Barmer GEK-Versorgungsforschung

Auch Gesunde gehen acht Mal im Jahr zum Arzt

Berlin - 16.09.2010, 11:14 Uhr


Anfang des Jahres sorgte eine Meldung für Aufsehen: Die Deutschen gehen durchschnittlich 18 Mal pro Jahr zum Arzt. Jetzt ist die Barmer GEK der Frage nachgegangen, was hinter dieser Zahl steckt

Von den gut 18 Arztbesuchen pro Kopf und Jahr ist fast die Hälfte auf behandlungsintensive und häufig vorkommende Krankheiten und Ereignisse zurückführen. Vor allem Patienten mit Hypertonie, Herzschwäche und Depressionen sorgen für die hohe Zahl. Dies zeigt eine Analyse, die für die vergangene Woche veröffentlichte Barmer GEK-Publikation „Gesundheitswesen aktuell 2010“ erstellt wurde. Jeweils gut zwei der durchschnittlichen 18 Arztbesuche gehen auf diese drei Erkrankungen zurück. Doch selbst wenn man die Daten um diese besonders relevanten Krankheiten und Ereignisse – z.B. Pflege oder Erwerbsminderung – bereinigt, kommen die übrigen Versicherten auf jährlich zehn Arztbesuche. Von diesen Versicherten verursacht der Großteil – immerhin rund 70 Prozent – nicht mehr als 100 Euro Kosten im Jahr. Dennoch gehen auch diese Menschen im Schnitt noch acht Mal zum Arzt. Was hinter diesen Besuchen steckt, bleibt bei der Analyse im Vagen. „Mögliche Kontaktanlässe“ seien Erkältungskrankheiten, Präventionsleistungen oder das Bescheinigen einer Arbeitsunfähigkeit.

Die Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Birgit Fischer, betonte bei der Vorstellung der jüngsten Publikation ihrer Kasse: „Die Aufschlüsselung zeigt, dass es teilweise gute Gründe für die hohe Arztkontaktrate hierzulande gibt. Sie beweist aber auch, dass wir in einigen ambulanten Bereichen nachsteuern müssen“. Angesichts der Tatsache, dass über die Hälfte der Arztkontakte bei Hausärzten anfallen, verwies Fischer auf die Hausarztverträge als Möglichkeit, die medizinische Behandlungsqualität und die Steuerung der Behandlungsabläufe messbar zu verbessern. Allerdings sind aus ihrer Sicht die Verträge nach § 73 b SGB V dazu nicht geeignet. Dies hätte die Vertragsverhandlungen mit den Hausärzteverbänden gezeigt. „Wir setzen auf dreiseitige Verträge zwischen Kassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Hausärzteverbänden“, so Fischer. Sie kündigte zudem an, die Versorgungsforschung weiter zu intensivieren.

Ein weiterer Artikel des Buches befasst sich mit der Abbildung von Multimorbidität im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Barmer-GEK-Autorin Claudia Schulte kommt in ihrer Analyse zu dem Ergebnis, dass Mehrfachkranke dabei nicht angemessen berücksichtigt werden. So stünden den durchschnittlichen Ausgaben eines Versicherten mit vier Erkrankungen in Höhe von 6.400 Euro nur Zuweisungen von 5.950 Euro gegen. „Die kassenindividuelle Relevanz wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Unterdeckung von 450 Euro allein für rund 215.000 Versicherte der ehemaligen Barmer gilt“, so Schulte. Diese systembedingte Schieflage gelte es deshalb, im Sinne einer besseren Verteilungsgerechtigkeit zu beseitigen.


Kirsten Sucker-Sket