Mukoviszidose

Neuer Ansatzpunkt für die Therapie

Bonn - 18.07.2010, 07:00 Uhr


Bei der Mukoviszidose zerstört die körpereigene Qualitätskontrolle defekte Ionenkanäle auf der Zelloberfläche – leider voreilig: Deren Restaktivität würde nämlich reichen, um die Symptome

Bei der Mukoviszidose sind durch eine Genmutation Ionenkanäle auf der Zelloberfläche verändert, die normalerweise Chloridionen nach außen schleusen. Chlorid wirkt osmotisch: Es bewirkt, dass Wasser aus den Zellen in die Umgebung austritt. Dieser Effekt hält beispielsweise den schützenden Sekretfilm in der Lunge dünnflüssig: Die Flimmerhärchen in den Bronchien können den Schleim mit den darauf sitzenden Fremdstoffen und Bakterien problemlos abtransportieren. Ohne Chlorid kommt dieser Transport nahezu zum Erliegen. Chronische Infekte und schwere Lungenentzündungen sind die Folge.

Paradoxerweise verschärft die zelleigene Qualitätskontrolle das Krankheitsbild bei Mukoviszidose noch zusätzlich: Die fehlerhaften Kanäle wären nämlich sehr wohl noch in der Lage, Chlorid zu transportieren – wenn auch schlechter als normal. Das Problem ist nur: Der Körper lässt sie nicht. In der Regel sortiert die Zelle die defekten Kanäle direkt nach der Produktion aus.

Seit einiger Zeit versuchen verschiedene Forschergruppen daher, die Qualitätskontrolle zu unterbinden, damit die Chloridkanäle in die Membran gelangen und dort mit ihrer Restaktivität dafür sorgen, den zähen Schleim zu verflüssigen. Wenn jedoch die Überwachung der frisch produzierten Kanäle abgeschaltet wird, gelangen diese zwar in die Membran, werden dort aber durch einen zweiten Kontrollmechanismus entdeckt, wieder in die Zelle verfrachtet und zerstört. Jetzt haben die Forscher eine Komponente gefunden, die bei beiden Qualitätskontrollen mitarbeitet – also sowohl in der Membran als auch bereits direkt nach der Produktion der Kanäle. Die Forscher suchen nun nach Wegen, diese Komponente zu hemmen und damit beide Überprüfungsmechanismen gleichzeitig auszuschalten.

Quelle: Okiyoneda, T., et al.: Science, Juli 2010, Online-Vorabpublikation DOI.1126/science.1191542.


Dr. Bettina Hellwig