Neurologie

Gehirndoping ist sinnlos und gefährlich

Stuttgart - 25.06.2009, 10:55 Uhr


Der Kognitionswissenschaftler Dr. Ralph Schumacher erstellt im Auftrag der Bundesregierung eine Studie, ob bestimmte Arzneistoffe bei Gesunden die Gehirnleistung steigern können, und kommt zu negativen Ergebnissen.

Der Kognitionswissenschaftler Dr. Ralph Schumacher, ETH Zürich, erstellt im Auftrag der Bundesregierung eine Studie, ob bestimmte Arzneistoffe mit neurologisch-psychiatrischen Indikationen bei Gesunden die Gehirnleistung steigern können. Er erklärte vorab, dass dies generell nicht der Fall ist und dass diese missbräuchliche Anwendung sogar gefährlich sein kann.

Schumacher stützt sich auf zahlreiche Studien mit Antidementiva und Psychostimulanzien, die in den letzten zwölf Jahren publiziert wurden und in der Fachwelt bekannt sind. Insofern kommen seine Ausführungen nicht überraschend. Es handelt sich meistens um Stoffe, die in großen Mengen als Arzneimittel verordnet werden.

Schumacher zitiert z.B. die einschlägigen Studien über Ginkgoblattextrakte (Solomon 2008), Methylphenidat (Turner 2003, Bray 2004), den Acetylcholinesterasehemmer Donepezil (Grön 2005), Modafinil (Randall 2003 und 2005) und Levodopa (Knecht 2004). Die Studien zeigten entweder keinen positiven Effekt oder nur in einen bedingt positiven Effekt der Prüfsubstanzen.

Beispiel Levodopa: Das Prodrug des Neurotransmitters Dopamin steigert bei Patienten mit Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma den Lernprozess. Also lag die Vermutung nahe, dass es z.B. gesunde Menschen befähigt, schneller Vokabeln zu lernen. Das Ergebnis einer placebokontrollierten Studie bestätigte diese Vermutung. Dennoch warnte der Studienautor Knecht vor falschen Schlüssen: Vokabeln lernt man assoziativ, das heißt, dass man z.B. ein Wort und eine Bedeutung miteinander verknüpft. Auf einer viel höheren Ebene spielt sich jedoch das kognitive Lernen ab, bei dem es darauf ankommt, komplexe Zusammenhänge zu verstehen. Zudem kann es auch nachteilig sein, wenn man schneller und leichter Assoziationen aufbaut, denn das Gehirn arbeitet dann weniger selektiv und merkt sich viele irrelevante Informationen. Dies trifft auf die meisten Situationen zu, in denen sich ein Mensch befindet; das Vokabellernen stellt hingegen eine Ausnahmesituation dar. Schließlich sieht Schumacher bei einem hohen Aktivierungszustand des Gehirns sogar die Gefahr, Phobien zu entwickeln.

Der Kognitionswissenschaftler kommt zu dem Schluss, dass es keine bekannte Wirksubstanz zum "Gehirndoping" geeignet ist.


Wolfgang Caesar