Mammakarzinom

Autologe Stammzelltransplantation bei Brustkrebs

18.12.2009, 07:00 Uhr


Im Vergleich zu einer konventionellen Chemotherapie kann eine autologe Stammzelltransplantation das ereignisfreie Überleben von Brustkrebs-Patientinnen verlängern

In der Regel wird ein Mammakarzinom operativ entfernt. Ergänzend werden - je nach Therapieschema - Bestrahlung, Hormon- oder Chemotherapie durchgeführt. Insbesondere Hormon- und Chemotherapie werden dabei häufig auch kombiniert. Bei bestimmten Patientinnen in einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium wird eine Hochdosis-Chemotherapie eingesetzt. Durch die erhöhte Dosis hofft man, die Resistenz von verbleibenden Tumorzellen zu überwinden. Allerdings werden dabei in der Regel neben den Tumorzellen auch die lebenswichtigen Blut bildenden Stammzellen geschädigt. Deshalb werden den Patientinnen zuvor Blutstammzellen entnommen, um sie ihnen nach der Behandlung wieder zurück zu übertragen. Diese Stammzellen siedeln sich zumeist im Knochenmark wieder an und bringen dort die Blutbildung erneut in Gang. Stammen die übertragenen Stammzellen von der Patientin selbst, spricht man von einer autologen Transplantation. Eine extreme Intensivierung der Therapie stellt die autologe Tandem-Transplantation dar: Dabei wird der Patient nach einer Erholungsphase ein zweites Mal transplantiert.

Das IQWiG wertete Studien aus, die die autologe Stammzelltransplantation mit Chemotherapie ohne Stammzelltransplantation oder verschiedene Formen der autologen Stammzelltransplantation untereinander verglichen. Insgesamt konnten 19 randomisierte kontrollierte Studien in die Nutzenbewertung einbezogen werden. Davon betrafen 13 Studien Patientinnen mit Brustkrebs ohne Fernmetastasen und sechs Studien Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom.

Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass die autologe Stammzelltransplantation im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie für Patientinnen mit Brustkrebs einen Vorteil hat, in dem sie das "ereignisfreie Überleben" verlängert. Darunter versteht man den Zeitraum zwischen der Zuteilung der Patienten zu einer der Behandlungsgruppen bis zum erneuten Auftreten der Erkrankung, bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Tod. Entsprechende Belege fanden sie für Patientinnen mit Mammakarzinomen mit und ohne Fernmetastasen.

Diesem Beleg für einen Nutzen steht allerdings ein Hinweis auf einen möglichen Schaden gegenüber: Denn bei der autologen Stammzelltransplantation traten schwerwiegende, nahezu alle Organsysteme betreffende Komplikationen, die insbesondere das Blut bildende System sowie den Magen- und Darmtrakt betrafen, häufiger auf als unter den Kontrolltherapien. Allerdings war der Unterschied nicht genau quantifizierbar, weil in den Studien nur unzureichend über Komplikationen berichtet wurde. Hinweise auf entsprechende Unterschiede fanden sich sowohl bei metastasierten als auch bei nicht metastasierten Tumoren. Nur beim Vergleich der Tandem-autologen Stammzelltransplantation mit einer intensivierten Chemotherapie blieben Patientinnen mit nicht metastasiertem Mammakarzinom nicht nur länger ohne erneuten Brustkrebsbefund, sondern lebten auch länger. Allerdings stammen diese Hinweise nur aus einer einzigen Studie und gelten nur für ein spezielles Therapieregime (WSG AM-01-Studie), so dass sie nicht verallgemeinerungsfähig sind.

Generell geben die IQWiG-Experten zu bedenken, dass die verfügbaren Studien zum Teil recht alt waren. Insbesondere bei den Patientinnen mit nicht metastasiertem fortgeschrittenem Mammakarzinom werden heute üblicherweise andere Chemotherapie-Schemata angewendet. Insbesondere für Patientinnen mit einem metastasierten Mammakarzinom, für die es nach wie vor keine kurative Therapie gibt, müssen Alternativen erprobt werden. Das gilt auch für Therapien in Verbindung mit einer autologen Stammzelltransplantation. Angesichts der Risiken, die mit der autologen Stammzelltransplantation verbunden sind, sollte dies jedoch ausschließlich im Rahmen von klinischen Studien geschehen. Um Schaden und Nutzen besser einschätzen zu können, wäre es insbesondere sinnvoll, in weiteren klinischen Studien zu untersuchen, ob bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom eine Therapie, gegebenenfalls in Verbindung mit einer autologen Stammzelltransplantation das Leben verlängern kann.

Quelle: Pressemitteilung des IQWiG vom 16.12.2009; Abschlussbericht "Autologe Stammzelltransplantation beim Mammakarzinom"


Dr. Bettina Hellwig