Krebsrisiko

Gefährdet Insulin-Glargin Diabetiker?

Stuttgart - 29.06.2009, 13:08 Uhr


Das Insulinanalogon Glargin (Lantus®) steigert möglicherweise das Krebsrisiko. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler IQWiG aufgrund einer Datenanalyse von rund 127 000 AOK-versicherten Diabetikern. Der Hersteller Sanofi Aventis verwehrt sich gegen diese Interpretation und weist auf eigene Studien hin, die die Sicherheit von Glargin belegen sollen.

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass unter dem Insulinanalogon Glargin Patienten häufiger an Krebs erkranken als unter vergleichbaren Dosierungen von Humaninsulin: Danach ist bei Behandlung von 100 Diabetikern mit Glargin über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren im Vergleich zu Humaninsulin mit einer zusätzlichen Krebserkrankung zu rechnen. Das Risiko steigt dabei dosisabhängig: Bei einer Tagesdosis von 10 U Glargin um 9%, bei 50 U Glargin um 31%.

Diese Studie ist bei der Zeitschrift Diabetologia, dem Journal der European Association for the Study of Diabetes (EASD), zur Veröffentlichung eingereicht worden und wurde jetzt zusammen mit drei weiteren europäischen Studien zur gleichen Fragestellung publiziert. Es handelt sich dabei um eine schwedische, eine schottische und eine aus Großbritannien stammende Analyse. Letztere konnte kein erhöhtes Krebsrisiko unter Glargin feststellen. Die schottische Studie fand eine nicht-signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos unter Insulin Glargin, die schwedische Studie eine Verdoppelung des Brustkrebsrisikos. Insgesamt wurden in allen vier Studien die Daten von über 300 000 Diabetikern ausgewertet, 34 392 waren mit Insulin Glargin behandelt worden.

Die EASD und die Deutsche Diabetes Gesellschaft betonen, dass die aktuellen Studien zwar Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko geben, aber keinesfalls einen sicheren Zusammenhang nachweisen.

Auch das IQWiG betont, dass das Ergebnis seiner Studie eine statistische Assoziation sei, die auch auf ganz anderen Faktoren beruhen könnte. Es zeigt sich jedoch beunruhigt darüber, dass die schottische und die schwedische Studie ebenfalle eine Erhöhung des Krebsrisikos unter Glargin beschrieben hätten.

Der Hersteller von Lantus, Sanofi-Aventis, ist nach wie vor davon überzeugt, dass Insulin Glargin mit keinem erhöhten Krebsrisiko einher geht und beruft sich auf eigene Studien. Er wehrt sich gegen die " Unterstellungen" des Instituts für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWIG) im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen zur Sicherheit von Lantus (Insulin Glargin) in der Zeitschrift Diabetologia und weist diese entschieden zurück. Er sieht darin eine unverantwortliche Verunsicherung von Patienten und Ärzten.

Quelle

[1] Hemkens L G et al.: Risk of malignancies in patients with diabetes treated with human insulin or insulin analoues: a cohort study. Diabetologia doi: 10.1007/s00125-009-1418-4

[2] DDG-Pressemitteilung vom 26. Juni 2009.

[3] IQWiG-Pressemitteilung vom 26. Juni 2009


Doris Uhl