GABA-Rezeptoragonisten

Jasminduft als Sedativum

Bochum/Düsseldorf - 13.07.2010, 07:00 Uhr


Statt Schlaftablette oder Stimmungsaufheller könnte auch eine Nase Jasminduft helfen: Bochumer und Düsseldorfer Forscher haben entdeckt, dass die beiden Duftstoffe Vertacetal-coeur (VC)

Benzodiazepine, Barbiturate und Narkosemittel wie Propofol wirken über spezifische Haftstellen an Rezeptoren, die an Synapsen im Gehirn liegen und die Wirkung des hemmenden körpereigenen Botenstoffs GABA (Gamma-Aminobuttersäure) verstärken. Um selbst wie GABA zu wirken, müssten die Medikamente sehr hoch dosiert werden, aber schon geringere Dosierungen genügen, um die Wirkung der körpereigenen GABA um das Zwei- bis Dreifache zu steigern.

Die Forscher haben jetzt in einer großen Screeningstudie mehrere hundert Duftstoffe hinsichtlich ihrer Wirkung auf GABA-Rezeptoren von Mensch und Maus getestet. Die beiden Duftstoffe Vertacetal-coeur (VC) und die chemische Variante (PI24513) wirkten am stärksten: Sie konnten die GABA-Wirkung um mehr als das Fünffache steigern und wirken somit ähnlich stark wie die bekannten Medikamente. Die "Gegenprobe" mit genetisch veränderten GABA-Rezeptoren in transgenen Mäusen, die auf Propofol nicht mehr reagierten, bestätigte, dass der Wirkmechanismus derselbe ist: Auch auf die Duftstoffe reagierte der veränderte Rezeptor nicht mehr.

Verhaltenstests mit Mäusen beseitigten dann letzte Zweifel an den Qualitäten der Düfte als Sedativum. Gespritzt oder inhaliert, entfalteten die Duftstoffe eine beruhigende Wirkung: In einem Plexiglaskäfig, dessen Luft eine hohe Konzentration des Dufts enthielt, stellten die Mäuse jede Aktivität ein und saßen ruhig in der Ecke. Über die Atemluft gelangen die Duftmoleküle von der Lunge ins Blut und werden von dort dann ins Gehirn transportiert. Elektrophysiologische Messungen an Neuronen aus für den Schlaf/Wach-Rhythmus verantwortlichen Hirnbereichen zeigten, dass die GABA-Wirkung auf die "schlafaktiven" Nervenzellen durch die Duftstoffe potenziert wurde. Durch die Veränderung der chemischen Struktur der Duftmoleküle wollen die Forscher versuchen, noch stärkere Wirkung zu erzielen.

Quelle: Sergeeva, O. A., et al.: J. Biol. Chem., Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1074/jbc.M110.103309


Dr. Bettina Hellwig