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Hypertonie
Kochsalzreduktion kann den Blutdruck senken
Ob Menschen mit dauerhaft erhöhtem Blutdruck, sogenannter essenzieller Hypertonie, auf diese Weise auch langfristig das Risiko für Folgeerkrankungen vermindern können oder weniger blutdrucksenkende Medikamente einnehmen müssen, bleibt wohl offen.
Der Rapid Report ist Teil eines vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erteilten Auftragspakets, in dem der Nutzen verschiedener nicht medikamentöser Behandlungsstrategien bei Bluthochdruck bewertet werden soll. Stressbewältigung und mehr körperliche Bewegung gehören ebenso dazu wie Rauchverzicht und weniger Alkoholkonsum. Einen Bericht zu der Frage, wie sich Abnehmen auf den Blutdruck auswirken kann, hat das IQWiG bereits abgeschlossen.
Nutzenbewertungen des IQWiG basieren in der Regel auf der systematischen Recherche und Auswertung von klinischen Studien, also von Primärliteratur. Der vorliegende Rapid Report wurde dagegen anhand von Sekundärliteratur erstellt. Dies ist prinzipiell dann möglich - und in den Allgemeinen Methoden des IQWiG vorgesehen - wenn bereits qualitativ hochwertige und aktuelle systematische Übersichten zu einer Fragestellung existieren. Wie die Vorrecherche des IQWiG ergab, war dies beim Thema Kochsalzreduktion bei Hypertonie der Fall.
Gesucht haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach systematischen Reviews, also einer zusammenfassenden Analyse von Studien, die folgende Patientinnen und Patienten mit essenzieller Hypertonie miteinander verglichen: eine Interventionsgruppe, die sich über einen längeren Zeitraum salzärmer ernähren sollte mit einer Kontrollgruppe, bei der diese Absicht entweder nicht bestand oder die beabsichtigte Kochsalzreduktion geringer war als in der Interventionsgruppe. Die Laufzeit der Studien sollte mindestens vier Wochen betragen. Um dennoch keine aktuellen und möglicherweise relevanten Studien zu übersehen, recherchierte das IQWiG ergänzend auch kürzlich veröffentlichte Primärstudien.
In die Bewertung einbeziehen konnte das IQWiG sieben Übersichten, in denen zwischen 520 und 3391 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus insgesamt 62 randomisierten kontrollierten Studien zusammenfassend analysiert wurden.
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, lassen die verfügbaren Daten keine Aussagen zu Folgekomplikationen zu. Das liegt daran, dass keine der Studien in erster Linie darauf ausgerichtet war zu untersuchen, wie sich eine salzärmere Kost auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder die Gesamtsterblichkeit auswirkt. Zudem liefen die meisten Studien nur über wenige Monate und hatten meist geringe Teilnehmerzahlen, weshalb möglicherweise vorhandene Unterschiede bei den Folgeerkrankungen nicht mit Sicherheit aufgefallen wären.
Die Untersuchungen zeigen jedoch durchgehend, dass eine verminderte Kochsalzzufuhr helfen kann, den Blutdruck zu senken: Die systolischen Werte sanken innerhalb von bis zu einem Jahr um durchschnittlich 3,6 bis 8 mmHg, die diastolischen Werte um durchschnittlich rund 2 bis 3 mmHg. Dies gilt im Wesentlichen für Patientinnen und Patienten, die keine zusätzlichen blutdrucksenkenden Medikamente einnahmen.
Wie nachhaltig dieser Effekt ist, bleibt allerdings unklar. Autoren zumindest einer Übersichtsarbeit berichten, dass der beobachtete Vorteil verschwindet, wenn man die Analyse auf Studien mit einer längeren Laufzeit (mindestens sechs Monate) einschränkt.
Keine der Übersichten berücksichtigte ausschließlich Patientinnen und Patienten, die gleichzeitig blutdrucksenkende Medikamente einnahmen oder wertete Daten für Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Begleitmedikation getrennt aus. Welchen zusätzlichen blutdrucksenkenden Effekt eine kochsalzarme Kost bei diesen Patienten haben kann, ist deshalb ungewiss.
Generell bleibt die Frage unbeantwortet, ob Menschen mit essenzieller Hypertonie durch eine geringere Salzaufnahme ihren Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten vermindern können.
Der vorliegende Rapid Report wurde zusammen mit externen Sachverständigen erarbeitet. Rapid Reports, sogenannte Schnellberichte, sollen zeitnahe Informationen zu einem aktuellen Thema bieten. Sie sind nicht auf Richtlinienentscheidungen des G-BA ausgelegt. Die Bewertung erfolgt in der Regel auf Basis bereits publizierter Informationen, d. h. das IQWiG bemüht sich nicht, beispielsweise bei Herstellern von Arzneimitteln unveröffentlichte Studiendaten zu bekommen.
Konstanz - 22.07.2009, 06:38 Uhr