Stammzelltransplantation

Sport hilft Krebspatienten

Heidelberg/Mannheim - 21.03.2011, 06:58 Uhr


Körperliche Aktivität vor, während und nach einer Transplantation von Blutstammzellen (HSCT) hilft gegen die durch die Krebserkrankung und -behandlung hervorgerufene Müdigkeit, die Fatigue.

Patienten, die unter Blutkrebs leiden, können durch eine allogene Stammzelltransplantation geheilt werden. Bei dieser extrem belastenden Therapie erhalten sie zunächst eine Hochdosis-Chemotherapie, die ihr eigenes blutbildendes System ausschaltet. Anschließend geben ihnen die Ärzte Stammzellen eines gesunden Spenders, die sich dann zu neuen blutbildenden Zellen entwickeln. Die intensive Therapie schaltet auch die Immunabwehr des Patienten aus, was notwendig ist, damit die Spenderzellen nicht als fremd abgestoßen werden. Für den nun schutzlosen Patienten bedeutet dies jedoch, dass er isoliert in einer keimfreien Umgebung meist über mehrere Wochen behandelt werden muss.

Die Patienten befinden sich mit ihrer lebensbedrohlichen Krebserkrankung in einer Art Ausnahmezustand. Die Forscher konnten jetzt zeigen, dass gezielte körperliche Aktivität, die bereits vor der eigentlichen Behandlung startet und auch danach weitergeführt wird, das gefürchtete Fatigue-Syndrom abmildert und die Lebensqualität und die Fitness der Patienten nachhaltig steigert. Dazu wurden in Heidelberg und Wiesbaden 80 Patienten einer Sport- oder einer Kontrollgruppe zugeordnet. Während die Sportgruppe zusätzlich zur klinischen Standardbehandlung zweimal pro Woche ein von Trainern angeleitetes Programm an Sportgeräten durchführte, erhielt die Kontrollgruppe lediglich Zugang zu Sportgeräten, jedoch mit demselben Maß an sozialer Betreuung.

Die „Sport“-Patienten lernten, ihre körperlichen Fähigkeiten selbst einzuschätzen. Sie sollten sich nicht überlasten, wenn sie zusätzlich zu den beiden Trainingseinheiten dreimal pro Woche eigenverantwortlich spezielle Kraft- und Ausdauerübungen absolvierten. Hierfür erhielten sie Trainingspläne und eine Übungs-DVD. Vor und nach dem stationären Aufenthalt trainierten die Patienten eigenständig zu Hause.

Der körperliche und seelische Zustand der Patienten wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben und bewertet. Nach Abschluss der Studie konnte die Sportgruppe ihre Ausdauerleistung trotz der schwerwiegenden medizinischen Behandlung halten, während die Kontrollgruppe um 15 Prozent schwächer geworden war.

Der wichtigste Effekt zeigte sich beim Fatigue-Syndrom, das sich in chronischer Müdigkeit und Antriebsschwäche zeigt. Zu Beginn der Behandlung waren diese Symptome mit dem so genannten Fatigue-Score gemessen worden. Bei den Patienten in der Sportgruppe war dieser zum Abschluss der Studie um 15 Prozent geringer ausgeprägt. Im Gegensatz dazu war die Fatigue in der Kontrollgruppe um 28 Prozent erhöht. Ebenfalls wirkte sich das Training positiv auf das subjektive Stressempfinden aus.

Die schwerkranken Patienten trainierten auch ohne die ständige Begleitung des Studienpersonals vor und während der Transplantation. Außerdem wurde das regelmäßige Üben danach zu Hause nahezu konsequent fortgesetzt. Durch das regelmäßige Training konnten die Wissenschaftler den Patienten helfen, diese normalerweise von körperlicher Inaktivität geprägte Phase der Transplantation besser zu überstehen und erhebliche psychische Folgestörungen zu reduzieren.

Bei der Studie handelt es sich um eine der weltweit größten Untersuchungen ihrer Art. Die José Carreras Stiftung (Projektnummer R05/33p) unterstützte das Projekt mit 270.000 Euro.

Literatur: Wiskemann, J., et al.: Blood 2011;117(9):2604-13.


Dr. Bettina Hellwig