Apotheken-Betriebsordnung

Krüger: Wir können in Ruhe beraten

Halle - 22.06.2011, 14:08 Uhr


Bei der anstehenden Novellierung der Apothekenbetriebsordnung will das Bundesgesundheitsministerium den Apothekerverbänden breiten Raum zur Mitsprache und Beratung einräumen. Beim „Strategietag Apotheke“ des Bundesverbandes Deutscher Apotheker (BVDA) in Halle sagte die zuständige Ministerialrätin, Dr. Dagmar Krüger: „Wir haben nicht unbedingt Eile.“

Vor etwa 60 Apothekern bekräftigte Krüger die Absicht des BMG, den Apothekern in der neuen ApBetrO mehr Entscheidungsspielraum einzuräumen. Man müsse sich die Frage stellen, ob alle Apotheken gleich seien und gleich sein müssten. Seit Inkrafttreten der gültigen ApBetrO im Jahr 1987 habe sich viel verändert. Als Beispiele nannte Krüger die maschinelle Verblisterung, den Versandhandel, die patientenindividuelle Herstellung parenteraler Arzneimittel, die Versorgung von Heimen und die Filialisierung.

Nach Vorlage des Entwurfs für die ApBetrO-Novelle sollen die Apothekenverbände laut Krüger bis zu sechs Wochen Zeit für ihre Stellungnahmen erhalten. Auch sei eine mündliche Anhörung anschließend möglich –bevor die Anmerkungen des Bundesrates eingearbeitet würden.

Anhand der bekannten Eckpunkte zur ApBetrO erläuterte Krüger die Absichten des BMG. So werde die neue ApBetrO das Warenangebot keineswegs einschränken. „Apotheken sollen weiter Kosmetika verkaufen können“, sagte Krüger. Aber der „Eindruck einer Apotheke“ müsse dabei gewahrt bleiben. Es gehe darum, dass der Apotheker sein Warenangebot „vernünftig wählt“. Dazu gehöre auch, dass „ausreichend Raum für die Beratung bleibt“. Die Patienten erwarteten zu Recht, dass eine diskrete Beratung möglich sei. Die Offizin müsse so gestaltet sein, dass das „Mithören zumindest erschwert ist“, konkretisierte Krüger die beabsichtigten Vorgaben.

An der bestehenden Raumgröße ändere sich in der ApBetrO jedoch nichts. Vorgesehen sei aber, dass spezielle Räume beispielsweise für die Verblisterung, für die Herstellung parenteraler Rezepturen, für elektronischen Handel oder Versand sowie für Notdienste „abgegrenzt“ und in nahegelegenen Gebäuden untergebracht werden könnten. Allerdings müssten solche Räume ebenfalls vor dem Zutritt von Unbefugte geschützt sein. Rezepturräume müssen laut Krüger „von mindestens drei Seiten“ abgetrennt sein und dürfen nicht für andere Zwecke genutzt werden. Aufgehoben werden soll die für Labore geltende Liste von 60 vorzuhaltenden Prüfgeräten, kündigte die Ministerialrätin an. „Es wird keine Aufzählung mehr geben.“ Der Apothekenleiter solle entscheiden, welche Geräte notwendig seien.

„Erleichterungen“ soll es laut Krüger auch für Filialverbünde geben. Sie könnten ein gemeinsames Labor und eine gemeinsame Rezeptur betreiben. Der damit verbundene Zeitverlust sei „hinnehmbar“. Nach Recherchen des BMG sei eine zeitliche Verzögerung von höchstens vier Stunden wie bei der Lieferung durch den Großhandel vertretbar.

Mehr Flexibilität sollen Filialapotheker auch beim Nacht- und Notdienst erhalten. Der Apothekenleiter solle künftig darüber entscheiden, welche Filiale am Nacht- und Notdienst teilnehme. Dies geschehe jedoch nur im Rahmen der von den Apothekerkammern aufzustellen Dienstpläne, sodass weit entfernt liegende Filialen auch künftig an der Dienstbereitschaft beteiligt blieben.

Mehr Freiheit sollen laut Krüger die Apotheker auch beim Botendienst erhalten. „Diesen Service sollen die Apotheken ausbauen können.“ Voraussetzung sei jedoch, dass dann die pharmazeutische Beratung bei der Lieferung durch Fachpersonal erfolgt. Einwände, dies führe zu einer Benachteiligung gegenüber Versandapotheken, wies Krüger unter dem Protest der Anwesenden mit der Bemerkung zurück, Kunden von Versandapotheken seien in der Regel bereits über das bestellte Arzneimittel informiert.

Weil das BMG „juristisch“ gezwungen sei, alle Apotheken gleichzustellen, sei die Ausweitung der Rezeptsammelstellen vorgesehen. Weil der Versandhandel und Pick-up-Stellen  nicht eingeschränkt werden könnten, „wollen wir gleich lange Spieße schaffen“. Ausgeschlossen sei jedoch die Einrichtung von  Rezeptsammelstellen bei anderen Heilberufen. Die Rezeptsammelstellen müssten in „angemessener Nähe“ zur Offizin liegen.

Für die maschinelle Verblisterung sowie die Herstellung von Rezepturen und parenteraler Arzneimittel  sollen QMS-Standards vorgeschrieben werden, so Krüger.  Heute müsse jede Autowerkstatt Dokumentationspflichten erfüllen. Dies sei auch für Apotheker „absolut zeitgemäß“. Es werde in der neuen ApBetrO aber keine kostenpflichtige Zertifizierung vorgeschrieben, sagte Krüger. Bei Rezepturen seien mindestens die Ausgangsstoffe und Einwagen dokumentationspflichtig. Bei der Zubereitung von Parenteralia sei auch in der Apotheke die Herstellung einer „sterilen, keimfreien Lösung“ das Ziel. Konkrete und verbindliche Regeln werde die neue ApBetrO zudem für die maschinelle Verblisterung beinhalten. Es gehe um die Teilbarkeit von Tabletten und die Zwischenlagerung von entblisterten Tabletten. Krüger: „Da gibt es bisher keine Regeln.“


Lothar Klein