Autismus

Zahlreiche Veränderungen im Erbgut

Heidelberg - 16.06.2010, 06:53 Uhr


Das Erbgut von Autismuspatienten zeigt häufig eine Reihe seltener genetischer Veränderungen. Viele Gene liegen in veränderter Kopienanzahl vor - sie sind vervielfältigt oder

Einige der betroffenen Gene spielen auch bei anderen psychiatrischen Entwicklungsstörungen eine Rolle. Jetzt untersuchten Forscher aus Frankfurt und Heidelberg das Erbgut von 1.000 Personen mit einer autistischen Störung auf bestimmte Erbgutveränderungen, die als "copy number variants" bezeichnet werden. Zum Vergleich analysierten sie die Genome von 1.300 Kontrollpersonen. Bei den Erkrankten waren häufiger Bereiche des Genoms verdoppelt oder verloren gegangen. Teilweise haben die Betroffenen diese Veränderung von ihren Eltern geerbt, sie können aber auch spontan entstehen.

Bei Personen mit Autismus sind vor allem solche Gene verdoppelt oder verloren gegangen, die beim Wachstum von Zellen und bei der Vernetzung von Nervenzellen eine Rolle spielen. Die Forscher haben besonders viele Veränderungen der Kopienzahl bei Genen entdeckt, die sowohl bei der Entstehung von Autismus als auch bei geistigen Beeinträchtigungen entscheidend sind. Das unterstreicht die Hypothese, dass verschiedenen psychiatrischen Entwicklungsstörungen gemeinsame genetische Risikofaktoren zugrunde liegen können.

Die Ergebnisse zeigen, dass Autismus durch eine Reihe seltener Genveränderungen verursacht werden kann, von denen jede einzelne nur weniger als ein Prozent der Bevölkerung betrifft. Die genaue Untersuchung der neu entdeckten Erbgutveränderungen soll helfen, die biologischen Prozesse bei der Entstehung von Autismus besser zu verstehen und möglicherweise Angriffspunkte für Therapien zu finden.

Autismuspatienten erben die Krankheit meist von ihren Eltern und fallen durch Probleme in der Kommunikation, eingeschränkte Sozialkontakte und stereotype Verhaltensmuster auf. Die Bandbreite der kognitiven Entwicklung reicht von überdurchschnittlicher Intelligenz bis hin zur geistigen Behinderung. Die Erkrankung kann in verschiedenen Schweregraden auftreten, daher fassen Ärzte Autismus als Gruppe von Funktionsstörungen mit ähnlichen Merkmalen zusammen. Dazu gehören der frühkindliche Autismus, das Asperger-Syndrom und der atypische Autismus. Etwa ein Prozent der Bevölkerung weist eine solche Störung auf.

Quelle: Pinto, D., et al.: Nature 2010, Online-Publikation DOI: 10.1038/nature09146.


Dr. Bettina Hellwig