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Reizdarmsyndrom
Gestörtes Gleichgewicht im Darm
Neue Erkenntnisse zu den Ursachen des Reizdarmsyndroms haben jetzt Humanbiologen der Technischen Universität München gefunden: Mini-Entzündungen in der Darmschleimhaut bringen das empfindliche Gleichgewicht im Darm durcheinander und gehen mit einer Sensibilisierung des Darmnervensystems einher.
Blähungen, Verstopfung oder Durchfall, Übelkeit oder Bauchkrämpfe – beim so genannten "Reizdarmsyndrom" wird die Verdauung zum Alptraum. Nicht selten kommen zum ständigen Toilettengang noch Schlafstörungen sowie Kopf- oder Rückenschmerzen.
In Deutschland leiden rund sieben Millionen Menschen an dem Leiden - und daran, dass man ihr Reizdarmsyndrom oft für psychosomatisch hält. Denn bislang ist der organische Auslöser der Krankheit unentdeckt, entsprechend enttäuschend sind die Therapieansätze.
Jetzt haben Biologen der TU München erstmals unsichtbare, körperliche Ursachen der Darmkrankheit aufgeklärt. Dem Forscherteam ist der Nachweis geglückt, dass Mikroentzündungen in der Schleimhaut eine Sensibilisierung des Darmnervensystems auslösen und damit Ursache für das Reizdarmsyndrom sind. Mit ultraschnellen optischen Messverfahren konnten die Forscher zeigen, dass Botenstoffe von Mastzellen und enterochromaffinen Zellen die Nervenzellen im Darm direkt aktivieren. Diese Überempfindlichkeit des Darmnervensystems bringt die Kommunikation zwischen Darmschleimhaut und -nervensystem durcheinander. Die irritierte Darmschleimhaut setzt nun vermehrt neuroaktive Botenstoffe wie Serotonin, Histamin und Proteasen frei. Dieser körpereigene Cocktail könnte die eigentliche Ursache der unangenehmen Reizdarm-Beschwerden sein.
Die TUM-Humanbiologen untersuchen zurzeit, inwieweit die Nervensensibilisierung mit der Schwere der Krankheitssymptome korreliert. Sie konnten die klinische Relevanz ihrer Ergebnisse bereits untermauern: Reizdarmsymptome verbesserten sich nach Behandlung mit einem Antihistaminikum, dessen immunstabilisierende Wirkung von der Behandlung allergischer Reaktionen wie Heuschnupfen bekannt ist. Die Wissenschaftler untersuchen nun, ob die Symptomverbesserung mit einer Normalisierung der Nervenaktivität einhergeht.
Quelle: Klooker, T. K., et al.: Gut. Online-Vorabpublikation, DOI:10.1136/gut.2010.213108.
19.08.2010, 10:13 Uhr