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Ermittlung gegen 480 Ärzte
Teure Prämien sollen Verschreibungsverhalten beeinflusst haben
Die Mediziner sollen vom Pharmaunternehmen Trommsdorff über Jahre hinweg teure Geschenke dafür erhalten haben, dass sie ihren Patienten den Blutdrucksenker Emestar im Rahmen einer Studie verschrieben.
Die Skandale um Zuwendungen der Pharma-Industrie an Ärzte für die Verschreibung firmeneigener Medikamente reißen nicht ab: Der Aachener Oberstaatsanwalt Robert Deller bestätigte am Wochenende einen Vorabbericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", wonach das vor einem Jahr eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Manager und Außendienstler der Firma Trommsdorff nun auch auf 480 Ärzte in ganz Deutschland ausgeweitet worden ist. Sie sollen von dem Unternehmen für Arzneimittel-Studien Geschenke bekommen haben, ohne dies den Krankenkassen zu melden. "Ich kann nicht ausschließen, dass sich diese Zahl noch erheblich ausweitet", so Deller gegenüber dem Spiegel. Vorgeworfen werden den Ärzten Betrug und Untreue zulasten der Krankenkassen.
Das Alsdorfer Pharmaunternehmen soll die Ärzte für die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen mit gestaffelten Prämien belohnt haben. Je mehr Patienten der jeweilige Mediziner in die Studie einbrachte, desto wertvoller die Prämie: Für 5 Patienten soll dabei immerhin schon einen Flachbildschirm oder ein iPod zur Wahl gestanden haben, bei 14 Patienten konnte sich der Mediziner schon über ein TomTom-Navigationssystem freuen. Bei 18 Teilnehmern konnten die Mediziner dann sogar zwischen Laptop, Beamer und Computer mit Drucker wählen.
Damit handelt es sich bereits um den zweiten Fall in weniger als drei Wochen, bei dem die Pharmabranche Ärzte im Hinblick auf ihr Verschreibungsverhalten geschmiert haben soll: Erst Ende Juni war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft in einem ähnlichen Fall rund 2.800 Verfahren gegen Ärzte und Außendienstmitarbeiter von Ratiopharm eingeleitet habe. Der Generikahersteller soll die Mediziner mit einer zwei- bis achtprozentigen Umsatzbeteiligung für die Verschreibung seiner Medikamente belohnt haben.
Politiker verschiedener Parteien reagierten empört und waren sich einig, dass Fälle wie dieser das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zerstöre, da sie annehmen müssten, dass der Arzt sich bei seinen Verschreibungen nicht mehr am Behandlungsergebnis sondern an dem für ihn größten Gewinn orientiere."Die Praxis der Pharma-Unternehmen muss verboten und betraft werden", zitierte die Bild SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Ähnlich harsche Kritik kam von der CDU. Thomas Volk, CDU-Landesvorstand in Baden-Würtemberg, mahnte an, dass Patienten ein Anrecht auf die Behandlung hätten, die ihnen am meisten hilft.
Ärzte und Pharma-Industrie wehren sich gegen pauschalisierte Vorwürfe. "Wir Ärzte haben es nicht nötig, uns von den Pharma-Konzernen vor den Karren spannen zu lassen", stellte die die Neurologin Angelika Haus, Vorstandsvorsitzende des Hartmannbunds Nordrhein, gegenüber der "Welt" klar.
Aachen - 20.07.2009, 14:00 Uhr