Deutsche Arteriosklerose-Studie

Dicke Kinder haben schlechte Gefäße

Leipzig, Stockholm - 06.09.2010, 06:50 Uhr


Übergewicht und Fettleibigkeit führen bereits im frühen Kindesalter zu ausgeprägten Stoffwechsel-Veränderungen und generalisierten Gefäßschäden als Frühform einer Arteriosklerose.

Das berichtete Priv.-Doz. Dr. med. Sandra Erbs, Universität Leipzig, auf dem Europäischen Kardiologenkongress in Stockholm. Adipöse Kinder weisen häufig eine Fehlfunktion der Blutgefäß-Innenwand (Endotheldysfunktion) auf, eine krankhafte Dicke der inneren und mittleren Schicht der Gefäßwand der Halsschlagader (Intima-Media-Dicke), sowie eine eingeschränkte Fähigkeit der so genannten zirkulierenden Endothel-Vorläuferzellen, Blutgefäße zu regenerieren.

Im Rahmen der Leipziger Studie wurden insgesamt 156 Kinder untersucht: 86 adipöse oder übergewichtige mit einem Durchschnittsalter von 12,2 Jahren und einem Durchschnitts-Body-Mass-Index von 28,3) sowie 70 normalgewichtige Kontrollkinder. Die Studie ist Teil der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Klinischen Forschergruppe "Atherobesity". Untersuchungsziel war herauszufinden, inwieweit bereits adipöse oder übergewichtige Kinder von Schädigung der Gefäße betroffen sind.

Einige Untersuchungsergebnisse im Detail:

  • Adipöse oder übergewichtige Kinder sehen im Gegensatz zu Schlanken signifikant mehr Stunden pro Woche TV und sind signifikant seltener in Sport- und Freizeitvereinen engagiert. Dies spiegelt sich in einer eingeschränkten motorischen Funktion, Körperwahrnehmung und Koordination in nahezu allen Teilbereichen wieder. Es zeigte sich, dass die motorische Fähigkeit mit zunehmendem BMI weiter abnahm.
  • Der mittlere systolische Blutdruck war unter Alltagsbedingungen bei adipösen Kindern im Mittel um 8 mmHg höher als bei Normalgewichtigen.
  • Im oralen Glucosetoleranz-Test ergaben sich bei den adipösen Kindern Hinweise für einen gestörten Glucose-Stoffwechsel als Vorstufe eines Diabetes mellitus.
  • Bereits im Alter von zwölf Jahren zeigten sich bei adipösen oder übergewichtigen Kindern pathologische Veränderungen der Intima-Media-Dicke der Halsschlagader als prognostischer Marker für die Entwicklung einer Artherosklerose.
  • Die Anzahl endothelialer Progenitorzellen (EPC) war bei den adipösen Kindern im Vergleich zu Normalgewichtigen signifikant reduziert. Aus Studien mit Erwachsenen ist bekannt, dass Anzahl und Funktion der EPC einen engen Zusammenhang mit kardiovaskulären Risikofaktoren zeigen und die Reduktion der EPC zukünftigen kardiovaskulären Ereignissen vorausgeht.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 30. August 2010.


Dr. Bettina Hellwig