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Neurologie
Rolle des Renin-Angiotensin-Systems bei Multipler Sklerose
In einer Reihe von Studien mit Tiermodellen haben deutsche Neurologen neue Hinweise darauf gefunden, dass bereits verfügbare Herz-Kreislauf-Arzneimittel womöglich auch gegen die Multiple Sklerose (MS) wirksam sein könnten.
"Wir verstehen nun auf molekularer Ebene, wie eine Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems im MS-Modell zu einer Abmilderung des Krankheitsverlaufes und einer Dämpfung der Entzündungsvorgänge im zentralen Nervensystem führt.", erläutert Dr. Ralf Linker. Vor allem habe man eine Wirkung der getesteten Arzneien auf Makrophagen gefunden, die auch in den Entzündungsherden der MS eine wichtige Rolle spielen. In einer gleichzeitig veröffentlichten Studie hat eine Gruppe um Professor Lawrence Steinman von der Stanford Universität in Kalifornien ähnliche Effekte auf regulatorische Immunzellen beobachtet.
Alle drei für wirksam befundenen Arzneimittel wirken auf das so genannte Renin-Angiotensin-System, mit dem der Körper den Blutdruck und den Salz- und Wasserhaushalt reguliert. Weil mehrere Forschergruppen in letzter Zeit Hinweise gefunden hatten, dass das Renin-Angiotensin-System auch das Immunsystem beeinflussen kann, und zwar insbesondere die bei der Multiplen Sklerose "überaktiven" T-Zellen und Antigen präsentierenden Zellen, hat sich Team um Gold und Linker eingehend mit den zugrunde liegenden Signalwegen beschäftigt.
Viele Hemmstoffe des Renin-Angiotensin-Systems werden bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits mit gutem Erfolg und guter Verträglichkeit eingesetzt, darunter auch die von Linker und Kollegen in ihrem Tiermodell verwendeten: Aliskiren ist der erste oral verfügbare direkte Hemmstoff für das von den Nieren bei niedrigem Blutdruck ausgeschüttete Enzym Renin und seit zwei Jahren in der EU zugelassen. Enalapril hat als Angriffspunkt das Angiotensin-Converting-Enzyme und ist unter den Arzneien mit diesem Wirkmechanismus (den ACE-Hemmern) eine der meistgebrauchten. Losartan schließlich ist ein typischer Vertreter der Sartane, die ein weiteres Schlüsselmolekül im Renin-Angiotensin-System blockieren, den Subtyp 1 des Angiotensin II-Rezeptors.
"Diese Substanzen könnten nun auch in der Therapie der Multiplen Sklerose Einzug halten", hofft Professor Gold von der DGN sowie Vorstandsmitglied des Ärztlichen Beirats der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft. Womöglich könnten sie mit bereits verfügbaren Basistherapeutika gegen die MS sogar eine synergistische Wirkung entfalten, so der Neurologe, und sie sollten im Gegensatz zu den neuen Antikörpertherapien bei der MS keine schwer abschätzbaren neuen Risiken mit sich bringen: "Allerdings müssen diese Hypothesen natürlich zuerst in klinischen Studien an Patienten überprüft werden", warnt Gold gleichzeitig vor verfrühten Hoffnungen.
Bochum/Konstanz - 22.08.2009, 06:04 Uhr