Tumorbiologie

Gen reguliert Chromosomen bei der Zellteilung

Marburg - 28.04.2010, 11:05 Uhr


Wissenschaftler aus Marburg, Jena, Heidelberg und Berlin haben ein Gen gefunden, das Fehlverteilungen von Chromosomen verhindert, die zu Krebserkrankungen führen können.

Wenn sich Körperzellen teilen, werden die zuvor verdoppelten Chromosomen auf die Tochterzellen verteilt. Eines der Hauptkennzeichen menschlicher Krebserkrankungen sind Chromosomen-Fehlverteilungen, die während der Kernteilung entstehen, der so genannten Mitose. Die Wissenschaftler wollten Gene identifizieren, die häufig in Tumoren inaktiviert sind und deren Inaktivierung zu Chromosomen-Fehlverteilungen führt.

Schon frühere wissenschaftliche Ergebnisse brachten das Gen CHK2 mit verschiedenen Krebserkrankungen in Verbindung. Die Forschergruppe untersuchte nun Lungen-Tumorgewebe von über hundert Patienten, bei denen Chromosomen-Fehlverteilungen sehr häufig vorkommen. Dabei zeigte sich, dass das Gen bei über der Hälfte der Proben fehlte. Die Marburger Wissenschaftler vermuten daher, CHK2 könne ein wichtiger Tumorsuppressor bei Lungenkrebs sein.

Bislang ging man davon aus, dass das Genprodukt von CHK2 lediglich daran beteiligt ist, wenn Zellen auf eine Beschädigung der Erbsubstanz DNA reagieren. Die aktuelle Veröffentlichung belegt nun eine neue Funktion des Enzyms, nämlich für den ordnungsgemäßen Verlauf der Mitose: Wenn CHK2 fehlt, bilden menschliche Kulturzellen den so genannten Spindelapparat nicht korrekt, der die Chromosomen auf gegenüberliegende Seiten der sich teilenden Zelle zieht. Dadurch kommt es zu einer fehlerhaften Verteilung der Chromosomen, wie sie für Tumore typisch ist.

CHK2 wirkt dabei nicht alleine, sondern modifiziert den Tumorsuppressor BRCA1, der sehr häufig in Brusttumoren inaktiviert ist. Die Forscher konnten zeigen, dass die Modifzierung von BRCA1 durch CHK2 essentiell ist, um eine korrekte Chromosomenverteilung sicherzustellen.

Die Marburger Arbeitsgruppe plant nun, näher zu untersuchen, welche Funktionen die beiden Gene beim mitotischen Spindelaufbau erfüllen. Außerdem möchten die Forscher herausfinden, ob sich ihr Fehlen auch therapeutisch ausnutzen lassen könnte.

Quelle: Stolz, A., et al.: Nature Cell Biol. 12 (Mai 2010), Online-Vorabveröffentlichung: DOI: 10.1038/ncbBastians


Dr. Bettina Hellwig