AMNOG-Anhörung

G-BA kritisiert Sonderstellung für Orphan Drugs

Berlin - 22.09.2010, 11:26 Uhr


In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes äußert sich der Gemeinsame Bundesausschusskritisch zur geplanten Herausnahme von Orphan Drugs aus der Nutzenbewertung. In seiner Begründung verweist er auf Arzneimittel, die als „Orphan Drug“ gestartet seien und sich dann zu „Blockbustern“ für die Hersteller entwickelt hätten.

So sei z.B. der Wirkstoff Imatinib (Glivec®) als Orphan Drug im Jahr 2001 zugelassen worden. In den letzten Jahren sei mehrfach die Zulassung auf weitere Indikationen erweitert worden. In der Stellungnahme wird dazu ausgeführt: „Im Arzneiverordnungsreport 2010 findet sich Glivec auf Platz 6 der umsatzstärksten Arzneimittel (für das Jahr 2009) mit einem Umsatz von 263 Millionen Euro (Zuwachs von 13, 8 Prozent) und verursacht damit 40 Prozent der Kosten aus dieser Arzneimittelgruppe. Die mittleren Kosten pro definierter Tagesdosis (DDD) liegen bei 139 Euro, die mittleren Jahrestherapiekosten liegen bei ca. 40.000 Euro.“

Als ein weiteres Arzneimittel im Bereich der Onkologie sei Sorafenib (Nexavar®) für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms als Orphan Drug zugelassen. Hier lägen die mittleren Jahrestherapiekosten bei 60.000 Euro; der Jahresumsatz in 2009 in der GKV lag bei 58 Millionen Euro. In Studien zeige sich kein Vorteil bezogen auf das Gesamtüberleben im Vergleich zu einer Placebobehandlung.

Für die Behandlung des Lungenhochdrucks seien derzeit mehrere Arzneimittel zugelassen: Ambrisentan (Volibris®), Bosentan (Tracleer®), Iloprost zur Inhalation (Ventavis), Sildenafil (Revatio) und Sitaxentan (Thelin). Alle Arzneimittel besäßen eine Zulassung als Orphan Drug und die Jahrestherapiekosten reichen von ca. 10.000 Euro bis 200.000 Euro. Der GKV-Umsatz für die aufgeführten Präparate lag im Jahr 2009 bei 145 Millionen Euro. Für keines der Arzneimittel hätte eine Verlängerung des Gesamtüberlebens im Vergleich zu Placebo gezeigt werden können.

Der Beleg für den therapeutischen Nutzen müsse daher für alle neu zugelassenen Arzneimittel und für neu zugelassene Anwendungsgebiete unabhängig von der Arzneimittelzulassung erbracht werden, wenn die Ziele des AMNOG erreicht und eine verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung der Industrie im Rahmen einer Schnellbewertung aber auch in einem nachgehenden mehrstufigen Verfahren der Nutzen/Risikoabwägung unter mehreren nicht nur medikamentösen Therapiemöglichkeiten gewährleistet werden sollten, fordert der G-BA.


Lothar Klein


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