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Arzneiverordnungs-Report 2010
Industrie: Untauglicher Vergleich mit Schweden
Bei den Verbänden der pharmazeutischen Industrie ist der jüngste Arzneiverordnungs-Report (AVR) auf Kritik gestoßen. Vor allem der Schweden-Vergleich ist aus ihrer Sicht nicht tragbar.
Der AVR prangert in erster Linie die Preispolitik der Hersteller patentgeschützter Arzneimittel an. Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) hält das für „Schnee von gestern“. Der AVR beschäftige sich mit der Vergangenheit, obwohl gerade der innovative Arzneimittelmarkt in Deutschland aktuell vor seiner größten Zäsur stehe. Die forschenden Pharma-Unternehmen würden durch Zwangsrabatte mit 1,2 Milliarden Euro im Jahr belastet, betonte Yzer. Die Preise innovativer Medikamente werden künftig stärker durch Verhandlungen zwischen Industrie und Kassen geprägt. Was den Schweden-Vergleich betrifft, wirft der vfa den AVR-Autoren vor, entscheidende Fakten zu ignorieren: So gingen in Schweden 87 Prozent des Endpreises an den Hersteller, in Deutschland gerade einmal 57 Prozent. In Schweden gibt es nämlich nicht zuletzt keine Mehrwertsteuer für Medikamente.
Pro Generika verweist überdies darauf, dass die Apothekenhonorare in Deutschland und Schweden völlig unterschiedlich sind. Die einzig valide Berechnungsgrundlage wäre der Herstellerabgabepreis, den die Autoren des AVR aber trotz wiederholter Aufforderung seit Jahren bewusst nicht heranzögen, hieß es aus dem Verband. Er kritisiert zudem, dass der AVR immer noch mit Listenpreisen arbeite, die in Deutschland in Zeiten der Rabattverträge bei Generika praktische keine Rolle mehr spielten.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sieht die Chance vertan, sachlich und differenziert über die wirklich Lage auf dem Arzneimittelmarkt zu berichten. Dabei enthalte der AVR in seiner Langfassung seit Jahren bemerkenswerte Daten – doch im Rahmen der Pressekonferenz blieben diese außen vor. „Es muss auch deutlich gemacht werden, dass die Ausgabensteigerungen genau auf den Vorgaben der Rahmenvereinbarungen der Krankenkassen und der Ärzte lagen und durch eine Zunahme von Leistungsfällen entstehen“, sagte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des BPI. Das gleiche gelte für die immensen Fortschritte in der Arzneimitteltherapie. So sei beispielsweise HIV-Patienten heute eine 15 Jahre längere Lebenserwartung beschert, als Mitte der 90iger Jahre. „Wer Arzneimittel immer nur als Kostenfaktor sieht, niemals aber unter dem Aspekt der Heilung und des Helfens, hat ein eigenartiges Verständnis von den Möglichkeiten der heutigen Pharmakotherapie“, so Fahrenkamp.
Berlin - 14.09.2010, 16:50 Uhr