Wechselwirkungen

AiD soll Patienten schützen

Heidelberg - 16.03.2010, 10:43 Uhr


Mit Hilfe des Arzneimittelinformationssystems "AiDKlinik" können schwerwiegende Ereignisse, die infolge von Wechselwirkungen auftreten, in Intensivstationen um etwa die Hälfte

Um lebensbedrohliche Erkrankungen in den Griff zu bekommen, erhalten Patienten auf der Intensivstation meist zahlreiche Arzneimittel gleichzeitig. Dabei ist selbst für Experten die Vielzahl möglicher Neben- und Wechselwirkungen kaum noch überschaubar. Fehlerhafte Verschreibungen, unberücksichtigte Wechselwirkungen, Gegenanzeigen oder Anwendungsbeschränkungen sind immer wieder Ursache für unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die vermeidbar wären. Das Arzneimittelinformationssystem "AiDKlinik" soll helfen, solche unerwünschten Ereignisse zu reduzieren. Dass es dazu in der Lage ist, zeigt eine aktuelle Studie.

Für die Studie auf einer Intensivstation am Universitätsklinikum Heidelberg wurden die Daten von 265 Patienten untersucht. Berücksichtigt wurden nur Patienten, die acht oder mehr Arzneimittel gleichzeitig erhielten. Am zweiten Tag nach der Aufnahme wurden die verordneten Arzneimittel mit Hilfe des Arzneimittelinformationssystems überprüft. Zur nächsten Visite erhielten die zuständigen Ärzte ein Protokoll über mögliche Arzneimittelinteraktionen und, falls erforderlich, auch konkrete Handlungsempfehlungen, um klinische Auswirkungen zu vermeiden.

Durch dieses Vorgehen wurden die unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit Wechselwirkungen um 43 Prozent verringert. Einige der kritischsten Ereignisse wie EKG-Veränderungen und Elektrolytstörungen, die schwere Herzrhythmusstörungen nach sich ziehen können, wurden um 64 Prozent, beziehungsweise 80 Prozent, gesenkt. Auch erhielten weniger Patienten zusätzliche Arzneimittel, um Nebenwirkungen zu therapieren.

Das Arzneimittelinformationssystem "AiDKlinik" wurde von Ärzten des Universitätsklinikums Heidelberg gemeinsam mit der Klinikums-Apotheke und der Medizinische Medien Informations GmbH, Neu-Isenburg, entwickelt und kontinuierlich erweitert. Es handelt sich um einen elektronischen Berater auf Internet-Basis, der von Kliniken und Praxen genutzt werden kann. Zahlreiche relevante Patientendaten, wie Alter, Nierenfunktion und Schwangerschaft werden in die Informationsverarbeitung mit einbezogen. Das Informationssystem berücksichtigt derzeit etwa 64.000 Arzneimittel und wird im Universitätsklinikum flächendeckend eingesetzt.

Quelle: Bertsche, T. et al.: Intensive Care Medicine, 2010, elektronische Vorabveröffentlichung, 10. März 2010.


Dr. Bettina Hellwig


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