Autoimmunerkrankungen

Wie gefährliche T-Zellen aussortiert werden

München - 11.05.2010, 06:55 Uhr


Wie gefährliche T-Zellen, die zu Autoimmunerkrankungen führen können, vom Körper rechtzeitig erkannt und aussortiert werden, haben jetzt Münchner Wissenschaftler untersucht.

Gemeinsam mit den B-Lymphozyten gehören T-Lymphozyten zur Gruppe der weißen Blutkörperchen, die spezifische Aufgaben bei der Abwehr von Krankheitserregern erfüllen. Unmittelbar nach ihrer Entstehung erhalten die T-Zellen in der Thymusdrüse nach dem Zufallsprinzip einen Rezeptor, der jeweils nur eine spezifische Struktur erkennt. Anschließend werden die Zellen daraufhin getestet, ob sie mit ihrem Rezeptor auf eine körpereigene Struktur reagieren. Ist dies der Fall, werden die potenziell gefährlichen T-Zellen meist noch im Thymus unschädlich gemacht. Entweder sie werden in den programmierten Zelltod getrieben oder zu so genannten regulatorischen T-Zellen "umerzogen". Diese erkennen zwar immer noch körpereigene Strukturen, sie erfüllen nun jedoch den Zweck, schädliche T-Zellen in ihrer Nachbarschaft unter Kontrolle zu halten.

Im Thymus gibt es einen spezialisierten Zelltyp, der sämtliche Zellstrukturen des Körpers produziert, die medullären Epithelzellen. Die so entstandenen Proteine, auch "Selbst-Antigene" genannt, werden anschließend in kurze Spaltstücke zerlegt und in dieser Form den T-Zellen präsentiert. Damit entsteht im Thymus quasi ein Abbild des gesamten Körpers. T-Zellen, die auf körpereigene Strukturen reagieren, können so gezielt aussortiert werden. Allerdings war bislang unklar, auf welche Weise die Proteinbruchstücke den T-Zellen dargeboten werden. Eine verbreitete Annahme war, dass diese Aufgabe von den dendritischen Zellen im Thymus erfüllt wird. In der neuen Arbeit haben die Forscher sich nun mit der Frage beschäftigt, ob auch die medullären Epithelzellen als antigenpräsentierende Zellen fungieren.

Mit Hilfe der "Knock-down-Methode" setzten die Forscher bei Mäusen die Aktivität eines Schlüsselmoleküls der medullären Epithelzellen herunter, das spezifisch an der Präsentation der Proteinstücke beteiligt ist. Dagegen blieb die Funktion der Epithelzellen als Hersteller der Proteinschnipsel vollständig erhalten. Unter diesen Umständen wurden T-Zellen, die normalerweise in den Zelltod getrieben werden, nicht mehr effizient eliminiert. Dieser Befund zeigt, dass den medullären Epithelzellen eine entscheidende Funktion als antigenpräsentierende Zellen zukommt. So ließ sich durch die genetischen Veränderungen in einigen Organen auch eine autoimmune Gewebezerstörung beobachten, die jedoch relativ mild ausfiel.

Zusätzlich erhielten die Forscher in ihrer Untersuchung erste Antworten auf die Frage, warum manche der als schädlich erkannten T-Zellen im Thymus in den Zelltod getrieben werden, während andere unter genau denselben Umständen in regulatorische T-Zellen verwandelt werden. So wurde die antigenpräsentierende Funktion der T-Zellen durch die "Knock-down-Methode" nicht vollkommen ausgeschaltet, sondern nur auf etwa ein Zehntel des ursprünglichen Wertes herunterreguliert. Dadurch entwickelten sich einige T-Zellen, die normalerweise aussortiert worden wären, zu regulatorischen Zellen. Demnach spielt die Stärke der Antigen-Erkennung im Thymus eine entscheidende Rolle dafür, ob eine potentiell schädliche T-Zelle abstirbt oder zu einer harmlosen regulatorischen T-Zelle wird. Das Verständnis dieser Mechanismen könnte dazu beitragen, neue Therapieansätze für Autoimmunkrankheiten zu entwickeln.

Quelle: Hinterberger, M., et al.: Nature Immunology online; DOI: 10.1038/ni.1874


Dr. Bettina Hellwig