Apoplex

Reboxetin verbessert Feinmotorik

Jülich/Köln - 11.03.2011, 06:56 Uhr


Reboxetin kann nach den Ergebnissen einer neuen Studie bei Patienten nach einem Schlaganfall die Feinmotorik verbessern, wahrscheinlich, indem es die Konzentration des Neurotransmitters Noradrenalin im Gehirn erhöht.

In einer neuen Studie wurden elf Schlaganfall-Patienten im Alter von 42 bis 74 Jahren mit motorischen Defiziten untersucht. Die Studie entstand in Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für neurologische Forschung mit dem Forschungszentrum Jülich und der Uniklinik Köln.

Die Patienten erhielten verschiedene motorische Aufgaben, in denen die maximale Griffkraft sowie Fingerklopfrate bestimmt oder Zeigebewegungen ausgeführt wurden. Dabei erhöhten die Forscher die Konzentration des Botenstoffs Noradrenalin im Gehirn durch die Gabe von Reboxetin. Reboxetin verlangsamt die Wiederaufnahme von Noradrenalin in die neuronalen Zellspeicher und verlängert somit dessen stimulierende Wirkung auf die Kopplung im kortikalen Motorik-Netzwerk. Eine Kontrollgruppe erhielt ein Placebo.

Auf Verhaltensebene bewirkte die Gabe von Reboxetin eine Verbesserung in den einfachen motorischen Tests: Die Griffkraft der betroffenen Hand vervierfachte sich, die Fingerklopfrate verdoppelte sich.

Die motorischen Verbesserungen waren auf kortikaler Ebene mit einer Normalisierung der zuvor krankhaft erhöhten Hirnaktivität verbunden, wie magnetresonanztomografischen Gehirnscans erkennen ließen – insbesondere in den motorischen Arealen der geschädigten Hemisphäre. Der erhöhte Noradrenalinspiegel, durch das Reboxetin verursacht, normalisierte den gestörten Informationstransfer, sowohl innerhalb des geschädigten Hirnbereichs als auch zwischen den beiden Hirnhälften.

Die Folge war eine deutliche Verbesserung der grob- und feinmotorischen Fähigkeiten der vom Schlaganfall betroffenen Hand. Diese Prozesse gingen mit einer gesteigerten Kommunikationseffizienz zwischen dem Handareal und den vorgeschalteten motorischen Kontrollzentren einher. Auf die Motorik der gesunden Hand hatte Reboxetin dagegen keinen Einfluss. Somit scheint der Botenstoff Noradrenalin vor allem die Kommunikation zwischen den unmittelbar vom Schlaganfall gestörten Hirnregionen zu verbessern.

Allerdings zeigten die Forscher auch, dass der positive Effekt des Wirkstoffs vom Zeitpunkt des Schlaganfalls abhängt: Je kürzer der Schlaganfall zurück lag, desto größer waren die Funktionsverbesserungen der gelähmten Hand. Die Befunde der Wissenschaftler legen daher nahe, dass Reboxetin insbesondere in der frühen Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten geeignet erscheint, um Lähmungen oder andere Funktionsdefizite nach einem Schlaganfall zu verbessern.

Geplant ist nun die Prüfung von Reboxetin an einer größeren Patientengruppe über einen Zeitraum von mehreren Wochen, um die Nachhaltigkeit der Verbesserungseffekte zu prüfen.

Quelle: Wang, L. E., et al.: Ann. Neurol. 2010, Online: DOI/10.1002/ana.22237

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Dr. Bettina Hellwig