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Pro Generika: Berliner Dialog am Mittag
Ernüchterndes Zwischenfazit nach zwei Monaten AMNOG
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) ist schon in seiner Entstehung auf viel Kritik gestoßen. Zwei Monate nach seinem Inkrafttreten, ist diese nicht verebbt – vor allem die Apotheken haben hart an den Neuregelungen zu knabbern.
Peter Homann, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes, sprach von einem „Vielfrontenkrieg“, in dem sie die Apotheken derzeit befänden. Auch wenn die Erfahrung nicht neu sei, dass gesundheitspolitische Änderungen am Ende in der Apotheke landen – nach dem AMNOG sieht Homann die Pharmazeuten besonders gebeutelt. Zu den üblichen Erkärungen zu Rabattverträgen komme nun noch der Aufwand durch die geänderten Packungsgrößen: „Im Moment macht das gar keine Freude“, so Homann. Die geänderte Packungsgrößenverordnung sei „hirnrissig“, das Handling eine „Katastrophe“. Jede Verordnung müsse hinsichtlich der Packungsgröße geprüft werden. Glücklicherweise verordneten die meisten Ärzte – mit Ausnahme von Zahnärzten und Orthopäden – jedoch konkrete Mengen und nicht nur unter einer N-Bezeichnung. Für die Patienten bedeute dies längere Wartezeiten in der Apotheke. Langsam mache sich bei ihnen aber auch ein gewisser „Mitleidsfaktor“ bemerkbar. „Da wünscht man sich ins letzte Jahrtausend zurück“, so Homann. Nicht besser wird die Situation, wenn man bedenkt, dass eine Apotheke durch das AMNOG im Schnitt 20.000 Euro weniger Einnahmen im Jahr haben wird.
Auch der Chef der Deutschen Angestellten-Krankenkasse DAK, Herbert Rebscher, kann die Sorgen der Apotheker nachvollziehen. Er bezeichnete sich selbst zwar als „leidenschaftslos“ beim Thema Packungsgrößenverordnung – doch aus seiner Sicht handelt es hier sich um einen klassischen Ansatz des Gesetzgebers, der keinen Blick für die Produktionspraxis von Unternehmen habe. Die Befürchtung vieler Apotheker, die fehlerhaften Herstellermeldungen und falschen Angaben in ihrer Software seien ein über ihnen schwebendes Damoklesschwert, nährt Rebscher nicht: „Kein Mensch wird retaxieren, wenn es Übergangsregelungen gibt“, sagte er – und diese werde es noch eine Weile geben.
Die Bundestagsabgeordnete Karin Maag (CDU) sieht beim Thema Packungsgrößen jedoch „Licht am Ende des Tunnels“. Sie betonte, dass Kassen und Apotheker in ihrem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung mittlerweile „vieles gerade gerichtet“ hätten. Sollten sich weitere Probleme auftun, werde man darüber nachdenken, nochmals Hand an der Verordnung anzulegen. Größer ist Maags Hoffnung jedoch, dass sich die Umstellung nun einspielt.
Überaus ungeliebt ist zudem nach wie vor die Mehrkostenregelung. Homann stellte zwar klar, dass die Apotheker nicht gegen die Regelung schlechthin seien. Doch in ihrer jetzigen Form sei sie „sinnlos“ und sollte wieder kassiert werden. Bislang ist die Nachfrage der Patienten nach dieser neuen Wahlmöglichkeit bescheiden. Die AOK Hessen habe im Januar acht Anträge verzeichnet, so Homann. Rebscher erklärte, auch bei der DAK seien es im Januar noch um die zehn Fälle gewesen – mittlerweile sei die Anzahl der Kostenerstattungsanträge jedoch auf rund 600 gestiegen, Ende März könnten es schon über tausend sein. Allerdings: Rebscher rechnet damit, dass viele Patienten diese Neuregelung nur ein einziges Mal in Anspruch nehmen. Wenn sie sehen, dass sie von den selbst gezahlten 100 Euro nur 57 Euro von ihrer Kasse wiederbekommen – im Schnitt liege der Erstattungsbeitrag bei 55 bis 60 Prozent – würden sie sicherlich nicht noch einmal in die eigene Tasche greifen. Der DAK-Chef geht daher von einer extrem kurzen Halbwertszeit der Regelung aus. Auch die Industrie kann der Regelung nichts abgewinnen. „Wir schweigen das Thema lieber mausetot“, sagte Sven Dethlefs, Geschäftsführer bei Ratiopharm und Vize-Vorstandsvorsitzender von Pro Generika. Schließlich laufe es auch auf einen Imageschaden hinaus, wenn ein Patient mit einem Ratiopharm-Präparat das Verfahren der Mehrkostenregelung durchmache und am Ende frustriert zurück bleibe.
Für Homann ist nach zwei Monaten AMNOG eines klar: Ein Reparaturgesetz muss her. Frau Maag machte ihm allerdings keine Hoffnung. Sie hält das Gesetz für eine gute Basis zum weiterarbeiten – „ich sehe positiv in die nächsten Monate“, so die CDU-Politikerin.
Berlin - 01.03.2011, 17:17 Uhr