Prophylaxe und Therapie ischämischer Infarkte

Die effektivste Therapie ist die Lyse

Frankfurt/Main - 12.03.2010, 13:20 Uhr


Ein Organversagen bedingt durch eine arterielle Ischämie ist die häufigste Todesursache in den Industrieländern. Darüber hinaus führt sie zu einer hohen Anzahl chronischer Krankheiten, Frühberentung und Pflegebedürftigkeit. Betroffen sind vor allem Herz und Beine. Sie standen somit auch im Mittelpunkt des Interpharm-Vortrags von Prof. Dr. Thomas Herdegen.

Organischämien entwickeln sich entweder auf dem Boden von Gefäßveränderungen wie der Arteriosklerose oder als Folge von fortgeleiteten thromboembolischen Prozessen. Generell gilt laut Herdegen, dass lokale Organischämien immer der Ausdruck einer systemischen Störung der Blutgerinnung bzw. der Gefäße sind. Lokale arterielle Veränderungen sind nur die klinische Spitze einer den ganzen Körper betreffenden Systemerkrankung.

Wie bei allen Volkskrankheiten gilt auch für arterielle Ischämien, dass eine Veränderung des Lebensstils, vor allem mehr Sport, die effektivste Prävention darstellt. In der Akuttherapie und der Sekundärprophylaxe arterieller Gefäßverschlüsse kommen Thrombozytenaggregationshemmer und Fibrinolytika zum Einsatz. Vitamin-K-Hemmstoffe werden für die chronische vorbeugende Therapie eingesetzt. Heparin und Heparinoide spielen Herdegen zufolge nur eine Rolle für die Vermeidung der krankheitsassoziierten Immobilisation bzw. als Schutz vor Thrombosierung bei Stent-Implantation.

Generell gilt: Je stärker die pharmakologische Gerinnungshemmung, desto höher ist das Blutungsrisiko. Der therapeutische Algorithmus orientiert sich an der Effektivitätsreihenfolge Acetylsalicylsäure < Clopidogrel (allein oder in Kombinationstherapie) < Vitamin-K-Antagonisten. Wie Herdegen sagte, ist dabei die Frage einer Überlegenheit von Clopidogrel über ASS bzw. Clopidogrel + ASS über die Monotherapie ASS oder Clopidogrel keineswegs geklärt. Das entscheidende Kriterium sei die Abschätzung des Risikos, für die entsprechende Tabellen bzw. Risiko-Scores zur Verfügung stehen. Wesentliche Risikofaktoren sind Alter, bereits stattgefundene Organischämien, begleitende Störungen des Gerinnungssystems oder Krankheiten des metabolischen Syndroms.

Die effektivste Therapieform ist laut Herdegen die Lyse, wobei es auch hier entsprechend des betroffenen Organs Unterschiede in der Wirksamkeit und des therapeutischen Fensters gibt. Unter den Lytika ist der rekombinante tissue plasminogen-activator (rt-PA, Alteplase) die erste eingenommen; intelligente Weiterentwicklungen, die entweder die Fibrin-Spezifität oder die Resistenz gegen erhöhte PAI-Spiegel verbessern, haben in der Klinik (noch) keine Überlegenheit zeigen können.


Dr. Beatrice Rall