Barmer GEK

Fischer stellt sich gegen Gesundheitsminister Rösler

Berlin - 06.01.2010, 14:11 Uhr


Deutschlands größte gesetzliche Krankenkasse, die Barmer GEK, geht auf Konfrontationskurs zu Gesundheitsminister Philipp Rösler. Die von ihm favorisierte Kopfpauschale kritisierte die

Nach Berechnungen der Barmer GEK müsse eine Kopfpauschale 145 Euro je Mitglied kosten und erfordere einen Steuerschuss in Höhe von 35 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt. Fischer: „Durch ein solches System wäre ein großer Teil der Versicherten auf einen Sozialzuschuss angewiesen. Die Menschen würden dadurch zu Bittstellern gemacht.“ Die mit 8,5 Millionen Versicherten größte gesetzliche Krankenkasse wird sich nach den Worten von Fischer künftig lautstark in die gesundheitspolitische Diskussion einmischen. Zu diesem Zweck werden der Hauptsitz und die politische Führung der aus Barmer und Gmünder Ersatzkasse fusionierten Barmer GEK künftig in Berlin eingerichtet.

„Damit wollen wir unsere politische Wahrnehmbarkeit und Gestaltungskraft stärken“, unterstrich der Vorsitzende des Verwaltungsrates Holger Langkutsch die Ambitionen von Vorstandschefin Birgit Fischer. Die beiden anderen Standorte in Wuppertal und Schwäbisch Gmünd bleiben erhalten.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) reagierte gestern auf die wachsende Kritik im GKV-Lager und kündigte in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ an, die umstrittene Kopfprämie in der gesetzlichen Krankenversicherung nur schrittweise einzuführen. Die geplante Einführung einer einkommensunabhängigen Beitragspauschale werde "mit kleinen Schritten" beginnen, sagte Rösler. Niemand dürfe bei der Umstellung des Gesundheitssystems überfordert werden.

Steuererhöhungen zur Finanzierung des Sozialausgleichs schloss Rösler aus. Vielmehr wolle die FDP den Sozialausgleich aus steigenden Steuereinnahmen durch mehr Wirtschaftswachstum finanzieren. "Wir werden langfristig höhere Steuereinnahmen haben - nicht durch höhere Sätze, sondern durch mehr Wachstum", sagte der Minister. In der Anfangsphase der Reform werde der Finanzbedarf ohnehin niedrig sein. "Wir fangen mit kleinen Schritten an. Also brauchen wir zu Anfang nur geringe Ausgleichsmittel." Den Zeitplan und die weiteren Details der Reform soll eine Regierungskommission festlegen, die Rösler im ersten Quartal des Jahres einsetzen will.

Die 8,5 Millionen Versicherten der Barmer GEK sollen laut Fischer vom Zusammenschluss durch bessere Leistungen und größeren Service profitieren. Die über 1000 Geschäftsstellen böten den Mitgliedern mehr Kundennähe und bessere Erreichbarkeit. Die gestiegene Marktmacht will die Barmer BEK nutzen, um die Angebote zur Prävention und Vorsorge auszubauen sowie Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen zu verbessern. Ob die neue Barmer GEK dazu in diesem Jahr Zusatzbeiträge von ihren Versicherten erheben muss, stehe noch nicht fest, sagte Verwaltungsratschef Langkutsch: „Derzeit besteht kein akuter Handlungsbedarf.“ Der weitere Verlauf der Einnahmeentwicklung im Jahr 2010 müsse vor einer konkreten Entscheidung abgewartet werden.

Laut Barmer GEK-Chefin Fischer verfügt die neue Großkasse über einen regional schwankenden Marktanteil von zehn bis 15 Prozent. Mit einem Haushaltsvolumen von 22 Milliarden Euro und 19.500 Beschäftigten zählt die Barmer GEK zu den 30 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands, noch vor namhaften Firmen wie TUI, Bertelsmann oder Hochtief. Im Zuge der Fusion solle zwar die Wirtschaftlichkeit der Krankenkasse gesteigert werden. Mitarbeiter würden aber nicht entlassen. Es werde jedoch geprüft, ob freiwerdende Stellen eingespart werden könnten, sagte Langkutsch.  


Lothar Klein