Polymerelektronik

Das Labor zum Mitnehmen

München - 21.04.2010, 06:47 Uhr


Forscher am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in München arbeiten an so genanntem intelligentem Plastik. So wird zum Beispiel ein "Blutlabor für die Jackentasche

Mit dem neuen System könnte sich künftig einfach untersuchen lassen, ob ein Verdacht auf eine Thrombose vorliegt oder nicht. Der Patient müsste nur einen Tropfen Blut auf das Messgerät geben. Die Besonderheit des winzigen Lab-on-Chip: Das System ist aus Kunststoff aufgebaut und lässt sich kostengünstig auf Folie herstellen. Damit wäre es möglich, preiswerte Einweg-Diagnosesysteme zu fertigen. In einem EU-Projekt entwickeln Forscher aus acht europäischen Ländern wichtige Grundlagen für das Labor auf dem Plastik-Chip. Das Herzstück des künftigen Analysegerätes ist eine kleine, hochpräzise gefertigte Einweg-Kartusche, mit deren Hilfe ein Blutstropfen biochemisch untersucht wird. Sie besteht aus einer Polykarbonatplatte und vereinigt zwei wesentliche Komponenten des Gerätes: das wichtigste Bauteil - eine 150 Mikrometer dünne Folie, auf der ein filigranes Netzwerk aus Leiterbahnen und Sensoren aus Gold zur Blutanalyse aufgebracht ist, sowie 120 Mikrometer tiefe Fluidkanäle, die das Blut zu den Analyseelementen leiten. In den Sensoren sind die Antikörper auf Nanoelektroden integriert, mit denen sich die Konzentration von Blutgerinnungsmarkern bestimmen lässt. Ist sie erhöht, besteht die Gefahr, dass sich ein Thrombus bildet.

Eine andere Anwendung von "intelligentem Plastik" ist ein Sensorarmband zur Dauerüberwachung verschiedener wichtiger Körperfunktionen vor allem von älteren Patienten, aber auch von Sportlern. Es gleicht einer Armbanduhr aus Plastik. Anstelle eines Ziffernblatts ist das Sensorarmband mit einem leuchtenden Elektroluminiszenz-Display ausgestattet, das zu jeder Tageszeit zum Beispiel die aktuelle Körpertemperatur anzeigt. Es misst auch die Hautfeuchte, die ein Hinweis darauf sein kann, dass der Patient oder Sportler zu wenig getrunken hat. Das Patientenarmband kann auch Menschen mit Herzschrittmacher auf mögliche Gefährdungen aufmerksam machen und sie über die Stärke elektrischer oder elektromagnetischer Felder in der nächsten Umgebung informieren.

Viele weitere Anwendungen sind denkbar: Auf der polytronischen Plattform können nach Bedarf verschiedenste Sensoren integriert werden. Technisch gesehen ist das Sensorarmband eine Kombination aus Polymer- und klassischer Elektronik. Auf Folien gedruckte Leuchtelemente, Sensoren und polymere Widerstände sind hierbei mit integrierten Schaltungen aus Silizium in ein System zusammengefügt. Eine drei Mikrometer dünne Resonanzschaltung mit einer geätzten Spule, eine Art winziger Antenne, erfasst den Elektrosmog. Ein Interdigitalkondensator, auf Folie aufgebracht und nur 30 Mikrometer dick, ermittelt die Hautfeuchte. Kammartig eng ineinandergelegte Mäander aus nur 0,5 Mikrometer dünnen Kupferbahnen messen die Körpertemperatur. Die winzigen Sensoren und die optischen Funktionen werden durch eine Kombination von drucktechnischen und lithographischen Verfahren auf die Folien aufgebracht.

Das Sensorarmband ebenso wie das Diagnosegerät für tiefe Beinvenenthrombose lassen sich sowohl als Folieneinzelblätter wie auch durch Rolle-zu-Rolle-Produktion in größeren Stückzahlen kostengünstig herstellen.

Quelle: Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft, 14. April 2010.


Dr. Bettina Hellwig