Schilddrüsenerkrankungen

Verbesserte Iodzufuhr beugt vor

Davos - 20.02.2011, 06:30 Uhr


In Deutschland wird die von der WHO empfohlene tägliche Iodaufnahme von 150 bis 200 µg nicht immer erreicht. Weil jedoch vor allem in der industrielllen Nahrungsverarbeitung zunehmend mehr Iodsalz verwendet wird

Das Spurenelement Iod ist der wichtigste Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Das Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4) enthält vier Iodatome und wird in den Zielzellen durch Abspaltung eines Iodatoms zur Wirkform Trijodthyronin (T3) abgebaut.

Gesteuert wird die Bildung von Thyroxin durch Thyreotropin (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, TSH), das von der Hypophyse freigesetzt wird. Dieses Zusammenspiel ist durch eine negative Rückkopplung gesichert: Bei einem hohen Spiegel der Schilddrüsenhormone wird wenig TSH ausgeschüttet und umgekehrt. Deshalb kann die TSH-Messung auch zur Bestimmung der Schilddrüsenfunktion verwendet werden.

Schilddrüsenhormone beeinflussen die Funktion fast aller Organe: Sie erhöhen den Grundumsatz und steigern die Körpertemperatur. Außerdem erweitern sie die Blutgefäße, beschleunigen den Herzschlag und erhöhen den Blutdruck.

Wird zu wenig Iod mit der Nahrung aufgenommen, vergrößert sich die Schilddrüse, bis ein Kropf oder eine Struma sichtbar wird. Zwischen 25 und 40% der Bundesbürger haben eine vergrößerte Schilddrüse, Knoten oder Zysten. Im weiteren Verlauf kommt es meist zur Schilddrüsenunterfunktion, einer Hypothyreose, aber nicht alle Veränderungen haben Krankheitswert. Eine vergrößerte Schilddrüse wird nach heutigem Wissensstand am besten mit Iod in Kombination mit Schilddrüsenhormonen behandelt. Wenn sich eine Schilddrüse durch die Arzneimitteltherapie nicht ausreichend verkleinert, kann eine Operation notwendig werden.

In manchen Fällen bilden sich in der vergrößerten Schilddrüse autonome Knoten, die ohne Stimulation durch TSH große Mengen an Thyroxin bilden. Die Bildung kann durch große Iodmengen, zum Beispiel in Röntgenkontrastmitteln, angeregt werden. Iodreicher Seefisch oder iodiertes Speisesalz können diese Wirkung im normalen Alltag jedoch nicht auslösen. Die heißen Knoten lassen sich durch eine Radioiodtherapie zerstören. Bei starken Vergößerungen kann eine Operation notwendig werden.

Eine Operation ist ebenfalls nötig, wenn die Zellen entartet sind und sich ein Karzinom entwickelt hat. Das ist aber nur bei 2 bis 4% der kalten Knoten der Fall. „In Deutschland werden zu viele Schilddrüsen operiert“, sagte Feldkamp. Eine solche Operation beinhalte immer ein hohes Risiko für Schäden an der Nebenschilddrüse und den Stimmbändern.

Auch bei der Basedow-Erkrankung kommt es zu einer Überfunktion der Schilddrüse. Auslöser sind Autoantikörper, die an den Rezeptor für TSH binden und die Schilddrüsenfunktion stimulieren. Die Erkrankung wird mit Thyreostatika wie Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil behandelt.

Eine weitere Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ist die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Entzündung des Schilddrüsengewebes ohne Vergrößerung. Hier werden Antikörper gegen körpereigenes Schilddrüsengewebe gebildet, die zu Entzündungen und Zerstörungen führen. Die Folge ist eine Unterfunktion der Schilddrüse. Mit Natrium-Selenit in Tagesdosen von 100 bis 200 µg kann der Immunprozess aufgehalten werden. Zur Behandlung der Symptome wird das Hormondefizit mit Schilddrüsenhormonen ausgeglichen.

Schilddrüsenhormone beschleunigen wahrscheinlich die Metabolisierung von Gerinnungsfaktoren und hemmen so die Blutgerinnung. Daher steigt bei einer Hyperthyreose oder bei der Überdosierung von Schilddrüsenhormonen die Blutungsgefahr. Jede Veränderung bei der natürlichen Hormonproduktion oder der künstlichen Hormonersatztherapie kann die Wirkung von Phenprocoumon und anderen Antikoagulanzien verändern, weshalb engmaschige Kontrollen der Blutgerinnung erforderlich werden.

Quelle: Prof. Dr. Joachim Feldkamp, Bielefeld; Dr. Nina Griese, Berlin, Pharmacon Davos, 6. bis 11. Februar 2011.


Dr. Bettina Hellwig