kann sich auch im Mund, wo der Keim natürlicherweise vorkommt, übermäßig vermehren und wird mit den gleichen Antimykotika wie Windelsoor behandelt. Die Infektion geht beim Stillen meistens auf die Brustwarzen über und verursacht dort starke Schmerzen. Die Stillende sollte das Präparat jeweils in den Pausen zwischen zwei Mahlzeiten auftragen und vor dem Stillen abwaschen ([1, 8], s. Tab.). |
Literaturtipp
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Handbuch für die Weiterbildung der PädiaAkademie
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ISBN 978-3-7692-8021-0
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oder unter www.deutscher-apotheker-verlag.de
Literatur
[1] Illing S, Lennecke K, Schäfer C. Praxiswissen Pädiatrische Pharmazie. Deutscher Apotheker Verlag 2021
[2] Kurlemann G, Muhle H. Fieberkrämpfe im Kindesalter. S1-Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP), AWMF-Register-Nr. 022-005, Stand Mai 2021, gültig bis Mai 2026
[3] Was ist ein Schreibaby? Information der Kinder- und Jugendärzte im Netz, Stand November 2021, www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/schreibaby-regulationsstoerung-veraltet-dreimonatskoliken/was-ist-ein-schreibaby/
[4] Fux C. Wachstumsschub beim Baby. Information der NetDoktor GmbH, Stand August 2021, www.netdoktor.de/baby-kleinkind/babys-erstes-jahr/wachstumsschub-beim-baby/
[5] Ong TG, Gordon M, Banks SSC et al. Probiotics to prevent infantile colic. Cochrane Database of Systematic Reviews 2019;3:CD012473, doi: 10.1002/14651858.CD012473.pub2
[6] Funktionelle (nicht-organische) Obstipation und Stuhlinkontinenz im Kindes- und Jugendalter. S2k-Leitlinie der Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Stand April 2022, AWMF-Registernr. 068-019
[7] Benninga MA, Nurko S, Faure C et al. Childhood functional gastrointestinal disorders: neonate/toddler. Gastroenterology 2016;150:1443-1455
[8] Bruhn C, Frey OR, Wagner R. Das Kind in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag 2003
[9] Fachinformationen der genannten Präparate
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