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Bundestag
PID-Gegner und Befürworter ringen um Gesetz
Befürworter und Gegner von Gentests an Embryonen aus dem Reagenzglas haben im Bundestag eindringlich für ihre Positionen in dieser ethisch heiklen Frage geworben. Im Juni soll ohne Fraktionszwang entschieden werden.
Für die Präimplantationsdiagnostik (PID) warb FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach: „Es ist ein rechtlich sicherer, verlässlicher Weg für Familien in Not.“ Einer Frau Wissen über den Embryo vorzuenthalten, führe zur Schwangerschaft auf Probe. Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze (CDU) mahnte, der Gesetzgeber habe die Pflicht, Paaren eine frühe Auflösung innerer Konflikte zu ermöglichen „und nicht das Drama eines Schwangerschaftsabbruchs abzuwarten“.
Flach versicherte: „Auch wir öffnen nicht alle Türen der PID.“ Geplant seien nur Ausnahmen bei grundsätzlichem Verbot. Diese sollten gelten, wenn Eltern wahrscheinlich wegen schwerer Erbkrankheit eine Tot- oder Fehlgeburt bekämen oder beim Kind später eine schwere Erbkrankheit ausbreche. „Es ist eine Entscheidung pro Kind genetisch belasteter Eltern.“
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bekannte, mit sich selbst „gerungen“ zu haben. Ein Verbot sei keine höherwertige ethische Haltung. „Das strikte Verbot löst keine der Fragen, die in der Realität ja für die Familien bestehen.“ Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann sagte: „Viele Betroffene haben eine unvorstellbare Leidensgeschichte hinter sich.“ Zwei Drittel hätten schwer kranke Kinder, betonte Petra Sitte von der Linksfraktion. Sie wollten weitere Kinder ohne Leid. „Warum sollten wir das nicht respektieren?“ Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte, dass ein Verbot rechtliche Widersprüche brächte.
Für die Verbotsanhänger entgegnete Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU), der Wunsch nach gesunden Kindern könne nicht das Lebensrecht eines Embryos überspielen. „Lassen Sie uns gemeinsam verhindern, dass Menschen zu Richtern werden über lebenswertes und unlebenswertes Leben.“ Ein Dammbruch drohe, würde die Methode zugelassen. Die Begehrlichkeit der Forschung nach befruchteten Eizellen sei groß. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Birgitt Bender warnte vor der Auswahl „passender“ Embryonen: „Worum es uns geht, ist diese Option auf Selektion.“
Die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mahnte, betroffen sei die Würde des Embryos, egal ob er sich nach einer PID weiterentwickeln dürfe oder nicht. „Für mich ist das Prinzip eingeschränkt, dass jedes Leben sich um seiner selbst Willen entwickeln darf.“ Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) warnte vor Entscheidungen gegen ein Embryo wegen möglicher späterer Krankheit: „Wie ist es mit einer Lebensspanne, die vielleicht 30, 40 Jahre reicht?“
Der FDP-Abgeordnete Pascal Kober sagte: „Aus liberaler Überzeugung sage ich, dass der Staat kein Recht hat, sich selbst oder andere zu ermächtigen, wertende, seien es ab- oder aufwertende Entscheidungen über andere Menschen zu treffen.“ Katrin Göring Eckardt (Grüne) unterstrich: „Die PID garantiert eben kein gesundes Kind. (...) PID wendet einfach das Kind selbst ab.“
Für eine „vermittelnde Position“, eine Zulassung in sehr engen Grenzen, warb der SPD-Forschungsexperte René Röspel. „Wir stellen nicht die Frage: Darf ein Leben gelebt werden? Sondern wir stellen die Frage: Kann ein Leben gelebt werden.“ Nur Menschen mit klarer Veranlagung für eine Fehl- oder Totgeburt sollten die PID durchführen lassen dürfen. „Es ist nicht so, dass Abbrüche dadurch vermieden werden“, mahnte die Grünen-Politikerin Priska Hinz, die für diesen Weg warb. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil appellierte an Röspel und Hinz, sich mit der Gruppe um die FDP-Politikerin Flach zusammenzutun, „bevor es zu einem absoluten Verbot in Deutschland kommt“.
Knapp 180 der 620 Abgeordneten haben noch bei keinem der drei Entwürfe unterschrieben. Die meisten Unterstützer, insgesamt 215, zählt bisher die Initiative zur Zulassung – dicht gefolgt von der pro Verbot. Derzeit darf PID nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom Juni 2010 angewandt werden. Zuvor war es allgemeine Auffassung, solche Gentests seien nicht erlaubt, auch wenn sie nicht im strengen deutschen Embryonenschutzgesetz von 1991 erwähnt werden.
Berlin - 14.04.2011, 14:16 Uhr