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Psychiatrie
Essstörungen verändern die Gehirnstruktur
Personen mit einer Essstörung haben eine verzerrte Körperwahrnehmung. Diese gestörte Wahrnehmung spiegelt sich auch in den Hirnfunktionen wider. Jetzt konnten
Das Gefühl, zu dick zu sein, ständiges Messen und Wiegen, die Angst, zuzunehmen oder sich anderen zu zeigen, quälen Patientinnen und Patienten. Wissenschaftler von der Universität Witten/Herdecke und der Ruhr-Universität Bochum verglichen die Veränderung des Volumens der grauen Hirnsubstanz in der so genannten Extrastriate Body Area (EBA) bei Probanden und Patienten mit Magersucht. Veränderungen des Volumens der EBA und der Aktivierung durch eine speziell entwickelte Therapie wurden innerhalb der Patientengruppe bestimmt.
Die Patienten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe erhielt eine spezielle Therapie zur Verbesserung des Körperbildes, eine Gruppe wurde nicht therapiert. Mit dieser Gruppeneinteilung werden die Unterschiede in der Hirnaktivierung und in der Modellierung der grauen Hirnsubstanz unter der Therapie beobachtet. Im Kernspintomografen wurden den Probanden Bilder von Gegenständen und vom menschlichen Körper gezeigt. Die Aufnahmen zeigten, dass in der für die Verarbeitung von Körperbildern zuständigen Hirnregion (EBA) die graue Substanz bei den essgestörten Probanden deutlich vermindert ist.
Fraglich war deshalb, ob sich die gestörte Körperwahrnehmung beeinflussen lässt. Eine funktionelle Kernspinuntersuchung (fMRI; functional magnetic resonance imaging) konnte dies klären. Untersucht wurden nur Essgestörte, und die Gruppe, die eine Körperbildtherapie absolviert hatte, wurde mit den nicht therapierten Essgestörten verglichen.
Dabei zeigte sich:
- Die Aktivierungsmuster im Gehirn bei Betrachtung des eigenen und eines fremden Körpers zeigten deutliche Unterschiede bei gesunden und essgestörten Probanden.
- Bei den magersüchtigen Essgestörten war die Anzahl der grauen Zellen in der EBA geringer. Die Aktivierung der EBA konnte durch die Therapie erhöht werden. Die Region ist demnach plastisch und kann durch eine Therapie verändert werden.
- Bei Personen mit Essstörungen konnte beim Betrachten fremder Körper im Vergleich zu Personen ohne Essstörung eine deutlich erhöhte Aktivität des Amygdala-Areals festgestellt werden. Die Amygdala, der Mandelkern, ist Bestandteil des limbischen Systems, das bei Angst und unangenehmen Gefühlen aktiviert wird. Ursächlich für die erhöhte Aktivität könnte die Tatsache sein, dass sich Menschen mit Essstörungen stärker mit anderen vergleichen und bei diesem Vergleich ihrem subjektiven Empfinden nach schlechter abschneiden.
Quellen:
Vocks, S., et al.: J. Psych. Neurosci. 2010; 35(3):163-76
Suchan, B., et al.: Behav. Brain Research 2010; 206(1):63-7.
Witten/Herdecke - 03.07.2010, 07:00 Uhr