Beschluss des Landgerichts Hamburg

Beim Austausch zählt nur N1, N2 oder N3

Hamburg - 07.10.2009, 17:20 Uhr


Beim Austausch von Arzneimitteln im Rahmen der Rabattverträge sind Normgrößen der Packungen, beispielsweise N3, auszutauschen - unabhängig davon, wie groß N3 tatsächlich ist. Dies hat das

Die Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, anstelle eines vom Arzt verordneten nicht unter Rabattvertrag stehenden Arzneimittels ein wirkstoffgleiches rabattbegünstigtes Arzneimittel abzugeben, wenn die Voraussetzungen für die Substitution vorliegen. Der Austausch setzt u. a. voraus, dass die Packungsgröße des verordneten mit der des rabattbegünstigten Medikaments identisch ist. Bislang gilt, dass eine 100er Packung nur gegen eine 100er Packung ausgetauscht werden darf.

In einer Einstweiligen Verfügung hat das Landgericht (LG) Hamburg in Sachen Omeprazol nunmehr (vorläufig) entschieden, dass es genüge, wenn die Normgröße zweier Packungen identisch sei. Eine 100er N3-Packung kann diesem Beschluss zufolge ebenso durch eine 98er N3-Packung ersetzt werden wie eine 56er oder eine 60er N3-Packung.

Peter Schmidt, der Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika, kommentiert diese Entscheidung wie folgt: „Der einschlägige Beschluss des LG Hamburg steht zum einen nicht nur nach Auffassung von Pro Generika juristisch auf tönernen Füßen. Zum anderen, und das war dem Gericht wohl nicht hinlänglich bewusst, verlagert es die Therapiehoheit partiell von den Ärzten auf die Krankenkassen. Die vom Arzt verordnete Menge spielt ihm zufolge nämlich überhaupt keine Rolle. Ob der Arzt eine N3- Packung Omeprazol mit 56, 60 oder 100 Kapseln verschreibt, ist völlig egal. Denn die Apotheke hätte laut LG stets die rabattbegünstigte 98er Packung Omeprazol abzugeben, wenn die übrigen Voraussetzungen einer Substitution erfüllt sind. Die Krönung des Ganzen: Der Arzt erführe nicht einmal, dass sein Patient zwei Kapseln weniger bzw. 38 oder sogar 42 Kapseln mehr als von ihm verordnet, erhalten hat. Bei der Krankenkasse hat die Therapiehoheit nun wirklich nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Die Entscheidung, mit welcher Menge eines Arzneimittels ein Patient zu versorgen ist, gehört vielmehr zum Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit. In diesen Bereich darf niemand - auch kein Gericht - eingreifen. Die ungeteilte und alleinige Verantwortung für die rationale Verordnung der Menge des von ihm ausgewählten Arzneimittels liegt beim Arzt. Und dort muss sie auch bleiben.“

Nach Schmidts Auffassung dürfe es nicht beim Beschluss des LG Hamburg bleiben. Es sollte daher auf gesetzgeberischer Ebene  die Auslegung des Begriffs „gleicher Indikationsbereich“ ebenso wie die  Interpretation des Kriteriums „identische Packungsgröße“ aus der Welt geschafft werden. Die Therapiehoheit der Ärzte, die Therapiesicherheit der Patienten und ihre Therapietreue dürften nicht durch exzessive Auslegungen der Substitutionsregelungen aufs Spiel gesetzt werden. Schmidt wörtlich: „Der Gesetzgeber muss die angesprochenen schwammigen Formulierungen daher dringend präzisieren und klarstellen.“


Peter Ditzel