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Stammzellforschung
Gesunde Mäuse aus Plazentazellen
Forscher der Universität Bonn haben jetzt bei Mäusen Zellen, die dazu bestimmt waren, die Plazenta zu bilden, zu embryonalen Stammzellen umprogrammiert. Aus diesen Zellen wuchsen gesunde Mäuse heran.
Schwarz-weiß gescheckte Mäuse sind der Beweis, dass es funktioniert: Die Bonner Forscher haben vier Gene in Plazentazellen eingefügt und so das Schicksal der Zellen nachträglich geändert. Sie wurden wieder zu embryonalen Stammzellen, obwohl ihr internes Zellprogramm ihnen das eigentlich strengstens verbietet.
Nach der Befruchtung und den ersten Zellteilungen findet schon sehr früh eine Differenzierung statt. Einige Zellen werden zur inneren Zellmasse, aus der sich embryonale Stammzellen gewinnen lassen. Aus ihr entsteht der Embryo mit all seinen verschiedenen Organen und Geweben. Andere Zellen bilden die Plazenta. Sie sind darauf programmiert, in die Gebärmutter einzuwandern und Blutgefäße zu bilden. Diese Zellen haben Mechanismen entwickelt, um die Differenzierung zu embryonalem Gewebe zu unterdrücken.
Bisher galt das Dogma, dass sich diese Barriere zwischen embryonalem und nicht-embryonalem Gewebe nicht überwinden lässt. Doch nachdem die Forscher vier Gene in die Plazentazellen eingeschleust hatten, vergaßen die Zellen ihre ursprüngliche Programmierung. Diese vier Gene sind daher auch als Reprogrammierungsfaktoren bekannt: Sie programmieren auch Körperzellen zu embryonalen Stammzellen um. Die umprogrammierten Zellen waren voll funktionsfähig. Die Forscher konnten komplette Tiere aus diesen Zellen erzeugen. Dabei haben sie umprogrammierte Mäusezellen in eine Blastozyste eingebracht und diese einer Maus eingesetzt. Die Blastozyste ist das Zellstadium nach den ersten Zellteilungen, in dem bereits eine Differenzierung in Innere embryonale Stammzellen und äußere Plazentazellen stattgefunden hat.
Als Farbmarker diente ein Gen für schwarze Fellfarbe. Die Mäusebabys mit schwarz-weiß-geschecktem Fell zeigten, dass sich die umprogrammierten Plazentazellen nun an der Bildung der Embryos, aber nicht mehr an der Entwicklung der Plazenta beteiligten.
Die Rate, mit der sich Plazentazellen zu embryonalen Stammzellen umprogrammieren ließen, war allerdings geringer als bei Körperzellen. Nach vier Wochen waren lediglich 0,0055% der Plazentazellen umprogrammiert, bei Bindegewebszellen sind es 0,2%. Das zeigt, dass es offensichtlich große Widerstände in den Zellen gibt, das Programm umzustellen. Körperzellen sind aus embryonalen Stammzellen entstanden, sie lassen sich daher leichter dazu bewegen.
Als nächstes wollen die Forscher versuchen, Körpergewebe direkt in Plazentagewebe zu überführen. Die Forscher wollen herausfinden, welche Gene dafür verantwortlich sind. Das Ziel ist es, ein Testverfahren aufzubauen, um Arzneimittel auf ihre Verträglichkeit bei Schwangerschaften zu untersuchen. Außerdem soll diese Technik helfen, Komplikationen bei Patientinnen mit Risikoschwangerschaften abzuschätzen und die Behandlung gezielt auf die Patientin abzustimmen.
Quelle: Kuckenberg, P. et al.: Molecular and Cellular Biology 2011; Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1128/MCB.01047-10.
Bonn - 24.02.2011, 06:59 Uhr