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Neurobiologie
Lesenlernen verändert das Gehirn
Französische Forscher konnten nachweisen, dass Lesenlernen das Gehirn verändert. Die Studie spiegelt den massiven Einfluss von Bildung auf das menschliche Gehirn wider, insbesondere
Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie die Gehirntätigkeit von Erwachsenen gemessen, während sie verschiedenen Stimuli, wie gelesenen oder geschriebenen Sätzen, gelesenen Wörtern, Gesichtern, Häusern und verschiedenen Objekten, ausgesetzt waren.
Die Daten gewannen die Forscher mit Hilfe von 63 Probanden, von denen zehn Analphabeten waren, 22 im Erwachsenenalter das Lesen erlernt hatten und 31 eine ganz normale Schulbildung durchlaufen haben. Die Studie wurde gleichzeitig in Portugal und Brasilien durchgeführt. Bis vor einigen Jahrzehnten kam es in diesen Ländern noch häufig vor, dass Kinder auf Grund ihres sozialen Status nicht die Schule besuchen konnten.
Wurden den Probanden geschriebene Sätze vorgelegt, zeigten die Lesekundigen im Gegensatz zu den Analphabeten eine erhöhte Aktivität mehrerer Gehirnregionen. Die betreffenden Areale sind für die Verarbeitung visueller und sprachlicher Informationen zuständig. Die visuellen Areale, die bei den Lesekundigen die geschriebenen Worte dekodieren, haben bei den Analphabeten eine ähnliche Funktion, nämlich die visuelle Erkennung von Objekten und Gesichtern.
Der visuelle Cortex organisiert sich teilweise neu, wobei die Worterkennung in Konkurrenz zu anderen Leistungen des visuellen Cortex - der Gesichter- und Objekt-Erkennung - tritt. Gehirne besonders flüssig Lesender brauchen für die Gesichtserkennung nur einen geringen Aufwand.
Die meisten Auswirkungen des Lesenlernens auf den Cortex sind bei den Probanden, die eine ganz normale Schulbildung durchlaufen haben, die gleichen wie bei den Probanden, die erst als Erwachsene das Lesen erlernt haben. Das Gehirn sei also plastisch genug, dass auch das Lesenlernen im Erwachsenenalter noch zu ähnlichen Ergebnissen führt wie in der gewöhnlichen Schulzeit, folgern die Wissenschaftler.
Quelle: Dehaene, S., et al.: Science 2010, Online-Veröffentlichung DOI: 10.1126/science.1194140.
Paris - 10.12.2010, 06:55 Uhr