AIDS

Wie sich HIV an den Menschen anpasst

Ulm - 25.11.2009, 12:04 Uhr


Eine neue Studie erklärt möglicherweise, warum nur eine von mehreren unabhängigen Übertragungen von Affen-Immundefizienzviren aus Schimpansen auf den Menschen zur weltweiten Aids-Pandemie führte.

Zum Schutz gegen retrovirale Infektionen produzieren menschliche Zellen so genannte Restriktionsfaktoren, die die effektive Virusvermehrung blockieren. Einer dieser antiviralen Faktoren wurde erst letztes Jahr von amerikanischen Forschern entdeckt und als "Tetherin" bezeichnet, weil er neu produzierte Viruspartikel an der Zelloberfläche "festhält" (engl. to tether = festbinden) und dadurch deren weitere Ausbreitung verhindert. HIV-1-Viren der Gruppe M (major) sind weltweit für mehr als 90% aller Infektionen beim Menschen verantwortlich. Diese HI-Viren haben ein Eiweiß, das Vpu-Protein, entwickelt, das Tetherin ausschalten kann. Außerdem hält dieses Vpu-Protein den primären Rezeptor der Immundefizienzviren, CD4, von der Zelloberfläche fern und verhindert so, dass freigesetzte Viruspartikel direkt wieder an die bereits infizierte Zelle binden. Vpu erhöht somit auf zweifache Weise die Effizienz der Virusfreisetzung.

Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Professor Frank Kirchhoff, Universität Ulm, konnte nun zeigen, dass lediglich die HIV-1-Viren der Gruppe M ein voll funktionsfähiges Vpu-Protein im Menschen entwickelt haben. Vpu-Proteine der nichtpandemischen HIV-1 Gruppe O (outlier) und der sehr seltenen Gruppe N (non-M, non-O) sind entweder nicht in der Lage, Tetherin auszuschalten oder den Transport von CD4 zur Zelloberfläche zu verhindern.

Die Forscher untersuchten, ob auch die Vpu-Proteine von SIVcpz aus Schimpansen, dem direkten Vorläufer von HIV-1, diese Funktionen ausüben können. Überraschenderweise fanden sie, dass SIVcpz nicht Vpu sondern ein anderes virales Eiweiß, das Nef-Protein, benutzt, um Schimpansen-Tetherin auszuschalten. Die Tetherin-Variante, die man im Menschen findet, ist allerdings resistent gegen Nef, weil ihr in dem Bereich, der sonst mit Nef interagiert, fünf Aminosäuren fehlen. Direkt nach der Übertragung von SIVcpz auf den Menschen war das Virus somit nicht in der Lage Tetherin auszuschalten. Da menschliches Tetherin gegen Nef resistent ist, war HIV-1 gezwungen zu Vpu zu wechseln, um diesen antiviralen Faktor zu eliminieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass es nur HIV-1 M gelungen ist, sich nach der Übertragung vom Schimpansen auf den Menschen optimal an den neuen Wirt anzupassen. Dies könnte ein wichtiger Grund dafür sein, warum nur eine von mehreren unabhängigen Übertragungen für den Großteil der AIDS-Pandemie verantwortlich ist. Die Forscher hoffen, dass diese neuen Ergebnisse dazu beitragen werden, neue Wege zu finden, die Ausbreitung der AIDS-Viren zu verhindern.

Quelle: Sauter et al.: Cell Host & Microbe 2009, in press



Dr. Bettia Hellwig