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Tumortherapie
Aurora-Kinase-Inhibitoren verhindern Zellteilung
Wenn eine Zelle sich teilt, muss die Erbinformation in den Chromosomen fehlerfrei an die Tochterzellen weitergegeben werden. Diesen Vorgang untersuchen Forscher des Friedrich-Miescher-Laboratoriums in Tübingen an der Spalthefe als Modellorganismus.
In Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Tübingen konnten sie den Aurora-Enzymen, die als wichtige Zellwerkzeuge bei der zuverlässigen Weitergabe der Erbinformation bereits bekannt waren, nun weitere Aufgaben zuschreiben. Da die unkontrollierte Zellteilung ein Merkmal von Tumoren ist, werden Hemmstoffe gegen Aurora-Enzyme bereits in der Entwicklung neuer Krebstherapien getestet.
Die Spalthefe (Schizosaccharomyces pombe) gehört zu den einzelligen Pilzen und ist ein vergleichsweise einfach gebauter Organismus. Sie hat ein kleines Erbgut, lässt sich leicht vermehren und eignet sich daher gut zur Erforschung grundlegender Zellfunktionen.
Bei der Zellteilung erhält jede Tochterzelle eine komplette Kopie der gesamten genetischen Information der Mutterzelle. Dafür wird die genetische Information in Form von mikroskopisch sichtbaren Chromosomen gebündelt. Die Chromosomen werden mit Hilfe eines Spindelapparats auseinandergezogen und auf die Tochterzellen verteilt. Aurora-Enzyme kontrollieren die Komprimierung der Chromosomen und regeln deren Befestigung an den Spindelapparat. Wie viele andere regulatorische Enzyme auch, setzen Aurora-Enzyme Veränderungen in der Zelle in Gang, indem sie andere Proteine mit Phosphatgruppen versehen. Sie werden deshalb auch als Aurora-Kinasen bezeichnet.
Um einen Überblick über die Bandbreite der Proteine zu bekommen, die durch die Aurora-Kinasen verändert werden, verwendeten die Forscher ein Verfahren, das auf der Markierung der Proteine mit stabilen Isotopen und deren Identifizierung mittels Massenspektrometrie basiert. Dieses Verfahren, das sich Phosphoproteomik nennt, ermöglicht es, tausende von phosphorylierten Proteinen in einem Experiment quantitativ zu untersuchen. So konnten die Forscher in einer einzelnen Studie dutzende neuer Aurora-Substrate identifizieren. Sie verglichen phosphatmarkierte Proteine sich teilender Zellen, in denen Aurora-Kinasen aktiv waren, mit Zellen, in denen diese Enzyme gehemmt waren.
Aus vielen tausend Proteinen mit Phosphatgruppen wurden so 42 Proteine herausgefiltert, deren Phosphorylierung von der Aktivität der Aurora-Kinasen abhing. Dabei veränderten die Aurora-Enzyme auch Proteine, die bei der Verpackung der DNA eine wichtige Rolle spielen und weitere Proteine, die eine Schutzfunktion für die DNA übernehmen.
Weil viele lebenswichtige Prozesse in den Zellen der Spalthefe ähnlich ablaufen wie in menschlichen Zellen, könnten sich die neuen Forschungsergebnisse auch auf Aurora-Kinasen beim Menschen übertragen lassen. Die Ergebnisse der Studie könnten auch für neue Krebstherapien wichtig sein, die an der unkontrollierten Zellteilung von Tumoren angreifen sollen.
Die Behandlung mit Hemmstoffen gegen Aurora-Kinasen, wie sie derzeit in ersten klinischen Studien beim Menschen getestet werden, könnte daher auch bislang unerwartete Auswirkungen haben. Ob dies für die Eindämmung des Tumorwachstums hilfreich ist oder möglicherweise zu unerwünschten Wirkungen führt, muss weiter erforscht werden.
Literatur: Koch, A., et al.: Sci. Signal. 2011;179(4):rs6; Online: DOI: 10.1126/scisignal.2001588.
Tübingen - 06.07.2011, 10:27 Uhr