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Demographie
Warum haben Wissenschaftlerinnen weniger Kinder?
Akademikerinnen, die an Universitäten tätig sind, haben weniger Kinder als der Durchschnitt der gleichaltrigen Frauen. Der Hauptgrund dafür
Auf einer Tagung zum Thema „Kinder – Wunsch und Wirklichkeit in der Wissenschaft“, die am 5. und 6. Oktober in Bonn stattfand, berichtete Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel vom Hochschuldidaktischen Zentrum der Technischen Universität Dortmund über eine statistische Recherche zur Kinderzahl von Akademikerinnen. Sie hatte mit ihrem Team in acht Bundesländern die Personaldaten und die Besoldungsstatistiken aller Hochschulen durchforstet, aus denen hervorgeht, welcher Hochschulbeschäftigte auch Kinder hat. Ein Ergebnis: In der Altersgruppe von 22 bis 44 Jahren sind 73 Prozent der Akademikerinnen ohne Kinder.
Den Wunsch nach einem eigenen Kind erfüllen die Frauen sich oft erst dann, wenn sie Professor geworden sind. Doch oft ist der Wunsch dann schon nicht mehr erfüllbar. Während 62 Prozent der männlichen Professoren Kinder haben, sind es bei ihren weiblichen Kolleginnen nur ein Drittel, also etwa halb so viele.
Laut Metz-Göckel hat der Anteil der Frauen am wissenschaftlichen Personal der Hochschulen zwischen 1998 und 2006 von 21 auf 28 Prozent zugenommen. Doch bei ihnen war in der Altersgruppe von 22 bis 44 Jahren ein größerer Prozentsatz befristet beschäftigt als bei den Männern, nämlich fast 80 Prozent. In dieser Tatsache sieht Sigrid Metz-Göckel die Hauptursache für Kinderlosigkeit.
In einer weiteren Studie, die auf der Bonner Tagung vorgestellt wurde, haben Inken Lind und Kathrin Samjeske vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Bonn über 8000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach ihren Erfahrungen in Partnerschaften und Familie befragt. Überproportional häufig führen Wissenschaftlerpaare eine Beziehung auf Distanz, weil sie an unterschiedlichen Orten beschäftigt sind. Was die Rollenverteilung im Haushalt betrifft, so geht es bei den kinderlosen Paaren partnerschaftlicher zu als in den Paaren mit Kindern. Offensichtlich fallen auch Wissenschaftler, die sich zur Gleichberechtigung bekennen, wenn sie Vater geworden sind, häufig wieder in traditionelle Rollenmuster zurück – und fühlen sich ganz wohl dabei.
Erstaunlicherweise fühlen sich die Wissenschaftlerinnen, die zugleich Mütter sind, in geringerem Maße erschöpft als die kinderlosen Akademikerinnen. Lind und Samjeske erklären das damit, dass Frauen, die psychisch belastbarer sind, sich eher ihren Kinderwunsch erfüllen und dann auch mit der Doppelbelastung in Beruf und Familie recht gut zurechtkommen.
Das Fazit der Tagung lautete: Es sind vor allem die unsicheren Arbeitsbedingungen, die den wissenschaftlichen Nachwuchs daran hindern, selbst Nachwuchs zu bekommen.
Quelle: Karl-Heinz Heinemann: Wissenschaftlicher Nachwuchs ohne Nachwuchs. www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/1046118.
Stuttgart - 21.10.2009, 16:00 Uhr